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Erschienen in: Forensische Psychiatrie, Psychologie, Kriminologie 4/2023

Open Access 20.07.2023 | Kindesmissbrauch | Originalarbeit

Sexueller Kindesmissbrauch im Darknet: Sexualisierung von Kindern in textbasierten Storys aus einem „Girl-Lover“-Forum

verfasst von: Uwe Krähnke, Prof. Dr., Lilian Hurst, Judith Schumann, Salla Huikuri, Dr., Julia Bussweiler, Dr., Robert Lehmann, Prof. Dr.

Erschienen in: Forensische Psychiatrie, Psychologie, Kriminologie | Ausgabe 4/2023

Zusammenfassung

Vor dem Hintergrund, dass aktuell in Deutschland das Konsumieren und der Besitz von rein textbasierten kinderpornografischen Inhalten im Gegensatz zu fotografischen und videografischen Darstellungen nicht strafbar ist, zeigt der Beitrag auf, inwiefern in Storys aus einem „Girl Lover“-Forum im Darknet sexualisierte Gewalt an Kindern thematisiert wird. Anhand einer durchgeführten inhaltlich-formalen Textanalyse konnte nachgewiesen werden, dass diese im literarischen Format der Erzählung geschriebenen Storys neben nichtsexualisierten Darstellungen nackter bzw. nur leicht bekleideter Kinder eine Vielzahl von Schilderungen schweren sexuellen Missbrauchs enthalten. Durch die in den Storys bevorzugt dargestellten sexualisierten Anreize und die wiederkehrenden Beschreibungen sexueller Handlungen wurden Kinder von den jeweiligen Verfasser*innen in einer Art und Weise bloßgestellt, die u. E. die Intention des § 184b (StGB) zum Erwerb und zum Besitz kinderpornografischen Inhalts unterläuft. Gemessen an der vielfach verwendeten 10-stufigen COPINE-Skala (Combating Paedophile Information Networks in Europe; Taylor et al. 2001) liegt der Schweregrad des in den untersuchten „Girl-Lover“-Storys dargestellten Kindesmissbrauchs (im Mittel über 8) sogar deutlich höher als bei bislang ausgewerteten bild- und videobasierten Sammlungen von Darstellungen sexualisierten Kindesmissbrauchs (z. B. COPINE-Durchschnittswert 4–6 in: Fortin und Proulx 2019). Zudem enthalten die untersuchten Storys aus dem „Girl-Lover“-Forum vielfach Mutmaßungen darüber, wie Kinder sexuelle Handlungen erleben. Hierbei sind gravierende verzerrte Darstellungen unübersehbar – insbesondere falsche Annahmen über das Interesse an und körperliche Reaktionen bei sexuellen Handlungen von Kindern, über einvernehmliche sexuelle Kontakte und die romantische Verbundenheit. Zudem gibt es Darstellungen, in denen das Kind auf ein jederzeit verfügbares Sexualobjekt für Erwachsene reduziert wird. Das von den Storys ausgehende Risiko wird v. a. darin gesehen, so das Fazit des vorliegenden Beitrages, dass durch ihren Konsum die Fantasie zu sexuellem Kindesmissbrauch angeregt und ein verzerrtes Normalitätsempfinden für ein entsprechendes Verhalten gestärkt werden kann.

