Schwere Hypoglykämien: Wer ist besonders gefährdet?

Das Risiko von Diabetikern für schwere Hypoglykämien hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab: Laut einer US-Studie hat u. a. die Zahl der Begleiterkrankungen und die Art der Diabetestherapie einen großen Einfluss, der HbA1c sagt dagegen wenig aus. Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Wenn Ärzte Medikamente zur Diabetestherapie auswählen, „sollten sie versuchen, ein breites Spektrum von Risikofaktoren für Hypoglykämien zu berücksichtigen“. Diese Empfehlung geben Ärzte der US-amerikanischen Mayo Clinic. Die Mediziner um Rozalina McCoy haben anhand von Versicherungsdaten ermittelt, welchen Einfluss Alter, Komorbidität, Hba1c und Diabetestherapie auf das Auftreten von Hypoglykämien haben, die eine Behandlung in einer Notfallambulanz oder einem Krankenhaus erfordern. Ihren Resultaten zufolge geht das höchste Risiko von einer Therapie mit Insulinen und Sulfonylharnstoffen aus. Aber auch die Zahl der Begleiterkrankungen erweist sich als prominenter Indikator für das Unterzuckerungsrisiko. Therapie und Vorgeschichte besonders relevant Die Ergebnisse beruhen auf Daten von mehr als 200.000 erwachsenen Diabetikern aus den Jahren 2014 bis 2018. Rechnerisch kam es pro 1000 Patienten und Jahr zu 9,1 schweren Hypoglykämien mit Krankenhauskontakt. Aussagekräftigster Faktor für diese Komplikation war die Behandlung des Diabetes: Beinhaltete sie einen Sulfonylharnstoff (SH) war das Risiko 6,7-fach, mit einem Basalinsulin 12,5-fach, mit einem Bolusinsulin 23,2-fach und mit Basal- plus Bolusinsulin 27,7-fach erhöht. Schwere Hypoglykämien in der Vergangenheit waren ebenfalls eng mit dem Risiko einer Wiederholung assoziiert; die Hyporate war 5,6-mal so hoch wie ohne eine solche Vorgeschichte. Risiko steigt mit Zahl der Begleiterkrankungen Das Risiko für schwere Hypoglykämien stieg außerdem stufenweise mit der Zahl jener Begleiterkrankungen, bei denen die amerikanische Diabetesgesellschaft ADA zu weniger strengen Blutzuckerzielen rät. Zu den insgesamt 16 Erkrankungen zählen u. a. Demenz, terminales Nierenversagen sowie Niereninsuffizienz in den Stadien 3 und 4, Herzinfarkt, Herzinsuffizienz, zerebrovaskuläre Erkrankungen, COPD, Krebs, Leberzirrhose, periphere Neuropathie und Sturzneigung. Verglichen mit Patienten mit höchstens einer weiteren Erkrankung betrug das Zusatzrisiko für eine Hypoglykämie bei zwei Begleiterkrankungen 66% und stieg sukzessive auf 312% bei acht oder mehr Begleiterkrankungen. Dabei war der Effekt umso ausgeprägter, je jünger die Patienten waren. Bei den unter 45-Jährigen erhöhte jede zusätzliche Erkrankung das Risiko um 56%, bei den über 75-Jährigen waren es nur noch 8%. Einzeln betrachtet waren Nierenversagen, Herzinfarkt und Stürze mit dem höchsten Anstieg des Hypoglykämierisikos (um etwa 40%) assoziiert. HbA1c nur in Extremen relevant Erwartungsgemäß waren Typ-1-Diabetiker öfter mit schweren Unterzuckerungen konfrontiert; das Risiko war um 34% höher als bei Typ-2-Diabetikern. Höheres Alter hatte erst ab dem 75. Geburtstag einen signifikanten Einfluss; das Risiko einer schweren Hypoglykämie war im Vergleich zu unter 45-Jährigen um 58% erhöht. Der HbA1c-Spiegel stand nicht in enger Beziehung zum Unterzuckerungsrisiko. Erst bei sehr niedrigen Werten (≤ 5,6%) war die Rate signifikant erhöht (+45%). Extrem hohe Werte (10,0%) gingen ebenfalls mit einem leicht erhöhten Risiko einher (+24%). Das Wichtigste in Kürze Frage: Welche Faktoren sind bei erwachsenen Diabetikern mit einem erhöhten Risiko für Hypoglykämien assoziiert, die in Notfallambulanz oder Krankenhaus behandelt werden? Antwort: Das Risiko steigt v. a. mit Insulin- oder Sulfonylharnstoff-Therapien, mit steigender Komorbidität und mit schweren Hypoglykämien in der Anamnese. Bedeutung: Bei der Auswahl von Therapien ist auf eine Vielzahl von Risikofaktoren, u. a. Multimorbidität zu achten. Einschränkung: Nur schwere Hypoglykämien mit nachfolgendem Krankenhauskontakt berücksichtigt.

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