Eine Statintherapie kann bekanntlich Muskelbeschwerden verursachen. Können Betroffene sich trotzdem sportlich betätigen? Ja, sagen niederländische Wissenschaftler angesichts neuer Daten.
Für Patienten, die unter Statin-assoziierten Muskelbeschwerden leiden, ist körperliche Aktivität moderaten Ausmaßes sicher möglich. In einer niederländischen Untersuchung hatten jene Probanden, die vor einem Viertages-Marsch bereits über längere Zeit Statine eingenommen hatten, nach einer Tagesetappe nicht mehr Muskelbeschwerden als andere Teilnehmer dieses Rennens. Das war selbst bei jenen Personen der Fall, bei denen es im Vorfeld unter der Statinbehandlung zu Statin-assoziierten Muskelbeschwerden gekommen war.
„Die Studie zeigt, dass regelmäßig aktive Statin-Anwender sich an einer längeren moderat-intensiven körperlichen Ertüchtigung beteiligen können, ohne dass sich darunter Skelettmuskelverletzungen verschlimmern“, schlussfolgern die Autorinnen um Dr. Neeltje Allard aus ihren Daten. Diese Befunde wiederum stärkten die aktuellen Empfehlungen, nach denen eine Statinbehandlung mit einem körperlich aktiven Lebensstil kombiniert werden sollte, führen die Wissenschaftler die praktischen Implikationen aus.
Verschlimmern sich Statin-assoziierte Muskelbeschwerden durch Bewegung?
Die Einnahme von Statinen kann bekanntlich als Nebenwirkung Muskelbeschwerden auslösen. Daher stellten Allard und Kolleginnen sich die Frage, ob derartige Beschwerden durch Bewegung verschlimmert werden. Immerhin gibt es Hinweise, dass intensives Training die Kreatinkinase-Konzentrationen bei Statin-Anwendern in einem stärkeren Ausmaß erhöht, als das bei anderen Menschen der Fall ist. Das wiederum deute darauf hin, dass Statine zu einer Verschlechterung von Skelettmuskelverletzungen beitragen können, erörtern die Autoren die Hintergründe.
Diese Theorie scheint für moderate Bewegung nach den neuesten Ergebnissen aber offenbar nicht zuzutreffen. Allard und ihr Team haben für ihre Studie Teilnehmerinnen und Teilnehmer des sog. Nimwegenmarsches über eine Teilnehmerdatenbank und über Social Media rekrutiert. Der Nimwegenmarsch ist ein eine viertätige Marschveranstaltung. Die Teilnehmer legen dabei, beginnend von der niederländischen Stadt Nijmengen, vier Tagesetappen zwischen 30 und 50 km (je nach Alter und Status [zivil oder Militär]) zurück.
Allard und Kollegen suchten für ihre Studie nach Personen, die vor dem Marsch für mindestens drei Monate Statine eingenommen hatten, insgesamt waren das 69. Diese Teilnehmer unterteilten sie nach Vorhandensein von Statin-assoziierten Myalgien in asymptomatische (n= 34) und symptomatische (n= 35) Statin-Anwender. Weitere 31 Personen ohne Statinbehandlung in der Vorgeschichte dienten als Kontrolle.
Statintherapie hatte keinen Einfluss auf Muskelbeschwerden
Verschiedene Marker für Muskelschäden wurden zu Baseline, also vor dem Marsch, und nach dem ersten, zweiten oder dritten Etappenlauf gemessen. Dabei konnte kein signifikanter Einfluss der Statinbehandlung auf die Konzentrationen dieser Marker, einschließlich Laktatdehydrogenase, Kreatinkinase, Myoglobin, kardiales Troponin I und NT-proBNP, festgestellt werden, egal ob die Teilnehmer im Vorfeld an Statin-assoziierten Nebenwirkungen litten oder nicht. Die in Leukozyten gemessenen Coenzym Q10-Spiegel unterschieden sich ebenfalls nicht zwischen den Gruppen. Dieser Befund ist insofern von Interesse, da verringerte Coenzym Q10–Konzentrationen Studien zufolge Statin-assoziierte Myalgien begünstigen könnten.
Die subjektiv von den jeweiligen Teilnehmern wahrgenommenen Muskelschmerzen und Erschöpfungszustände (gemessen via Scores) haben in allen drei Gruppen nach den Laufetappen in einem ähnlichen Ausmaß zugenommen, obwohl die symptomatischen Statin-Anwender vor dem Marsch diesbezüglich höhere Scores aufwiesen.
Die Muskelkraft in der Hand nahm in allen Gruppen nach den Tagesläufen ab, wobei die Zeit bis zur Muskelrelaxation in der symptomatischen Statin-Gruppe erhöht war im Vergleich zur Kontrollgruppe.
Wichtig für die Interpretation der Befunde ist die Tatsache, dass die Teilnehmer der aktuellen Studie fit waren, da sie in der Lage waren, Tagesmärsche von 30, 40 und 50 km zurückzulegen. Die Ergebnisse lassen sich deshalb nicht 1:1 auf weniger aktive Patienten übertragen. Zudem weisen die Studienautoren darauf hin, dass die Ergebnisse keine Aussage zur Sicherheit einer Statintherapie bei hochintensivem Training zulassen. Angesichts der diesbezüglichen Verdachtsmomente (wie oben beschrieben) empfehlen die niederländischen Wissenschaftler Menschen, die Statine einnehmen, bevorzugt moderat-intensive Bewegungseinheiten durchzuführen.