Teilerfolg mit Antisense-Oligonukleotid bei chronischer Hepatitis B

Durch das Antisense-Oligonukleotid Bepirovirsen könnte bei etwa 10% der chronisch an Hepatitis B Erkrankten eine funktionelle Heilung erreicht werden. Das lassen die Ergebnisse einer Phase-2b-Studie vermuten. Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Eine funktionelle Heilung einer chronischen Hepatitis-B-Virus(HBV)-Infektion ist erreicht, wenn nach Absetzen der Therapie weder HBV-DNA noch das virale Oberflächenantigen HBsAg nachgewiesen werden können. Dieses Ziel lässt sich mit Nukleosid- oder Nukleotidanaloga (NA) nur bei wenigen Erkrankten verwirklichen; nach einer zwölfmonatigen Behandlung liegt ihr Anteil unter 5%. Insofern können die Ergebnisse der Phase-2b-Studie B-Clear mit Bepirovirsen als Fortschritt angesehen werden: Nach einer 24-wöchigen Therapie mit dem Antisense-Oligonukleotid (300 mg einmal wöchentlich s.c.) blieben HBsAg und HBV-DNA bei 9–10% der Patienten und Patientinnen für weitere 24 Wochen unterhalb der Nachweisgrenze. Bepirovirsen ist ein experimentelles Antisense-Oligonukleotid, das Sequenzen in den Messenger-RNAs (mRNAs) und der prägenomischen RNA von HBV erkennt. Durch die entsprechende Basenpaarung werden Leberenzyme aktiviert, die die viralen RNAs abbauen und so Proteinsynthese und Replikation des Virus unterdrücken. Unterstützt wird die Wirkung vermutlich durch immunstimulierende Effekte von Bepirovirsen, die über den Toll-like Receptor 8 (TLR8) vermittelt werden. HBsAg und HBV-DNA bei jedem Zehnten weiter unter der Nachweisgrenze An der B-Clear-Studie beteiligten sich 457 Erwachsene mit chronischer HBV-Infektion, von denen 227 bereits stabil mit NA behandelt wurden. Sie wurden randomisiert im Verhältnis 3:3:3:1 den folgenden Gruppen zugeteilt: 300 mg Bepirovirsen einmal wöchentlich für 24 Wochen (Gruppe 1), 300 mg Bepirovirsen für 12 Wochen, dann 150 mg für 12 Wochen (Gruppe 2), 300 mg Bepirovirsen für 12 Wochen, dann Placebo für 12 Wochen (Gruppe 3), Placebo für 12 Wochen, dann 300 mg Bepirovirsen für 12 Wochen (Gruppe 4). Die Gruppen 1–3 erhielten außerdem an den Tagen 4 und 11 eine Loading-Dose Bepirovirsen. Bestehende NA-Therapien wurden fortgesetzt. Primäres Studienziel war, dass HBsAg und HBV-DNA nach Beendigung der Studientherapie und ohne Aufnahme einer anderen Virus-supprimierenden Behandlung für weitere 24 Wochen unter der Nachweisgrenze blieben (HBsAg < 0,05 IU/ml; HBV-DNA < 20 IU/ml). Diesen Endpunkt erreichten in Gruppe 1 mit begleitender NA-Therapie 9% und ohne NA-Therapie 10% der Behandelten. In der Gruppe 2 bzw. 3 waren es 9% und 6% bzw. 3% und 1%. In Gruppe 4 wurde keine Clearance erzielt. Gute Erfolgschancen bei niedrigem Ausgangs-HBsAg Minimal besser fielen die Resultate aus, wenn beim primären Endpunkt sogenannte „Blips“ erlaubt waren, also einzelne Messungen, bei denen die HBsAg- oder HBV-DNA-Spiegel über der Nachweisgrenze lagen. In Gruppe 1 erhöhte sich dadurch der Anteil der Patientinnen und Patienten mit anhaltender Clearance auf 10% (mit NA) bzw. 14% (ohne NA). Deutlich höhere Erfolgsquoten waren bei Teilnehmenden mit niedrigem HBsAg-Ausgangsniveau zu verzeichnen: In der Gruppe 1 erfüllten 16% (mit NA) bzw. 25% (ohne NA) von ihnen die Kriterien des primären Endpunkts. Ausgangswerte von maximal 3000 IU/ml sind demnach Prädiktoren für einen HBsAg-Verlust. Größere und längere Studien starten Nebenwirkungen traten in den ersten zwölf Wochen unter Bepirovirsen (Gruppen 1–3) häufiger auf als unter Placebo (Gruppe 4), dabei handelte es sich vor allem um lokale Injektionsreaktionen, gefolgt von Fieber, Fatigue und erhöhten ALT-Konzentrationen. Grad-3- oder -4-Ereignisse betrafen 7–13% der Bepirovirsen-Patienten mit und 10–14% ohne NA-Therapie, aber niemanden aus Gruppe 4. Das zentrale Ergebnis der von GlaxoSmithKline finanzierten Studie fasst die Forschungsgruppe so zusammen: „Eine 24-wöchige Behandlung mit Bepirovirsen in einer Dosis von 300 mg pro Woche führt bei 10% der Patienten 24 Wochen über das Therapieende hinaus zum Verlust von HBsAg und HBV-DNA.“ Ob die Clearance auch danach noch erhalten bleibt, wird derzeit in der B-Sure-Studie untersucht, in der die Teilnehmer für weitere 33 Monate beobachtet werden. Anfang 2023 soll außerdem eine Phase-3-Studie mit Bepirovirsen beginnen. Das Wichtigste in Kürze Frage: Kann das Antisense-Oligonukleotid Bepirovirsen bei chronischer Hepatitis B eine funktionelle Heilung erzielen? Antwort: 24 Wochen nach Ende einer 24-wöchigen Therapie mit Bepirovirsen (300 mg/Woche) lagen die Konzentrationen von HBsAg und HBV-DNA bei rund 10% der Patienten und Patientinnen unterhalb der Nachweisgrenze. Höhere Raten werden bei Infizierten mit niedrigen HBsAg-Ausgangskonzentrationen erreicht. Bedeutung: Bepirovirsen könnte vor allem in Kombination mit weiteren Therapien die Aussicht auf funktionelle Heilung der chronischen Hepatitis B erhöhen. Einschränkung: Kurze Nachbeobachtungszeit.

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