Einleitung

Öffentlich zugängliche Darstellungen sexuellen Kindesmissbrauchs (im Folgenden: DSKM)1 und deren Konsum haben seit Beginn der 1990er-Jahre mit der zunehmenden Etablierung des Internets und der zugrunde liegenden digitalen Speicher- und Kommunikationstechnologie deutlich zugenommen (Knack et al. 2020; Merdian 2012; Schell et al. 2007; Webb et al. 2007; Seto 2013). Laut Bundeskriminalamt (2022) ist die Zahl der polizeilich erfassten Fälle von Verbreitung, Erwerb, Besitz und Herstellung kinderpornografischer Darstellungen in Deutschland von 18.761 im Jahr 2020 auf 39.171 im Folgejahr angestiegen. Bei solchen statistischen Erhebungen wird jedoch weder differenziert, um welche Art von DSKM (Bilder, Videos) es sich handelt, noch über welche Kanäle diese Darstellungen konsumiert wurden (Internet-Messenger-Dienste und Chatgruppen im allgemein zugänglichen Clearnet vs. soziale Netzwerke im durch die Nutzer*innen abgeschirmten Darknet). Nachweislich spielt das Darknet eine wichtige Rolle bei der Verbreitung von DSKM (Gannon et al. 2023).
Mit einer Gesetzesänderung im Juli 2021 wurden in Deutschland die Strafhöhen für Handlungen, die im Zusammenhang mit „Kinderpornografie“ (§ 184b StGB) stehen, deutlich angehoben. Es wird bei der Bestimmung des Strafmaßes unterschieden zwischen tatsächlichem oder wirklichkeitsnahem Geschehen2 einerseits (§ 184b Abs. 1 S. 1 Nr. 1–4, Abs. 2, Abs. 3) und fiktivem, nichtwirklichkeitsnahem Geschehen andererseits (§ 184b Abs. 1 S. 2). Bei der ersten Variante sind Inhalte gemeint, in denen ein explizit erkennbarer Bezug zu einer realen Person, also zu dem sexuell missbrauchten bzw. sexualisierten Kind, vorhanden ist oder jedenfalls mit bloßem Auge kein davon unterscheidbarer Inhalt vorliegt. Es geht um bildbasiertes Material (insbesondere in Form von Fotos und Videos) bzw. um authentische Tonaufnahmen. Deren Herstellung, Weitergabe oder Veröffentlichung wird mit einer Freiheitsstrafe zwischen einem und 10 Jahren geahndet (§ 184b Abs. 1 S. 1 Nr. 1–4). Die anderen, in dem Paragrafen angesprochenen Fälle von Kinderpornografie betreffen die „Fiktivpornografie“, also Inhalte, bei denen erkennbar kein expliziter Wirklichkeitsbezug vorliegt. Darunter fallen etwa pornografische Zeichnungen oder Texte wie Gedichte oder Romane (Eisele 2014). Bei diesen wirklichkeitsfernen Inhalten macht sich gemäß § 184b Abs. 1 S. 2 strafbar, wer solche Inhalte verbreitet oder der Öffentlichkeit zugänglich macht bzw. sie in Veröffentlichungs- oder Weitergabeabsicht herstellt, bezieht, liefert, vorrätig hält, anbietet, bewirbt oder es unternimmt, diese ein- oder auszuführen. Entsprechende in Umlauf gebrachte fiktivpornografische DSKM wie Zeichentrickfilme, Comics oder Texte können mit einer Freiheitsstrafe von 3 Monaten bis zu 5 Jahren geahndet werden. Dass in jenen Fällen ein geringeres Strafmaß im Vergleich zu den expliziten Bild- und Tonaufnahmen festgelegt wurde, scheint intuitiv plausibel. Denn eine konkrete Schädigung eines Kindes ist nicht zwingend gegeben. Jene Inhalte könnten reine Fantasieprodukte sein.
Innerhalb Europas divergiert die Strafbarkeit des Konsums von DSKM. Am 25.10.2007 unterzeichnete der Europarat jedoch ein Übereinkommen „zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch“. Entsprechend dieser Lanzarote-Konvention gelten bildliche Darstellungen als Kinderpornografie, wenn sie zum Inhalt haben, dass ein Kind an realen oder simulierten sexuellen Handlungen beteiligt ist oder Geschlechtsorgane eines Kindes zu primär sexuellen Zwecken gezeigt werden (Europarat 2007). Diese Vereinbarung bezieht sich aufgrund der gewählten Formulierung der „bildlichen Darstellung“ nur auf visuelle Darstellungsformen (reale sowie fiktive Bilder von sexuellem Missbrauch an Kindern). Demzufolge sind Ton- und Schriftdarstellungen mit denselben Inhalten von einer Strafverfolgung ausgeschlossen. Doch worauf gründet sich die juristische Unterscheidung zwischen bild- und tonbasierten Darstellungsformaten sexualisierter Gewalt an Kindern einerseits und entsprechenden Texten andererseits? Aufschlussreich ist eine Urteilsbegründung des Bundesgerichtshofs vom 19.03.2013 (1 StR 8/13). In dem vorliegenden Fall hatte der Angeklagte den sexuellen Missbrauch an einem Kind in einer Mail an einen Bekannten schriftlich geschildert, ohne jedoch Bilder, Film- oder Tonmaterial mitzusenden. Laut Einschätzung des Gerichts bestehe „die erhöhte Gefährlichkeit bildlicher oder videografischer Darstellungen sowie authentischer Tonaufnahmen“ darin, „dass dem Betrachter das Missbrauchsgeschehen unmittelbar ‚vor Augen geführt‘ wird“. Begründet wird diese Einschätzung wie folgt: „Der von ihnen bei Menschen mit entsprechender Neigung ausgelöste Reiz, solches Geschehen selbst mit Kindern zu wiederholen, dürfte in der Regel schon wegen des unmittelbaren Eindrucks auf den Konsumenten ungleich stärker sein als bei Beschreibungen, Trickfilmen oder Erzählungen, die, selbst wenn sie auf ein wirkliches Geschehen Bezug nehmen, dieses für den Leser, Betrachter oder Zuhörer stets nur mittelbar wiedergeben können.“ Für die in dieser Urteilsbegründung getroffene und mit der Konjunktivform „dürfte“ eingekleidete Vermutungsäußerung über die Beeinflussbarkeit von Konsumenten*innen kinderpornografischer Inhalte wird keine empirisch fundierte Begründung gegeben.
