Schützen GLP-1-Analoga vor Glaukomen?

Die längerfristige Anwendung eines GLP-1-Agonisten könnte zum Schutz vor Glaukomen bei Diabeteskranken beitragen. In einer dänischen Bevölkerungsstudie war eine mindestens dreijährige Verabreichung mit einer Risikoreduktion um relative 30% verknüpft. Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Mit der Verschreibung eines GLP-1-Rezeptor-Agonisten schlägt man bei Erkrankten mit Typ-2-Diabetes möglicherweise mehrere Fliegen mit einer Klappe: Neben der nachgewiesenen antidiabetischen und gewichtsreduzierenden Wirkung scheinen die Substanzen auch dem Erhalt der Sehkraft zu dienen. Siar Niazi vom Hillerød-Hospital in Dänemark und sein Team fanden in einer Registerstudie deutliche Hinweise auf einen Schutz vor einem Weitwinkelglaukom. Die Studie basiert auf den Daten von insgesamt 264.708 Diabeteskranken, die nach dem 9. Mai 2007 – seit diesem Zeitpunkt wird die Verordnung von GLP-1-Analoga im National Prescription Registry von Dänemark erfasst – eine blutzuckersenkende Therapie der zweiten Linie erhalten hatten. Im Verlauf der Studie (bis Ende 2019) hatten 1.737 Personen ein Glaukom, in der Regel ein Offenwinkelglaukom, entwickelt. Diese wurden mit 8.685 nach Alter und Geschlecht passenden Kontrollpersonen ohne die Augenerkrankung verglichen. Der Frauenanteil lag insgesamt bei 45%, der Altersdurchschnitt betrug 70 Jahre. Auch Bluthochdruck war in beiden Gruppen etwa gleich häufig. Risikoreduktion um bis zu 29% In der Glaukomgruppe hatten 261 Personen jemals einen GLP-1-Agonisten erhalten, in der Kontrollgruppe 1.558. Daraus errechnete sich eine (signifikante) Reduktion des Glaukomrisikos um relative 19% bei Anwendung gegenüber Nichtanwendung eines entsprechenden Präparats. Wie Niazi und sein Team betonen, unterschieden sich die beiden Gruppen zwar bei der Einnahme von DPP4-Hemmern und Sulfonylharnstoffen (jeweils deutlich weniger in der Glaukomgruppe), nicht aber bei anderen Zusatzpräparaten (neben GLP-1-Analoga auch SGLT-2-Hemmer, Insulin, Thiazolidindion, Repaglinid und Alpha-Glukosidase-Hemmer). Bei längerer Therapiedauer mit einem GLP-1-Agonisten schien sich die Risikoreduktion deutlich zu verstärken, mit einer Abnahme der Glaukomwahrscheinlichkeit um relative 29% ab drei Jahren. Dabei waren diejenigen, die ein solches Medikament bekamen, im Schnitt deutlich länger an Diabetes erkrankt als Nichtbehandelte (median sieben gegenüber drei Jahren). Als weiteres antihyperglykämisches Medikament hatten die Langzeitnutzer von GLP-1-Analoga zumeist Insulin erhalten (47%), gefolgt von SGLT-2-Inhibitoren (28%). Neuroprotektive Wirkung Niazi und Kollegen führen den gefundenen Effekt auf die neuroprotektive Wirkung von GLP-1-Agonisten zurück. Zumindest in Mausmodellen sei die Verabreichung mit einem Rückgang von Entzündungsreaktionen in der Retina sowie einem verminderten Ganglienzelltod assoziiert gewesen. Der genaue Wirkmechanismus müsse aber noch geklärt werden. Die Schlussfolgerung der Autoren: Die Behandlung mit einem GLP-1-Agonisten könnte bei Diabeteskranken (insbesondere auch bei Adipösen) sinnvoll sein, um die Entwicklung eines Glaukoms zu verhindern, ggf. auch zusätzlich zum Einsatz von Augentropfen zur Senkung des intraokulären Drucks. Dieser über die glykämische Kontrolle hinausgehende Effekt müsse jedoch noch weiter untersucht werden, am besten in einer randomisierten kontrollierten Studie. Das Wichtigste in Kürze Frage: Trägt eine (Zweitlinien-)Therapie mit einem GLP-1-Agonisten zur Senkung des Glaukomrisikos bei Menschen mit Diabetes bei? Antwort: Verglichen mit der Referenzgruppe, die eine andere antihyperglykämische Zweitlinientherapie erhalten hatte, hatten diejenigen mit GLP-1-Analogon ein signifikant niedrigeres Glaukomrisiko. Eine mehr als dreijährige Behandlung mit dieser Substanzklasse war mit einer noch deutlicheren Risikoreduktion assoziiert. Bedeutung: GLP-1-Analoga könnten, zusätzlich zu drucksenkenden Augentropfen, eine sinnvolle Maßnahme zur Verhinderung von Glaukomen sein, vor allem bei Betroffenen mit Diabetes und Adipositas. Einschränkung: Bevölkerungsstudie, nicht randomisiert; Wirkmechanismus unklar; fast ausschließlich Weitwinkelglaukome.

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