SGLT-2-Hemmer könnten vor Gicht schützen

Unter der Therapie mit einem SGLT-2-Hemmer sinkt der Harnsäurespiegel. Nach Daten aus den USA scheint der Effekt klinisch bedeutsam zu sein. Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Die antidiabetische Wirkung von SGLT-2-Hemmern beruht darauf, dass sie die Rückresorption von Glukose im proximalen Nierentubulus verhindern. Die dadurch verursachte Glykosurie ist vermutlich auch der Grund dafür, dass unter der Therapie vermehrt Harnsäure ausgeschieden wird. Einer Metaanalyse von randomisierten Studien zufolge haben Typ-2-Diabetiker mit einem SGLT-2-Inhibitor durchschnittlich einen um 37 µmol/l niedrigeren Harnsäurespiegel als Patienten mit Placebo oder einer aktiven Vergleichssubstanz (Diabetes Obes Metabol 2018;20:458–462). Nun liegen erstmals Daten vor, die eine klinische Relevanz der Harnsäurereduktion nahelegen: Verglichen mit Typ-2-Diabetikern unter GLP-1-Agonisten – die Substanzklasse hat keine harnsäuresenkende Wirkung – erkrankten Patienten unter SGLT-2-Hemmern deutlich seltener an einer Gicht. Die Analyse beruht auf Versicherungsdaten von 119.500 neu mit einem SGLT-2-Inhibitor behandelten Typ-2-Diabetikern. Ihnen wurden die Daten von ebenso vielen vergleichbaren Patienten mit einem neu verordneten GLP-1-Agonisten gegenübergestellt. Patienten mit Gicht oder einem Gichtmedikament in der Krankengeschichte waren von der Studie ausgeschlossen. Ein Drittel weniger Gichterkrankungen als mit Inkretinmimetika Während des Follow-up von im Mittel knapp zehn Monaten wurde eine Gicht bei 486 Patienten mit SGLT-2-Hemmern und bei 665 mit GLP-1-Agonisten diagnostiziert. Pro 1000 Personenjahre waren das 4,9 versus 7,8 Neuerkrankungen, entsprechend einem um 36% reduzierten Gichtrisiko mit den an der Niere ansetzenden Antidiabetika. Der Zusammenhang zeigte sich unabhängig von Alter, Geschlecht und Diuretikagebrauch der Patienten. Eine ähnliche Reduktion der Gichthäufigkeit, um 34%, ergab sich beim Vergleich von jeweils 97.500 SGLT-2-Inhibitor- und DPP-4-Inhibitor-Patienten. Neue Medikamentenklasse zur Gichtprävention? Eine Schwäche der Analyse ist, dass die Studienautoren zu wichtigen Risikofaktoren für eine Gicht wie Alkoholkonsum und BMI keine Informationen hatten. Michael Fralick vom Brigham and Women’s Hospital in Boston halten es allerdings für unwahrscheinlich, dass diese Risikofaktoren zwischen den Gruppen sehr unterschiedlich verteilt waren. Zudem könnte ein nicht erfasster Störfaktor ihren Berechnungen zufolge den Zusammenhang zwischen SGLT-2-Hemmer und reduzierter Gichtrate nur dann aufheben, wenn er selbst sehr starke Auswirkungen auf beide Faktoren hätte (E-Wert 2,5). Wenn das Ergebnis in weiteren Studien repliziert werden könne, so Fralick und Kollegen, dann „könnten SGLT-2-Hemmer eine wirksame Medikamentenklasse zur Gichtprävention für Patienten mit Diabetes oder metabolischen Störungen darstellen“. Diesem potenziellen Nutzen seien allerdings die bekannten Nebenwirkungen der SGLT-2-Hemmer (häufig: Genitalinfektionen; selten: diabetische Ketoazidose) gegenüberzustellen. Das Wichtigste in Kürze Frage: Senken SGLT-2-Hemmer das Gichtrisiko von Typ-2-Diabetikern? Antwort: Das Gichtrisiko liegt unter SGLT-2-Hemmern um 36% niedriger als unter GLP-1-Agonisten. Bedeutung: SGLT-2-Hemmer eignen sich möglicherweise auch zur Gichtprävention für Typ-2-Diabetiker. Einschränkung: Epidemiologische Studie, kein Beweis für Kausalität.

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