Dieser juristischen Einschätzung widersprechen empirische Erkenntnisse von Seto und Eke (2017). Sie konnten in ihrer Untersuchung von 286 Straftätern, die wegen des Konsums von DSKM verurteilt wurden, zeigen, dass der Besitz von textbasierten DSKM in 31 % der untersuchten Fälle vorkam und ein Korrelat des selbstberichteten sexuellen Interesses an Kindern war. Vorhergehende Studien im Rahmen der Entwicklung eines kriminalprognostischen Fremdbeurteilungsverfahrens für DSKM-Straftaten zeigten, dass selbstberichtetes sexuelles Interesse an Kindern ein Risikofaktor für sexuelle Rückfälligkeit ist (Seto und Eke 2015). In einer qualitativen Studie befragten Crookes et al. (2017) Expert*Innen (n = 11; z. B. Therapeut*Innen) und DSKM-Täter (n = 11) zur Bedeutung von textbasierten DSKM. Aus beiden Gruppen gab es Hinweise, dass textbasierte (fiktivpornografische) DSKM schädlicher sein könnten als tatsächliches Geschehen abbildende DSKM, da sie „kognitive Verzerrungen“ verstärkten und deviante Fantasien generierten.
Momentan gibt es keine allgemeingültige internationale Definition der Strafbarkeit des Konsums von DSKM. Es wurden jedoch Skalen entwickelt, die bei der Einstufung von entsprechenden Darstellungen helfen sollen. Häufig wird die COPINE-Skala (Combating Paedophile Information Networks in Europa) verwendet (Taylor et al. 2001). Mit den Stufen 1 bis 3 dieser Skala werden nichtsexualisierte Bilder, Nacktaufnahmen, „Erotika“ erfasst, die in Deutschland strafrechtlich nicht relevant sind. Die Stufen 4 bis 6 (Formen des reinen „Posing“) betreffen seit Umsetzung der Vorgaben der Lanzarote-Konvention strafbares Verhalten (Eisele 2014). Mit den Stufen 7 bis 10 der COPINE-Skala werden klare Fälle von DSKM erfasst, insbesondere abgebildete sexuelle Handlungen, Übergriffe, sadistische oder zoophile Handlungen. Fortin und Proulx (2019) untersuchten die DSKM-Sammlungen von 59 überführten Straftätern im Hinblick auf das Alter der hier dargestellten Kinder und den Schweregrad der Handlungen. Ihre Ergebnisse zeigen, dass das Durchschnittalter der Kinder bei 9,9 Jahren und der durchschnittliche COPINE-Wert bei 5 lagen. Tejeiro et al. (2020) werteten 729 DSKM inhaltsanalytisch aus und konnten zeigen, dass in ihrer Stichprobe das durchschnittliche Alter der Kinder bei 9,5 Jahren lag und der Großteil der DSKM erotisches Posieren in aufreizend geschlechtsbetonter Körperhaltung enthielt. Explizite Darstellungen von physischer Aggression und Erniedrigung waren gemäß den Autoren sehr selten. Auch zeigten wenige Abbildungen vermeintliche Zuneigung („pseudo-affection“). Nach Kenntnis der Autor*innen des vorliegenden Beitrags sind mit der COPINE-Skala bislang noch keine textbasierten DSKM untersucht worden.

Methodisches Vorgehen

Forschungsfrage und -ziele

Der vorliegende Beitrag beschäftigt sich mit DSKM in Form von rein textbasierten Storys aus einem Darknet-Forum, deren Nutzer*innen sich selbst als „Girl-Lover“ bezeichneten. Wie der Name bereits erkennen lässt, handelt es sich bei diesem Forum um ein soziales Netzwerk, in dem Personen mit sexuellem Interesse an weiblichen Kindern im wechselseitigen Austausch stehen. Wenn Nutzer*innen einem Darknet-Forum beitreten, sehen sie in der Regel separate Bereiche für Bilder, für Videos und für weitere Inhalte (Gannon et al. 2023). Zu diesen weiteren Inhalten gehörten die in der vorliegenden Studie analysierten Storys.
Die leitende Fragestellung der Analyse lautete: Was genau kommt in den „Girl-Lover“-Storys zur Sprache und welche Sinngehalte transportieren sie? Da sie Stilmittel der literarischen Erzählung (Weinrich 1964) aufweisen, können die Storys nicht als explizite Selbstauskünfte ihrer Verfasser*innen behandelt werden. Ebenso wenig lässt sich valide bestimmen, ob in den Storys jeweils ein reales oder ein fiktionales Geschehen wiedergegeben wurde. Möglicherweise sind in den Darstellungen Wirklichkeit und Fantasie vermischt. Anstatt der Frage Wie wirklichkeitsnah sind die Storys? nachzugehen, sollte in unserer Studie mittels qualitativer Analyseverfahren sowie deskriptiv-statistischer Verfahren erfasst werden, ob in den „Girl-Lover“-Storys sexualisierte Inhalte – und wenn ja, welche – vorkommen. Zudem interessierte, welche impliziten Annahmen den Storys zugrunde liegen. Es galt, valide Indikatoren für den jeweiligen Grad der Kindessexualisierung und des Kindesmissbrauchs zu identifizieren. Erst eine detaillierte empirische Analyse, wie in dem untersuchten „Girl-Lover“-Forum über Kinder geschrieben wird, und eine Rekonstruktion der diesen Darstellungen jeweils zugrunde liegenden Vorstellungen erlaubt – so unsere forschungsleitende Annahme – eine fundierte Einschätzung, ob die textbasierten Storys den juristischen Straftatbestand der Kinderpornografie erfüllen. Entsprechend dieser Zielsetzung wird im ersten Teil der Ergebnispräsentation zunächst anhand von 3 prototypischen Storys aus dem untersuchten „Girl-Lover“-Forum exemplarisch gezeigt, wie die in diesem Darknet-Forum kursierenden und als literarische Erzählungen verfassten Texte thematisch ausgerichtet sind. Diesem Überblick schließt sich die inhaltlich-analytische Rekonstruktion von storyübergreifenden Sexualisierungs- und Missbrauchsaspekten sowie sexuell konnotierten Rollenzuschreibungen der Kinder an. Die Ergebnisse werden im Diskussionsteil in Beziehung zu den Erkenntnissen aus der thematisch einschlägigen Forschungsliteratur sowie zu relevanten theoretischen Konzepten gesetzt.

