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31.01.2022 | Koronare Herzerkrankung | Nachrichten

Komplikationsrate steigt

Vorsicht mit der PCI bei Hochbetagten!

verfasst von: Dr. Elke Oberhofer

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Bei Hochbetagten über 90 ist die Prognose nach einer perkutanen Koronarintervention (PCI) schlechter als bei jüngeren Senioren, das bestätigt eine japanische Kohortenstudie. In dieser kam es deutlich häufiger zu Blutungen und MACE, und auch die postinterventionelle Sterblichkeit war höher.

Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels.

Ob einem Patienten jenseits der 90 eine perkutane Koronarintervention (PCI) zugemutet werden kann, will gut überlegt sein. Auf der einen Seite können dadurch Todesfälle, z. B. durch ein akutes Koronarsyndrom (ACS), verhindert werden, andererseits birgt die Intervention selbst gerade bei Hochbetagten ein relevantes Risiko.

So konnten japanische Forscher aktuell zeigen, dass sowohl die Rate kardiovaskulärer Ereignisse als auch die Mortalität nach einer PCI mit dem Alter stiegen und bei über 90-Jährigen noch einmal deutlich höher waren als bei Patienten in ihren 70ern oder 80ern. Nach Dr. Kanichi Otowa vom Toyama Prefectural Central Hospital und Kollegen könnten neben Begleiterkrankungen auch der oft schlechte Gefäßstatus der Hochbetagten die Ursache für das erhöhte Risiko sein. So wiesen diese Patienten deutlich häufiger als jüngere eine Läsion der linken Koronararterie (LCA) oder eine Dreigefäßläsion auf. Daher sei auch die Erfolgsrate des Eingriffs niedriger gewesen, so die Forscher.

Zwei Drittel mit akutem Koronarsyndrom

Die Analyse beruht auf einer japanischen Datenbank, in der insgesamt 40.772 PCI-Patienten erfasst waren, davon 880 über 90-Jährige. Bei 40% der Hochbetagten war der Anlass für den Eingriff ein STEMI, bei knapp 10% ein NSTEMI, mit einer instabilen Angina pectoris kamen knapp 16% – jeweils signifikant mehr als in jüngeren Altersgruppen. Den Forschern zufolge könnte auch darin ein Grund für die insgesamt rund eineinhalbmal höhere Ereignisrate nach PCI liegen.

Innerhalb eines Jahres nach der Intervention hatten 8% der über 90-Jährigen ein schweres kardiovaskuläres Ereignis (MACE, major adverse cardiovascular event) erlitten. Dazu zählten Herzinfarkt, Schlaganfall sowie Herz-Kreislauf-Tod. Die kardiovaskuläre Mortalität für sich genommen lag bei knapp 7%, insgesamt waren in dieser Altersgruppe fast 14% verstorben.

Signifikant erhöht war auch die Rate schwerer Blutungen (3%), obwohl die Mortalität in diesem Zusammenhang kaum die in anderen Altersgruppen überstieg (0,1%). Blutungen insgesamt traten bei den 90-Jährigen fast doppelt so häufig auf wie bei Patienten in ihren 60ern und 70ern.

LCA-Läsionen und Begleiterkrankungen prognostisch relevant

Prognostische Faktoren für ein MACE waren den Autoren zufolge eine LCA-Läsion, eine medikamentöse Antikoagulation, und, was kaum überrascht, ein Herzstillstand oder kardiogener Schock. In allen Altersgruppen waren MACE vor allem in den ersten 30 Tagen nach der PCI aufgetreten, danach hatte die Inzidenz abgenommen. Dagegen war die Häufigkeit nichtkardialer Todesfälle im Beobachtungszeitraum (bis zu ein Jahr nach der Intervention) stetig gestiegen.

Otowa und sein Team bezeichnen Alter als „einen der stärksten Prädiktoren für ein schlechtes Ergebnis nach PCI“. Dies decke sich mit Ergebnissen des National Cardiovascular Data Registry in Japan, wonach 90-Jährige oft erhebliche präoperative Risiken wie Herzinsuffizienz, periphere Gefäßerkrankungen, chronische Lungenerkrankungen oder eine eingeschränkte Nierenfunktion aufweisen. Bereits frühere Studien hätten gezeigt, dass solche Komorbiditäten das Risiko für ein schlechtes PCI-Ergebnis erhöhten.

Bemerkenswert war für Otowa und Kollegen, dass die Blutungswahrscheinlichkeit viermal höher war, wenn der Zugang für die PCI über die A. femoralis statt – wie allgemein empfohlen – über die A. radialis gewählt wurde. „Der Zugang über die Handarterie ist wahrscheinlich gerade bei älteren Patienten sinnvoll“, so die Forscher.

Wer letztlich trotz hohen Alters von der PCI profitieren könnte, müssten künftige Studien zeigen. Insbesondere bei stabiler KHK müsse die Indikation sorgfältig gegen eine medikamentöse Therapie abgewogen werden. Bei ACS-Patienten sei die Intervention „möglicherweise sinnvoll“, da Letzteres per se mit einem hohen Risiko einhergehe und eine PCI das Ergebnis wahrscheinlich verbessere.

Das Wichtigste in Kürze

Frage: Risiko kardiovaskulärer Ereignisse nach einer PCI bei Hochbetagten über 90 Jahre.

Antwort: Die 1-Jahres-Mortalität war mit knapp 14% substanziell. Die Raten für MACE und kardiovaskulären Tod lagen bei 8% bzw. knapp 7%, jeweils etwa eineinhalbmal höher als bei jüngeren PCI-Patienten.

Bedeutung: Bei 90-Jährigen ist die Indikation für eine PCI mit Vorsicht zu stellen. Wer in diesem Alter von der Intervention profitieren könnte, müssen künftige Studien klären.

Einschränkung: Japanische Kohorte; keine Vergleichsgruppe ohne PCI; keine detaillierten Informationen zur Medikation nach Klinikentlassung; keine Angaben zur Dauer der Plättchenhemmung.

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Literatur

Otowa K et al. One-year Outcome after Percutaneous Coronary Intervention in Nonagenarians: Insights from the J-PCI OUTCOME Registry. Am Heart J 2022; https://doi.org/10.1016/j.ahj.2022.01.004

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