Einleitung
Entwicklungen der genetischen Diagnostik
Genpanel-Analyse | Whole-Exome-Sequencing (WES) | Whole-Genome-Sequencing (WGS) | |
---|---|---|---|
Abdeckung | 250 kb–5 Mb, ca. 300 Gene | 30 Mb, ca. 20.000 Gene | 3200 Mb, ca. 20.000 Gene, Introns |
Kosten/Probe | 250–500 € | 750 € | Ca. 1500 € |
Ø Zahl identifizierter Varianten | Abhängig von der Panel-Größe | Ca. 20.000 | Ca. 4.000.000 |
Möglichkeit der Variantenerkennung | SNVs, Indels, CNVs innerhalb des Panels | SNVs bis 50 bp, Indels | SNVs, Indels, kodierende und nicht-kodierende DNA-Abschnitte, mtDNA, regulatorische Elemente, Repeat-Expansions, strukturelle Varianten, Kopienzahlveränderungen und strukturelle Rearrangements |
Flexibilität | + | ++ | +++ |
Datenmenge | + | ++ | +++ |
Bioinformatik | + | ++ | +++ |
Turnaround-Time | + | ++ | +++ |
Vorteile | Hohe Kosteneffizienz | Geringe Kosten, flächendeckende Verfügbarkeit, kurze Turnaround-Time | Anpassungsfähigkeit und damit zukunftsfähige Methode, Bewertung struktureller Auffälligkeiten/Tandem-Repeats gegeben, keine Notwendigkeit der Library-Prep |
Nachteile | Wenig Flexibilität nach abgeschlossener Gestaltung eines Genpanels | Notwendigkeit der PCR-basierten Library-Prep, fehlende Abdeckung nicht-kodierender DNA, fehlende Möglichkeit der Bewertung struktureller Auffälligkeiten/Tandem- Repeats | Hohe Kosten, große Datenmenge, hohe Wahrscheinlichkeit der Generierung von Varianten unklarer Signifikanz |
Pilotprojekte für das genomische Neugeborenenscreening
Herausforderungen bei der Entwicklung eines genomischen Neugeborenenscreenings
Studie/ Initiative | Kriterien zur Identifikation von Zielerkrankungen für das gNBS | Anzahl Erkrankungen (Gene) in Kategorien |
---|---|---|
BabySeq [29] | Es gibt eine klare Gen-Krankheits-Assoziation. Die Kuration erfolgt durch die Clinical Genome Resource (ClinGen) Gene Curation Working Group, durch die die Validität einer Gen-Krankheits-Assoziation durch Überprüfung der Evidenz in der Literatur bewertet wird. Hierbei findet die Anzahl der betroffenen Familien mit pathogenen Varianten in einem Gen und die Verfügbarkeit von funktionellen Studien Beachtung | BabySeq-Kategoriena Kategorie A: 884 (839) Kategorie B: 70 (64) Kategorie C: 560 (542) Summe: 1514 (1445) |
Alter bei Auftreten erster Symptome: Das Alter, in dem bei Betroffenen mit pathogenen Varianten in einem Gen Symptome der Krankheit erstmals auftraten, eingeteilt in 4 Gruppen: ≤ 2 Jahre, 2–10 Jahre, 10–18 Jahre und > 18 Jahre | ||
Die Penetranz der Erkrankung wird als „hoch“ eingestuft, wenn ≥ 80 % der Betroffenen symptomatisch waren, „mäßig“, wenn 20–80 % der Personen symptomatisch waren, und „niedrig“, wenn < 20 % der Personen symptomatisch waren | ||
Das am häufigsten berichtete Vererbungsmuster für ein Gen | ||
NC NEXUS [34] | Der natürliche Verlauf der Erkrankung ist bekannt | NC-Nexus-Kategorienb: Kategorie 1: 466 (430) Kategorie 2: 245 (238) Kategorie 3: 25 (25) Kategorie 4: 19 (19) Kategorie 5: 67 Summe: 755 (712) |
Die Erkrankung stellt ein erhebliches Risiko hinsichtlich Morbidität und Mortalität bei Säuglingen oder Kleinkindern dar | ||
Es gibt eine wirksame Behandlung, die allgemein akzeptiert wird | ||
Eine frühzeitige Behandlung beeinflusst den Krankheitsverlauf positiv | ||
Die Vorteile eines frühen Therapiebeginns überwiegen eindeutig die damit assoziierten Risiken | ||
Bei Genen mit mehr als einer assoziierten Erkrankung existieren unterschiedliche therapeutische Optionen. Unterschiedliche Phänotypen können zuverlässig durch die genetische Untersuchung unterschieden werden | ||
BeginNGS™ [39] | Ist der natürliche Verlauf dieser genetischen Krankheit gut bekannt? | BeginNGS™-Kategorienc Kategorie A: 295 (248) Kategorie B: 93 (79) Summe: 388 (327) |