Erhebung und Erstellung des Datenkorpus

Das Datenmaterial in Form der Storys wurde im Januar 2022 von einem der zu diesem Zeitpunkt mit Hunderttausenden Benutzern größten Kindermissbrauchsforen aus dem Darknet heruntergeladen.3 Zum Beitritt war weder eine Teilnahme an der Forum-Diskussion noch ein Austausch von DSKM mit den anderen Nutzern notwendig. Bevor wir Forschenden dem Forum beigetreten sind, wurden alle Bilder im TOR-Browser ausgeschaltet, um uns nicht selbst strafbar zu machen. Neben der Größe und der relativ freien Zugänglichkeit war ein weiteres Kriterium für die Auswahl dieses Forums ausschlaggebend: Aktuelle Erhebungen der Internet Watch Foundation (2021) zeigen, dass auf 97 % der DSKM Mädchen abgebildet waren. Diese deutliche Präferenz für das weibliche Geschlecht bei DSKM galt es, bei der Zusammenstellung des Datenkorpus zu berücksichtigen. In dem ausgewählten „Girl-Lover“-Forum gab es zum Zeitpunkt der Erhebung insgesamt 53 Seiten (d. h. mit Inhalten verlinkte Reiter). Auf jeder Seite waren jeweils 20 Storys abgelegt und die Storys auf jeder Seite chronologisch geordnet. So ließ sich ermitteln, wie oft jede einzelne Story gelesen wurde. Um zu erfassen, welche Inhalte am häufigsten nachgefragt wurden, wählten wir die jeweils meistgelesene Story der 15 aktuellen Seiten aus. Das Datenkorpus, bestehend aus diesen 15 in deutscher oder in englischer Sprache verfassten schriftlichen Texten, wurde auf digitale Speichermedien ohne Internetzugang übertragen, die nur uns, den Autor*innen des vorliegenden Beitrages, zugänglich waren. Da eine der Storys lediglich eine Charakterbeschreibung für eine Geschichte enthielt, jedoch nicht die Geschichte selbst, wurde dieser Text bei der Untersuchung nicht kodiert. Somit wurden 14 Storys in die Analyse einbezogen.

Datenaufbereitung und -analyse

Das gespeicherte Datenmaterial wurde qualitativ und quantitativ ausgewertet. Im Mittelpunkt stand die inhaltliche und formale Textanalyse, die nach dem Vorgehen des Kodierens entsprechend der Grounded Theory (Strauss und Corbin 1996, S. 39 ff.) sowie der interpretativ-rekonstruktiven Sequenzanalyse (Kleemann et al. 2009) und mittels der Analysesoftware für qualitative Daten f4 analyse durchgeführt wurde. Mit der Einbeziehung sequenzanalytischer Interpretationsschritte – insbesondere der formalen Textanalyse nach der Narrationsanalyse, der formulierenden und der reflektierenden Interpretation nach der dokumentarischen Methode, sowie der Feinanalyse nach der objektiven Hermeneutik (Kleemann et al. 2009) – wurde dem Umstand Rechnung getragen, dass die untersuchten, im literarischen Stil der Erzählung geschrieben Storys keine reinen Selbstauskünfte der Verfasser*innen darstellen und die semantischen Strukturen sowie die perlokutionären Effekte dieser Narrationen sprachanalytisch aufgebrochen werden müssen.
Neben der qualitativen Auswertung des Datenkorpus erfolgte eine quantitative Analyse. So wurde die Häufigkeit der generierten Code-Zuweisung im Datenmaterial (Codings) erfasst, um innerhalb des Autor*innenteams die fallübergreifenden Untersuchungsdimensionen und Sinnzusammenhänge zielorientierter erfassen und zu theoretischen Konzepten verdichten zu können. Zudem wurde die COPINE-Skala (Taylor et al. 2001) verwendet. Diese ursprünglich für Bildmaterial entwickelte Skala (vgl. Erläuterung im Einleitungsteil) übertrugen wir auf textbasierte DSKM. Zur Überprüfung der Interrater-Reliabilität in der vorliegenden Studie wurden alle Storys von 2 der Autor*innen unabhängig voneinander anhand der COPINE-Skala beurteilt.4

Ergebnisse

Prototypische Storys

Die untersuchten Storys des „Girl-Lover“-Forums unterscheiden sich in ihrem Umfang. Sie reichen von knapp gehaltenen Kurzgeschichten mit ca. 200 Wörtern bis zu längeren Prosatexten mit einem strengen Handlungsverlauf und einem Umfang von ca. 3000 Wörtern. Im Folgenden werden 3 prototypische Plots deskriptiv dargestellt, um eine erste Orientierung über die in den Storys dargestellten Themen zu erlangen.
Keine physische Gewalt, aber sexualisierter Handlungsverlauf zwischen Kindern und sexueller Übergriff durch Erwachsenen (Story 13)
Die Story beginnt damit, dass die 10-jährige Mia und die 11-jährige Lisa gerne während und nach dem Gymnastiktraining ohne Oberteil herumlaufen, was dem Lehrer Daniel Meinert gefällt. Am Tag darauf treffen die beiden Mädchen ihn und seine Familie im Freibad. Sie ziehen ihre Oberteile aus, als Herr Meinert erwähnt, dass er das anziehend finde. Er berührt beide Mädchen an Brust und Genital.
In einer weiteren Episode der Story führen sich beide Mädchen – nun nackt – Gegenstände vaginal ein und reden dabei über Herrn Meinerts Genital. Nach der nächsten Trainingsstunde werden sie von Herrn Meinert nach Hause gefahren und geküsst.
Keine physische Gewalt, aber schwerer sexueller Missbrauch (Story 2)
JR, ein erwachsener Mann, trifft die 10-jährige Sam und adoptiert sie, um sie vor ihrem alkoholabhängigen, gewalttätigen Vater zu schützen. Auf der Flucht vor ihrem Vater reisen beide mit der Hündin Layla durch die USA und Sam bittet JR, neben ihrem neuen Vater auch ihr Liebhaber zu sein. Nach kurzem Zögern, so der weitere Fortgang der Story, erfüllt er ihr diesen Wunsch. Es folgen Handjobs, Oralverkehr und anale Penetration mit Plugs. Auf ihrer Reise begegnen sie der gleichaltrigen Tochter eines Freundes von JR. Sie und Sam haben penetrativen Sex sowie Oralverkehr und fotografieren dies. Zusätzlich wird auch noch Zoophilie zwischen den beiden Mädchen und der Hündin Layla geschildert.
Physische Gewalt und schwerer sexueller Missbrauch in Tateinheit mit Vergewaltigung (Story 10)
Der 45-jährige obdachlose und alkoholabhängige Protagonist will seine sexuelle Fantasie einer Kindesvergewaltigung ausleben. Nach einem missglückten Übergriff kann er in einem Schuhladen die 7‑jährige Brittany entführen. Er lotst sie aus dem Einkaufscenter auf den Parkplatz und fährt mit ihr zu einem abgelegenen Ort. Dort vergewaltigt er sie brutal im Auto. Die vaginale Penetration wird in der Story beschrieben.
Bei den 3 Storys handelt es sich insofern um prototypische Geschichten, als sie die gesamte Spannbreite von identifizierbaren Plot-Varianten in dem untersuchten „Girl-Lover“-Forum verdeutlichen. Diese Spannbreite reicht von nichtsexualisierten Darstellungen von Nacktheit bis hin zum massiven sexuellen Missbrauch, einschließlich physischer Gewaltanwendung sowie Zoophilie.

