Neue Arznei gegen Huntington-Chorea

In einer Phase-3-Studie konnte Valbenazin die Chorea bei Morbus Huntington im Vergleich zu Placebo deutlich lindern. Ein Vorteil der Arznei: Sie muss nur einmal täglich genommen werden und geht offenbar nicht mit einem erhöhten Risiko für Akathisien und Depressionen einher. Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Gegen die überschießenden Bewegungen bei Morbus Huntington steht seit rund 15 Jahren mit Tetrabenazin ein wirksamer Dopamin-Rezeptor-Antagonist zur Verfügung, der jedoch einige Nachteile aufweist: Aufgrund der recht kurzen Halbwertszeit muss die Arznei dreimal täglich eingenommen werden, zudem führen Peak-Dose- und Off-Target-Effekte zu Nebenwirkungen wie Somnolenz, Insomnie, Depression, Parkinsonismus oder Akathisie. Das später eingeführte Deutetrabenazin verfügt über eine längere Halbwertszeit und ein besseres Nebenwirkungsprofil – hier ist eine Einnahme nur noch zweimal am Tag nötig. Mit Valbenazin könnte nun ein dritter Wirkstoff, der den vesikulären Monoamintransporter Typ 2 (VMAT2) hemmt, die Huntingtontherapie verbessern: Diese Arznei muss nur noch einmal täglich eingenommen werden. Eine Zunahme psychischer Probleme unter Valbenazin wurde in einer Phase-3-Studie nicht beobachtet, Fatigue und Somnolenz bleiben aber auch damit ein gewisses Problem. Valbenazin ist ein Prodrug eines Tetrabenazin-Isomers und wird in den USA seit 2017 gegen tardive Dyskinesien eingesetzt. In der Phase-3-Studie KINECT-HD ist das Medikament jetzt auch gegen die Huntington-Chorea geprüft worden. Wie Neurologinnen und Neurologen um Professor Erin Furr Stimming vom Health Science Center an der Universität in Houston, USA, berichten, nahmen an der Studie 125 Huntingtonkranke aus 46 Zentren in den USA und Kanada teil. Voraussetzungen waren eine ausgeprägte Chorea; ausgeschlossen wurden Personen mit erheblichen und schlecht kontrollierten psychischen Störungen sowie solche mit Suizidgedanken. Das mittlere Alter betrug 54 Jahre, etwas mehr als die Hälfte waren Frauen. Signifikante Unterschiede bereits nach zwei Wochen 64 Teilnehmende bekamen über zwölf Wochen hinweg Valbenazin, die übrigen 61 Placebo. In den ersten acht Wochen wurde die Dosis des VMAT2-Hemmers sukzessiv bis auf 80 mg/d dosiert und anschließend für vier Wochen beibehalten. In jeder der Gruppen brachen neun Personen die Behandlung vorzeitig ab, Nebenwirkungen waren der Grund bei fünf Personen unter dem VMAT2-Hemmer und bei vier unter Placebo. Empfehlung der Redaktion Seltene Erkrankungen – Themenseite In der Europäischen Union gilt eine Erkrankung als selten, wenn nicht mehr als 5 von 10.000 Menschen in der EU von ihr betroffen sind. Auf der Themenseite „Seltene Erkrankungen“ finden Sie Nachrichten, Kasuistiken und Übersichtsarbeiten zu ALS, multiplem Myelom, Hämophilie und anderen Orphan Diseases. Als primären Endpunkt wählte das Team um Stimming die Veränderung nach dem Score „Total Maximal Chorea“ (TMC) mit maximal 28 Punkten. Der Score betrug zu Beginn in beiden Gruppen rund 12 Punkte, mit Valbenazin sank er im Studienverlauf im Schnitt um 4,6 Punkte, mit Placebo um 1,4 Punkte; die Differenz von 3,2 Punkten war statistisch signifikant. Statistisch belastbare Unterschiede ergaben sich bereits nach der zweiten Behandlungswoche. Beim klinischen Gesamteindruck hatten sich sieben Betroffene unter Placebo und 24 unter Valbenazin (je 13% und 43%) stark oder sehr stark verbessert, nach dem Patientenurteil war dies bei 26% und 53% der Fall, auf die Lebensqualität hatte die Behandlung mit Valbenazin jedoch keinen erkennbaren Einfluss. Über 80% der Personen mit Valbenazin tolerierten die angestrebte Dosis von 80 mg/d. Zu den häufigsten Nebenwirkungen unter der Arznei zählten Somnolenz (bei 16% versus 3% unter Placebo) und Fatigue (14% versus 10%). Stürze traten in beiden Gruppen bei jeweils 13% auf, eine Akathisie betraf 6% und 5%. Mit Valbenazin kam es zudem etwas häufiger zu Urtikaria und Ausschlägen. Sowohl unter Valbenazin als auch unter Placebo trat keine Verstärkung von Ängsten, Depressionen und Parkinsonismus auf, auch wurden keine Suizidgedanken oder EKG-Veränderungen registriert. Da die Studiendauer relativ kurz war, sind hier jedoch weitere Daten einer offenen Extensionsstudie abzuwarten. Valbenazin wird von Neurocrine Biosciences entwickelt und ist in den USA inzwischen auch zur Behandlung bei Huntington-Chorea zugelassen. Das Wichtigste in Kürze Frage: Wie gut wirkt Valbenazin gegen die Huntington-Chorea? Antwort: Valbenazin reduzierte die Chorea in einer Phase-3-Studie bereits nach zwei Wochen deutlich stärker als Placebo, ohne dass vermehrt psychische Nebenwirkungen oder Suizidgedanken auftraten. Bedeutung: Eine einmal tägliche Behandlung mit dem Wirkstoff könnte die Huntingtontherapie verbessern. Einschränkung: Relativ kurze Studiendauer.

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