Gibt es mindestens eine gut belegte Gen-Phänotyp-Assoziation? | ||
Gibt es eine signifikante Variation in der Expressivität? | ||
Liegt eine reduzierte Penetranz vor? | ||
Ist der Erbgang (autosomal dominant, autosomal rezessiv, X‑chromosomal, mitochondrial) gut verstanden? | ||
Ist die Pathogenität (zumindest einer Teilmenge) der beschriebenen DNA-Varianten gut bekannt (Loss-of-Function oder Gain-of-Function)? | ||
Ist die Genotyp-Phänotyp-Korrelation für diese Varianten ausreichend, um den Krankheitsverlauf vorherzusagen? | ||
Kann die Variabilität des Ergebnisses oder der Schwere der Erkrankung durch zusätzliche Untersuchungen (wie z. B. biochemische, enzymatische Methoden oder einen Funktionstest) geklärt werden? | ||
Stellt diese genetische Erkrankung ein signifikantes Risiko für Morbidität und Mortalität bei Säuglingen oder Kleinkindern dar? | ||
Ist die Penetranz hoch genug, sodass die Identifizierung einer klinisch unbedeutenden Krankheit minimal ist oder nur minimalen Schaden verursacht? | ||
Gibt es eine Behandlung oder Intervention, die wirksam und akzeptiert ist? | ||
Steht eine Behandlung zur Verfügung, die den Krankheitsverlauf beeinflussen kann? | ||
Ist die Behandlung für alle betroffenen Personen wirksam? | ||
Ist das Ansprechen auf die Behandlung bei bestimmten pathogenen Variante(n) einheitlich? | ||
Ist die Behandlung für alle Symptome einer Erkrankung wirksam? | ||
Wenn keine spezifische Behandlung verfügbar ist, würde eine Diagnose die Behandlung auf andere Weise verändern? | ||
Ist eine Behandlung allgemein verfügbar und gibt es genügend Anbieter, Einrichtungen und Ressourcen, um alle identifizierten Personen zu versorgen? | ||
Ist eine Behandlung für die Mehrheit der Bevölkerung akzeptabel? Dabei sind die Kosten, die Morbidität der Behandlung sowie religiöse oder politische Überzeugungen zu berücksichtigen. Erfordert dieser Eingriff beispielsweise die Verwendung von fetalem Gewebe? | ||
Verbessert eine frühzeitige Behandlung das Ergebnis? | ||
Gibt es eine Latenzphase, in welcher der Beginn der Behandlung zu einem besseren Ergebnis führt oder Komplikationen verhindert? | ||
Führt eine verzögerte Diagnose zu einem schlechteren Langzeitverlauf oder zu schweren Komplikationen? | ||
Führt eine frühzeitige Diagnose und Behandlung zu einem besseren Langzeitverlauf als ein Behandlungsbeginn nach Auftreten der Symptome? | ||
Überwiegen die Vorteile eines frühzeitigen Eingreifens eindeutig die Risiken? | ||
Sind falsch-positive Ergebnisse bei diesem Gen problematisch? | ||
Könnte die Einführung des gNBS bei dieser Erkrankung einen negativen Nettonutzen haben? Die Überlegungen beziehen sich auf den Probanden, die Familie und die Allgemeinbevölkerung | ||
Bestehen Bedenken hinsichtlich der Identifizierung von heterozygoten Anlageträgern? | ||
Gibt es bei Genen mit mehr als einer assoziierten Erkrankung Unterschiede in der Behandlung, und können sie durch rWGS oder zusätzliche Tests unterschieden werden? | ||
Genomics England [40] | Es gibt überzeugende Beweise dafür, dass die genetische(n) Variante(n) die Krankheit verursacht/verursachen und zuverlässig nachgewiesen werden kann/können | Bislang keine Erkrankungs‑/Genliste verfügbar |
Es ist davon auszugehen, dass ein hoher Anteil der Personen, die die genetische(n) Variante(n) aufweisen, Symptome haben, welche die Lebensqualität beeinträchtigen würden, wenn sie nicht diagnostiziert würden | ||
Eine frühzeitige oder präsymptomatische Behandlung der Erkrankung führt bei Kindern nachweislich zu wesentlich besseren Ergebnissen als eine Behandlung nach Auftreten der Symptome | ||
Bei den untersuchten Erkrankungen handelt es sich nur um solche, bei denen die Interventionen für alle gleichermaßen zugänglich sind |