Sexualisierte Apperzeptionen der Autor*innen in den Darknet-Storys

In allen 14 untersuchten Storys kommen Kinder als zentrale Figuren vor, die in einem Zusammenhang mit sexuellen Handlungen gestellt werden, häufig markiert mit dem Adjektiv „young“/„jung“. Insofern ist im Datenmaterial dokumentiert, dass mit den Texten bevorzugt Personen mit pädophilen Neigungen adressiert wurden. Dieser Befund lässt sich noch weiter präzisieren. Die von den Verfasser*innen gewählte Altersspanne für die Kinder liegt zwischen 5 und 13 Jahren, wobei die meisten Kinder als 10-Jährige eingeführt werden. Nur 2 der in den von uns untersuchten Storys vorkommenden insgesamt 18 Kinder sind männlich, alle anderen weiblich. Diese Geschlechtspräferenz ist freilich in einem „Girl-Lover“-Forum erwartbar.
Die Fülle von Passagen mit sexualisiertem Verhalten – insgesamt werden über 400-mal sexuelle Handlungen explizit thematisiert – ist bereits ein eindeutiger Beleg dafür, dass es sich bei den im Stil literarischer Texte verfassten und im Darknet verbreiteten Storys um DSKM mit einem hohen Sexualisierungsgrad handelt. Im Folgenden soll diese Gesamteinschätzung mit einer detaillierten inhaltlichen und formal-textlichen Analyse unterfüttert werden.
Häufig (90-mal) fällt in den „Girl-Lover“-Storys der Begriff „fuck“, und es werden verschiedene penetrative und nichtpenetrative Praktiken zwischen Kindern, zwischen Kind und Erwachsenem oder Kindern mit Sexspielzeug beschrieben. Diese reichen vom „handjob“ und „blowjob“ über „anal“ und „vaginal sex“. Für einige Verfasser*innen ist es offenbar bedeutsam, dass ein Kind mit dem Sperma oder Präejakulat eines Mannes bzw. eines pubertären Jungen in Berührung kommt. Besonders eindrücklich zeigt sich an den entsprechenden expliziten Beschreibungen, dass das Klischee der externen Ejakulation aus der Erwachsenenpornografie („Abspritzens“) bedient wird. Die Rede ist von „started to lick it off of my stomach, even slurping up some of the bigger pool“ (St. 2) und „swallow your semen“ (ebd.) und „my spunk was in her mouth“ (St. 8).
Nicht nur die Wiedergabe sexueller Handlungen ist in Deutschland nach dem Gesetz strafbar. Auch dargestellte aufreizende unbekleidete Genitalien oder ein Gesäß von einem Kind erfüllen laut § 184b, (1) 1 b, c StGB den Tatbestand der Kinderpornografie. Entsprechende, mittels Wörter indizierte Inhalte lassen sich in fast allen der analysierten Storys finden. In 12 von ihnen wird das weibliche Geschlechtsteil insgesamt über 300-mal genannt – wahlweise als „Scheide“, „vulva“, „vagina“, aber ebenso mittels vulgärsprachlicher Ausdrücke wie „cunt“, „twat“ oder „naughty parts“. Selbst die männlichen Geschlechtsteile (Penis, Hoden) finden in den „Girl-Lover“-Storys 50-mal Erwähnung. Von Bedeutung scheinen für die Verfasser*innen auch der Po und der Anus zu sein. Über 150-mal ist von ihnen die Rede. Hierbei gibt es, ähnlich wie bei der Nennung des weiblichen Geschlechtsteils, eine Vielfalt von Synonymen, von „anus“, „ass“; „butt“, über „poop-hole“, „crack“ oder „bum“.
Werden Kleidungsstücke von Kindern beschrieben, ist eine sexuelle Konnotation nicht zu übersehen. Meistens geht es um Unterwäsche und in den anderen Fällen um Schwimmbekleidung. Exemplarisch für die Fokussierung auf diese dünnen Hüllen aus Stoff und Gummi ist die Beschreibung in Story 10 der „skimpiest little shorts“ und eines „pink spandex halter top (…) just a thin strip of pink elastic“. Die hier verwendeten Formulierungen können bei den Rezipient*innen suggerieren, dass entsprechende leichte Bekleidungen von dem Kind sogar bewusst getragen würden, um Männer zu erregen.
Bei den in diesem Abschnitt identifizierten kindbezogenen Anreizen und Handlungen, die in den 14 untersuchten Storys des „Girl-Lover“-Forums bevorzugt dargestellt wurden, wird deutlich, dass sie auf die Erregung sexueller Reize angelegt sind. Im Datenmaterial dokumentiert sind ein überwiegend vergröbernd-reißerische Charakter und eine erotisch-sexualisierte Aufladung.

Verzerrte Darstellungen von kindlichen Intentionen, Empfindungen und körperlichen Reaktionen im Zusammenhang mit sexuellem Missbrauch

Neben explizit dargestellten kinderpornografischen Inhalten, die von kindlichen Körperreizen bis zu sexuellen Handlungen von und an Kindern reichen, enthalten die Storys aus dem „Girl-Lover“-Forum vielfach Mutmaßungen der Verfasser*innen darüber, wie Kinder diese sexuellen Handlungen erleben. Hierbei sind gravierende verzerrte Darstellungen unübersehbar. Die typischen verzerrten Darstellungen werden im Folgenden aufgeführt. Es handelt sich um Mutmaßungen über a) das sexuelle Interesse von Kindern, b) einvernehmliche sexuelle Kontakte, c) die romantische Verbundenheit, d) die sexuelle Objektifizierung und e) körperliche Reaktionen des Kindes.
Ad a) Sexuelles Interesse von Kindern
Es wird in den Storys wiederholt das Bild vermittelt, die involvierten Kinder würden Freude am Sex mit Erwachsenen und in einigen Fällen auch untereinander haben und ihn genießen. Das vermeintliche kindliche Interesse am Sex wird von den Verfasser*innen zum einen durch Selbstäußerungen der Kinder imaginiert. Entsprechend heißt es: „I had come to love it so much that I wanted more […] I began seeking it out from him“ (St. 12); „my sudden eagerness to have sex with him“ (ebd.) oder „Das war so geil. … . ‚Ich finde es schön‘“ (St. 13).. Einige der in die Storys eingestreuten Ich-Aussagen – „I felt better than ever“ (St. 12); „I was feeling completely blessed with this situation and our game“ (ebd.) – suggerieren sogar, ein sexuelles Erlebnis (mit oder ohne Orgasmus) werde vom Kind als superlatives Lebensereignis empfunden. Während bei jenen Storys mit Selbstaussagen der Kinder operiert wird, wodurch der sexuelle Missbrauch nicht als solcher erscheint, erfüllen diese Kaschierfunktion in anderen Storys Einschätzung des lyrischem Ich, d. h. des sexuell übergriffigen Mannes – etwa: „She really seemed to like it“ (St. 2), „she was fascinated with my dick, almost obsessed even“ (ebd.); „in that stare I could read a form of cautious desire“ (St. 14). Ähnlich lautende Schilderungen gibt es auch als Beschreibungen einer das Geschehen nacherzählenden Person – nach dem Muster „She wanted to feel his cock completely fill her“ (St. 5). In dem letztgenannten Zitat wird eine weitere Facette der Sexualisierung erkennbar: Die Fixierung auf das männliche Genital. Weitere Belegstellen für die Penisfixerung in den „Girl Lover“-Storys sind: „Vielleicht können wir ja dann seinen Penis mal richtig sehen […] Und vielleicht auch anfassen.“ (St. 2); „the interest in my dick“ (St. 5), „So can I play with Papa’s peepee too?“ (St 6).
Wie bedeutsam die Vorstellung, Kinder hätten ein großes Interesse an Sex mit Erwachsenen, für die Verfasser*innen tatsächlich ist, lässt sich bereits daran ablesen, dass in allen 14 Storys das Kind mindestens einmal eine sexuell konnotierte Handlung initiiert, die vom Flirten bis zum Geschlechtsverkehr reicht. Diese Handlungsinitiierung wird vielfach sogar als eine vorsätzliche Verführung des Mannes dargestellt – wahlweise, indem der Mann geneckt werde (St. 1; 2; 4) oder mit einem „eindeutigen Bilck [sic]“ bzw., indem Kinder „das ja mehrfach provoziert“ (St. 13) hätten. Nicht selten erfolgt eine Fremdattribution, nach der das Kind die sexuellen Aktivitäten mit dem Erwachsenen kontrolliere bzw. einfordere – exemplarisch in St. 2: „So far she was the one in control of our sexual encounters“ und „Often, I approached him and initiated the sex“.
Indem dem Kind die Kontrolle und Vorsatz zum Sex zugeschrieben werden, wird ihm implizit die Verantwortung für die sexuellen Kontakte übertragen, wohingegen der erwachsene Täter moralisch entlastet zu sein scheint. Aber auch durch subtile Charaktereigenschaften oder Verhaltensmuster, die nur dem Täter aufzufallen scheinen, wird das Kind für das, was geschieht, verantwortlich gemacht. Dies wird deutlich bei folgenden Zitaten aus St. 4 „It’s all your fault. If you weren’t so sexy her [sic] wouldn’t go hard like that.“ und „The girl was playing with fire and tempted me beyond my endurance“ sowie aus St. 10 mit „sexuality that was just begging to be exploited and ruthlessly taken advantage of.“
Ad b) Einvernehmliche sexuelle Kontakte
In fast allen untersuchten Storys werden die sexuelle Kontakte so geschildert, als seien diese mit Zustimmung des Kindes geschehen. Eine Einwilligung in die stattfindenden Übergriffe wird 118-mal in 12 Storys betont. Aufschlussreich ist St. 14, in welcher der Protagonist zunächst behauptet, dass er nichts ohne die Zustimmung des Kindes tun würde: „I obtain their consent because I respect them“ und anschließend, sich nun direkt an die Lesenden wendend, ergänzt „don’t force your victims to perform, rather you seduce them and obtain their consent“. Was bei diesem Fall zunächst wie ein Plädoyer für einvernehmlichen Sex zwischen Kindern und Erwachsenen erscheint, lässt sich mit einer feinsequenziellen Analyse als eine perfide Persuasionstaktik dechiffrieren. Sowohl die generalisierende „Opfer“-Adressierung („victims“) der missbrauchten Kinder als auch die im Imperativ formulierte Aufforderung zu deren Verführung („seduce“), um ihre Zustimmung („consent“) zum eigenen Missbrauch einzuholen, sind empirisch nachweisbare textliche Marker dafür, dass genau das Gegenteil eines einvernehmlich praktizierten Sex intendiert ist. Dass es sich hierbei um den Strafbestand des sexuellen Übergriffs, der sexuellen Nötigung bzw. Vergewaltigung nach § 177 (2) 1 und 2 handeln könnte, bleibt in dieser Passage, wie in allen Storys, ausgeblendet.
In Story 2 beeinflusst der als Ich-Erzähler „JR“ eingeführte männliche Erwachsene ein 10-jähriges Mädchen suggestiv mit einer doppelten Unterstellung. Erst erklärt er, 12-Jährige seien zum „informed consent“ in Bezug auf Sex mit Erwachsenen fähig, dann ergänzt er, die hier direkt angesprochene 10-Jährige verfüge bereits über eine solche Reife („people don’t belive young teens and children are mature enough to make what is called informed consent. […] I personally think that most kids can understand by the age of 12. You’re not quite there yet, but you do amaze me by how mature you can be every now and then.“).
In den Storys wird den Lesenden mittels 4 Stilmitteln angezeigt, dass es sich um einvernehmlichen Sex handeln soll. Erstens durch den Hinweis, dass der vollzogene Sex zwischen Täter und missbrauchtem Kind von beiden gleichermaßen positiv erlebt wurde (beispielsweise „Mmmmm, we both intoned, non-verbally enjoying our sex.“ [St. 3]). Zweitens durch eine direkte verbale Rückmeldung des missbrauchten Kindes („I want to keep doing it, and a lot of other things too.“ [St. 2] oder „‚Were you ok with it?‘“; „‚Yes.‘“ [St. 1]). Drittens durch ein als zustimmend gedeutetes Nicken (etwa „‚Is that okay with you, kid?‘ I asked Diana, who simply gave me that same shy nod“ [St. 3]). Viertens durch den Hinweis, dass das Kind den sexuellen Missbrauch ohne erkennbare Gegenwehr geschehen lasse (etwa „I didn’t get much reaction so I moved on“ [St. 2]).
Ad c) Romantische Verbundenheit
In 3 Storys (St. 1; 2; 14) gibt es neben der sexualisierten Gewalt auch die Begleithandlung einer romantischen Partnerschaft – indiziert durch Beschreibungen von Gefühlen der Liebe und Zuneigung und positiv-wertschätzenden Bewertungen der Beziehung zwischen Kind und Erwachsenem („we have something special“, „a special connection between us“ [St. 14]). Auch durch Kosenamen wie „beautiful little angel“ (St. 14); „sweetie“ (St. 14; 2); „princess“ (St. 7) oder die Bezeichnung als „boyfriend“ und „girlfriend“ (St. 8) wird eine romantische Verbundenheit auf der Textebene imaginiert. Selbst in jenen Storys, die mit der Schilderung einer romantischen Partnerschaft einsetzen, kippt jedoch das Geschehen, und im weiteren Verlauf ist der Fokus auf eine sexualisierte Darstellung der Kinder bzw. auf sexuelle Handlungen mit ihnen gerichtet.
Ad d) Kind als verfügbares Sexualobjekt
Anstatt Kinder als Subjekte mit einer eigenen Agency zu beschreiben, werden sie in den meisten Storys auf reine Sexualobjekte reduziert. Die hier jeweils transportierte Botschaft lautet, die missbrauchten Kinder seien verführbare und/oder jederzeit verfügbare Sexualpartner*innen und dienten primär den Erwachsenen für deren sexuelle Bedürfnisbefriedigung. Die Ausblendung des Wohlbefindens und der natürlichen Bedürfnisse der Kinder ist durch Sprachbilder wie „perfect rape victim“ (St. 10), „hottest little piece of tanned meat“ und „her play thing“ (St. 11) eindrücklich dokumentiert. Ausweis der sexuell konnotierten Objektifizierung des Kindes ist zudem die mehrfache Erwähnung einer in einem direkten Zusammenhang mit einem Kind stehenden sexuellen Erregung eines Erwachsenen nach dem Muster: „I instantly became rock hard in my pants as I pictured my little love all naked but for her panties“ (St. 14), oder „Danaya excited me“ (St. 7).
Ad e) Körperliche Reaktionen einer sexuellen Erregung beim Kind
Sieben Storys enthalten Schilderungen über eine vermeintliche Absonderung von Vaginalsekret bei präpubertären Mädchen. Obwohl eine solche physiologische Reaktion sexueller Erregung für Kinder dieser Altersgruppe nicht möglich ist (Levin 2003), nehmen diesbezügliche Äußerungen („pussy juice“, St. 2; „vaginal secretion“ St. 12 oder „child juices“, St. 8) sowie die Beschreibung der Genitalien als „wet“ (St. 1; 2; 3; 5; 8; 11; 12) einen hohen Stellenwert ein. Von dieser verzerrten Vorstellung ist in den betreffenden 7 Storys jeweils ca. 10-mal die Rede. Handelte es sich in den fiktivpornografischen Darstellungen um erwachsene Frauen, wäre die Absonderung von Vaginalsekret ein Hinweis auf einen einvernehmlichen und genussvoll erlebten Sex. Dieser Zusammenhang wird von den Verfasser*innen offenbar auf die missbrauchten Mädchen projiziert.

Diskussion

Zielstellung des vorliegenden Beitrages war die qualitative Analyse von Storys, die in Textform DSKM enthalten und im Darknet verbreitet wurden. Die leitende Fragestellung war: Was genau kommt in den „Girl-Lover“-Storys zur Sprache und welche latenten Sinngehalte transportieren sie? Das Konsumieren und der Besitz solcher im Darknet kursierender Texte sind aktuell in Deutschland nicht strafbar. Der Gesetzgeber begründet dies damit, dass dem Leser das Missbrauchsgeschehen – im Gegensatz zu fotografischen und videografischen Darstellungen – nicht unmittelbar vor Augen geführt werde und der Reiz, solches Geschehen selbst mit Kindern zu wiederholen, demgemäß ungleich geringer sei.
Mittels einer empirischen Studie konnte nachgewiesen werden, dass – gemessen an der gesetzlichen Definition von „kinderpornographischen Inhalten“ (§ 184b Abs. 1 Satz 1 StGB) – 13 der 14 untersuchten Storys Darstellungen von sexuellen Handlungen an oder vor einer Person unter 14 Jahren beinhalten. Mit einem Wert auf der COPINE-Skala (Taylor et al. 2001) im Mittel über 8 liegt der Schweregrad des in den „Girl-Lover“-Storys dargestellten Kindesmissbrauchs sogar deutlich höher als bei bislang ausgewerteten bild- und videobasierten DSKM-Sammlungen, in denen Kinder vergleichbaren Alters (mit knapp unter 10 Jahren) abgebildet waren. Der COPINE-Durchschnittswerk lag hier bei 4–6: sexuell konnotiertes Posing von be- und unbekleideten Kindern (Fortin und Proulx 2019; Tejeiro et al. 2020).
Bei den identifizierten sexualisierten Anreizen von Kindern, die in den von vielen Nutzern des „Girl-Lover“-Forums heruntergeladenen Storys bevorzugt dargestellt wurden, zeigt sich, dass hier Minderjährige in einer Art und Weise bloßgestellt wurden, die eigentlich mit dem § 184 b verfolgt werden sollen. Nicht aufklären lässt sich freilich, inwiefern bei diesen Bloßstellungen jeweils tatsächlich ausgeübter sexualisierter Kindesmissbrauch zugrunde lag. Der Befund, dass fast alle der untersuchten „Girl-Lover“-Storys Darstellungen schweren sexuellen Missbrauchs enthielten, ist u. E. angesichts ihrer starken Verbreitung im Internet bedenkenswert. Bereits Crookes et al. (2017) wiesen in ihrer DSKM-Täter-Studie darauf hin, dass der intensive Konsum von textbasierten DSKM sogar eher zu einem möglichen Kontaktdelikt führen könnte als bild- und videobasierte DSKM. Deren Einschätzung, dass hierbei bei bestimmten Personen die Fantasie zu sexuellem Kindesmissbrauch angeregt werden und ein verzerrtes Normalitätsempfinden für ein entsprechendes Verhalten stärken könne, lässt sich mit den Erkenntnissen unserer empirischen Untersuchung bestätigen und plausibilisieren. Während durch den Konsum von foto- und videobasiertem DSKM in einer Vielzahl der Fälle eine „Chasing-High-Spirale“ in Gang gesetzt wird, bei der die sexuelle Befriedigung an immer expliziteren abgebildeten Child Sex Cues und sexuellen Handlungen – gemessen am Alter der Kinder sowie am COPINE-Score – gekoppelt ist (Fortin und Proulx 2019), bieten die mittels literarischer Erzählungen erstellten DSKM eine ganz anders gelagerte Projektionsfläche für Erwachsene mit einem sexuellen Interesse an Kindern. Die Trigger sind hier nicht sexualisierte Inhalte, die eine visuell (und bei Videos auch auditiv) erlebbare Wirklichkeitsnähe transportieren und etwa als Blaupause für den Akt der Selbstbefriedung nutzbar sind. Vielmehr bieten die „Girl-Lover“-Storys semantische Beschreibungsangebote, an denen die Adressat*innen ihre eigenen Fantasievorstellungen ausrichten können. Entscheidend sind hierbei u. E. die Mutmaßungen der Verfasser*innen über die Sexualität von Kindern. Dokumentiert sind in den untersuchten Storys Annahmen über das sexuelle Interesse von Kindern (ad a), welche die Botschaft vermitteln, Kinder würden (wie Erwachsene) sexuelles Vergnügen wollen und proaktiv danach streben. Weil solche Glaubenssätze existieren, wird etwa in Storys der externen Ejakulation ein hoher Stellenwert zugemessen. Offensichtlich gibt es diesbezüglich Parallelen zum Pornokonsum und Sexpraktiken teleiophiler Personen. Denn aktuelle Forschungsergebnisse (Salmon et al. 2022) weisen darauf hin, dass die externe Ejakulation in pornografischen Inhalten bei Männern v. a. mit dem Vergnügen der weiblichen Pornodarsteller zu diesen Handlungen einhergeht.
Zudem wird in den „Girl-Lover“-Storys mit Rollenzuschreibungen und Beziehungsmustern operiert, die in Übereinstimmung mit Befunden von Martijn et al. (2022) suggerieren, sexuelle Kontakte von Erwachsenen mit Kindern könnten einvernehmlich stattfinden (ad b) und sogar Ausdruck einer romantischen Verbundenheit zwischen beiden sein (ad c). In diesen beiden Narrativen wird die Idee einer Resonanz auf der emotionalen Beziehungsebene imaginiert. Verschleiert wird hier freilich, dass die vorhandenen ontogenetisch angelegten Unterschiede zwischen Erwachsenen einerseits und Kindern andererseits im Hinblick auf körperliche und psychische Entwicklungsmerkmale, einschließlich kognitiver, emotionaler und evaluativer Zustände, nivelliert werden. Weder kann sich eine erwachsene Person – entwicklungspsychologisch betrachtet – auf die Stufe eines Kindes begeben noch umgekehrt. Ein solches altersmäßige Down- oder Up-Graden wäre jedoch die Bedingung der Möglichkeit für ein hier herbeigeredete romantisches Beziehungsmuster. Die Forschungsliteratur identifiziert in einer solchen „emotionalen Identifikation mit Kindern“ (McPhail et al. 2018) einen psychologisch-bedeutsamen Risikofaktor für den Rückfall mit einem Sexualdelikt (Mann et al. 2010).
Ein weiteres, in den untersuchten Storys wiederkehrendes narratives Muster ist die Objektifizierung der Kinder (ad d). In Übereinstimmung mit Erkenntnissen von Ward und Keenan (1999) gibt es klare Hinweise auf die impliziten Theorien der „children as sexual objects“ sowie des „entitlement“. Offensichtlich reklamieren auch die Verfasser*innen der untersuchten „Girl-Lover“-Storys für sich das Recht, sexuelle Bedürfnisse auf Kosten von unterlegenen Personen auszuleben, also Kinder als Mittel zur sexuellen Befriedigung von Erwachsenen zu missbrauchen. Dass in den Storys vielfach kognitive Verzerrungen (Gannon et al. 2007; Ó Ciardha und Ward 2013; Ward und Keenan 1999) im Spiel sind, zeigt sich an einem weiteren Narrativ, dem der körperlichen Reaktionen des Kindes im Zusammenhang mit sexuellen Akten (ad e). Die in einigen Darstellungen insinuierte Aussonderung von Vaginalflüssigkeit und die Deutung als Indikator (externes Kriterium) einer sexuellen Erregung beim Kind sind biologisch nicht möglich (Levin 2003). Denn dieser physiologische Prozess setzt normalerweise erst mit Beginn der Pubertät ein und der sogenannte Weißfluss ca. ein Jahr vor Menstruationsbeginn (Singleton 1980). Bei präpubertären Kindern kommt es nur im Zusammenhang mit Erkrankungen, wie z. B. Vulvovaginitis, oder nach sexualisierter Gewalt zum Austreten von Flüssigkeiten aus der Vagina (Singleton 1980; Rimsza et al. 1988; Berenson et al. 2000).
Als Fazit lässt sich festhalten, dass in den untersuchten textbasierten DSKM aus dem „Girl-Lover“-Forum mit fünf typischen Vorstellungen über kindliche Intentionen, Empfindungen sowie mit Beziehungs- und Rollenmustern operiert wird, die von der Mehrheit der Bevölkerung nicht geteilt werden. Eine grundlegende Differenz zum Common Sense berührt die Mutmaßung, Kinder seien einwilligungsfähig zu sexuellen Handlungen mit Erwachsenen (Finkelhor 1979). Mit anderen Worten: Die Storys transportieren – teils explizit und teils implizit – Annahmen, welche sexualisierte Handlungen von Erwachsenen an und mit Kindern als legitim erscheinen lassen. Im Hinblick auf die theoretische Durchdringung dieser Auffälligkeit der „Girl-Lover“-Storys bietet sich das ursprünglich aus der kognitiven Verhaltenstherapie stammende (Beck 1963) und von Abel et al. (1984) erstmalig in Bezug auf Sexualstraftäter verwendete Konzept der kognitiven Verzerrung an, also jener Überzeugungen, welche sich aufgrund der Diskrepanz zwischen (devianten) sexuellen Interessen von Einzelpersonen und gesellschaftlichen Normen entwickeln. Das Konzept der kognitiven Verzerrung ist ein wichtiger Bestandteile ätiologischer Erklärungsmodelle sexuellen Missbrauchs (z. B. Ward und Beech 2006), und weitere empirische Studien belegen einen Zusammenhang mit der Rückfälligkeit von Personen mit einem Sexualdelikt (Mann et al. 2010).
Mittels der durchgeführten inhaltlichen und formal-textlichen Analyse konnte nicht nur nachgewiesen werden, dass der Schweregrad des in „Girl-Lover“-Storys dargestellten sexuellen Kindesmissbrauchs höher liegt als bei durchschnittlichen, bislang bei verurteilten Straftätern beschlagnahmten DSKM-Sammlungen (Fortin und Proulx 2019; Tejeiro et al. 2020). Zudem konnte auf eine Paradoxie der textbasierten DSKM aufmerksam gemacht werden: Einerseits sind die textbasierten Darstellungen nicht in derselben Eindrücklichkeit unmittelbar sexuell erregend für die Konsumenten wie explizite bild- und videobasierte DSKM-Darstellungen. Andererseits enthalten sie Wirklichkeitskonstruktionen, die als Referenz für pädophile oder andere sexuell erregende Fantasievorstellungen fungieren. Wie die Ergebnisse der Studie eindrücklich zeigen, wird die sexualisierte Gewalt an Kindern in allen Storys dargestellt, ohne sie kritisch zu hinterfragen. Es gibt keinen ernst zu nehmenden Hinweis darauf, dass es sich um illegitimes Verhalten handeln könnte. Das Legitimitätsproblem lässt sich als blinder Fleck bei den Verfasser*innen ausmachen. Zudem lässt sich rekonstruieren, dass sie mit kognitiven Verzerrungen über das sexuelle Wesen von Kindern und über sexuell orientierte Beziehungen zwischen Kindern und Erwachsenen operieren. Ihre verzerrten, aber von ihnen offenbar selbst für wahr gehaltenen Glaubenssätze haben in den „Girl-Lover“-Storys die Funktion von Entschuldungsnarrativen – z. B. als Fremdattribuierung, der Erwachsene sei vom Kind verführt worden. In diesen permission giving thoughts (Merdian et al. 2020), die in dem Darknet-Forum in Form textbasierter DSKM unkontrolliert und unzensiert kursieren, manifestieren sich Normalitätsannahmen einer Community, die sich über eine pädophile Neigung definiert. Von den Normalitätsannahmen der „Girl-Lover“-Storys geht womöglich – so eine noch zu prüfende These – eine normierende Wirkung im Sinne von „self-fulfilling prophecies“ auf die Verfasser*innen der Storys selbst und deren Adressat*innen aus. Auch wenn es Gründe gibt, den Besitz von textbasierten DSKM nicht zu kriminalisieren (z. B. Fehlen einer identifizierbaren, konkret geschädigten Person), zeigen die im vorliegenden Beitrag präsentierten Untersuchungsergebnisse die Problematik von textbasierten, medial verbreiteten DSKM auf. So sollte u. E. diskutiert werden, ob die Frage nach tatsächlichen oder wirklichkeitsnahen Inhalten wirklich die zielführende Frage im Zusammenhang mit Kinderpornografie als Straftat ist.

Limitationen und Ausblick

Die durchgeführte empirische Studie unterliegt einigen Limitationen. Erstens wurden die von den Nutzer*innen des „Girl-Lover“-Forum am häufigsten gelesenen Storys in das Datenkorpus aufgenommen. Insofern könnte der hohe Schweregrad des in diesen Storys dargestellten Kindesmissbrauchs (COPING-Wert > 8) ein Bias beinhalten. Jene weniger gelesenen Storys könnten durchaus andere inhaltliche Schwerpunkte haben – z. B. Bedürfnisse jenseits sexueller Befriedigung wie etwa nach erfüllter Partnerschaft oder nach Anerkennung. Solche durchaus denkbaren Schwerpunktsetzungen blieben zwangsläufig in der Analyse unberücksichtigt. Dies gilt auch für jene Kippmomente innerhalb der Plots, in denen von der Darstellung legaler und als normal einzuschätzender Umgangsformen zwischen Erwachsenen und Kinder in Schilderungen illegitimer und devianter Verhaltensweisen gewechselt wurde. Gerade die analytische Rekonstruktion solcher thematischen Kippmomente in den Erzählungen könnte u. E. wichtige Hinweise dafür liefern, Risiken für Kindesmissbrauch abzuschätzen sowie wirksame Präventions- und Aufklärungsangebote für mutmaßliche Täter*innen und Opfer zu entwickeln.
Zweitens konnte in der Studie nicht untersucht werden, wie die DSKM in den Storys von den adressierten Lesenden tatsächlich rezipiert wurden. So sind die in dem „Girl-Lover“-Forum geposteten Kommentare nicht in die empirische Analyse eingeschlossen worden. Eine entsprechende Rezeptionsanalyse, die einer interpretativ-rekonstruktiven Vorgehensweise (Ethnomethodologie, Konversationsanalyse) bedarf, könnte ebenfalls ein lohnenswertes Folgeprojekt sein. Denn ermitteln ließen sich das tatsächliche Ausmaß der persuasiven Beeinflussung durch textbasierte DSKM und die perlokutionären Effekte. Wie lesen Personen mit einem sexuellen Interesse an Kindern, die vom Risiko betroffen sind, sexualisierte Gewalt an Kinder auszuüben, solche Texte? Stiften solche Internet-Storys womöglich zu Straftaten im Sinne § 176 oder § 184b an? Oder können das Schreiben entsprechender Storys sowie ihr Konsumieren durch Lesende als Coping fungieren, um das Risiko für solche Straftaten zu mindern?

Interessenkonflikt

U. Krähnke, L. Hurst, J. Schumann, S. Huikuri, J. Bussweiler und R. Lehmann geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Open Access Dieser Artikel wird unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz veröffentlicht, welche die Nutzung, Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung und Wiedergabe in jeglichem Medium und Format erlaubt, sofern Sie den/die ursprünglichen Autor(en) und die Quelle ordnungsgemäß nennen, einen Link zur Creative Commons Lizenz beifügen und angeben, ob Änderungen vorgenommen wurden.
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Fußnoten
1
Wir verwenden die Bezeichnung Darstellungen sexuellen Kindesmissbrauchs und das entsprechende Akronym DSKM in Anlehnung an die englischsprachige Formulierung „child sexual abuse material“. Zudem tragen wir mit dieser Wortverwendung dem Umstand Rechnung, dass die vielfach gebräuchliche Formulierung Kinderpornografie verharmlosend und sogar missverständlich interpretiert werden kann. Laut den „Terminology Guidelines for the Protection of Children from Sexual Exploitation and Sexual Abuse“, Interagency Working Group (2016), an denen wir uns orientieren, widerspricht jeder Versuch, ein Kind in einen sexualisierten Kontext zu stellen, den natürlichen Interessen und Bedürfnissen von Kindern. Insofern wird bei solchen Versuchen – gewissermaßen jeweils stellvertretend –, sexuelle Gewalt an Kindern verübt, bzw. Kinder werden generell zu Objekten fremder sexueller Interessen gemacht. Ist in diesem Beitrag dennoch die Rede von Kinderpornografie, so wird damit lediglich auf die gleichlautende, in der gegenwärtigen Rechtsprechung benutzte Formulierung rekurriert.
 
2
Anzumerken ist im Hinblick auf wirklichkeitsnahes Geschehen, dass es nicht nur reale (also tatsächlich missbrauchte) Personen betrifft, sondern darunter auch beispielsweise computeranimierte, täuschend echt erscheinende Aufnahmen fallen, für deren Erstellung keine reale Person missbraucht wurde.
 
3
Um laufende Ermittlungen nicht zu gefährden, bleibt das untersuchte Forum im vorliegenden Beitrag anonym.
 
4
Die Interrater-Reliabilität bei der Beurteilung aller 14 Storys anhand der COPINE-Skala lag gemäß Cicchetti (2001) im sehr guten Bereich (ICC = 0,98). Rater 1 bewertete die Storys im Mittel mit M = 8,29 Punkten (SD = 1,54) und Raterin 2 im Mittel mit M = 8,36 Punkten (SD = 1,82).
 
Literatur
Zurück zum Zitat McPhail IV, Nunes KL, Hermann CA, Sewell R, Peacock EJ, Looman J, Fernandez YM (2018) Emotional congruence with children: are implicit and explicit child-like self-concept and attitude toward children associated with sexual offending against children? Arch Sex Behav 47(8):2241–2254. https://doi.org/10.1007/s10508-018-1288-2CrossRefPubMed McPhail IV, Nunes KL, Hermann CA, Sewell R, Peacock EJ, Looman J, Fernandez YM (2018) Emotional congruence with children: are implicit and explicit child-like self-concept and attitude toward children associated with sexual offending against children? Arch Sex Behav 47(8):2241–2254. https://​doi.​org/​10.​1007/​s10508-018-1288-2CrossRefPubMed
Zurück zum Zitat Merdian HL (2012) Offeners who use child sexual exploitation material: development of an integrated model for their classification, assessment and treatment. https://hdl.handle.net/10289/6566 (Dissertation, University of Waikato). Zugegriffen: 6. Juli 2022 Merdian HL (2012) Offeners who use child sexual exploitation material: development of an integrated model for their classification, assessment and treatment. https://​hdl.​handle.​net/​10289/​6566 (Dissertation, University of Waikato). Zugegriffen: 6. Juli 2022
Zurück zum Zitat Seto MC, Eke AW (2015) Predicting recidivism among adult male child pornography offenders: Development of the Child Pornography Offender Risk Tool (CPORT). Law Hum Behav 39(4):416CrossRefPubMed Seto MC, Eke AW (2015) Predicting recidivism among adult male child pornography offenders: Development of the Child Pornography Offender Risk Tool (CPORT). Law Hum Behav 39(4):416CrossRefPubMed
Zurück zum Zitat Strauss A, Corbin J (1996) Grounded Theory. Grundlagen qualitativer Sozialforschung. Beltz, Weinheim Strauss A, Corbin J (1996) Grounded Theory. Grundlagen qualitativer Sozialforschung. Beltz, Weinheim
Zurück zum Zitat Tejeiro R, Alison L, Hendricks E, Giles S, Long M, Shipley D (2020) Sexual behaviours in indecent images of children: a content analysis. Int J Cyber Criminol 14(1):121–138 Tejeiro R, Alison L, Hendricks E, Giles S, Long M, Shipley D (2020) Sexual behaviours in indecent images of children: a content analysis. Int J Cyber Criminol 14(1):121–138
Zurück zum Zitat Weinrich H (1964) Tempus. Besprochene und erzählte Welt. Kohlhammer, Stuttgart Weinrich H (1964) Tempus. Besprochene und erzählte Welt. Kohlhammer, Stuttgart
Metadaten
Titel
Sexueller Kindesmissbrauch im Darknet: Sexualisierung von Kindern in textbasierten Storys aus einem „Girl-Lover“-Forum
verfasst von
Uwe Krähnke, Prof. Dr.
Lilian Hurst
Judith Schumann
Salla Huikuri, Dr.
Julia Bussweiler, Dr.
Robert Lehmann, Prof. Dr.
Publikationsdatum
20.07.2023
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
Erschienen in
Forensische Psychiatrie, Psychologie, Kriminologie / Ausgabe 4/2023
Print ISSN: 1862-7072
Elektronische ISSN: 1862-7080
DOI
https://doi.org/10.1007/s11757-023-00791-7

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