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Erschienen in: Forum 4/2022

30.06.2022 | Pflege | Fokus

Ansprache sensibler Themen im ärztlichen Gespräch mit übersetzenden Angehörigen bei der Identifikation psychoonkologischer Versorgungsbedarfe von Patient*innen mit Migrationshintergrund

verfasst von: Dr. Kerstin Hermes-Moll, Dr. Isabelle Hempler, Nicola Riccetti, PD Dr. Geothy Chakupurakal, Dr. Marius Fried, Dr. Jorge Riera Knorrenschild, Dr. Andreas Köhler, Dr. Franz A. Mosthaf, Dr. Henning Pelz, Prof. Dr. Stephan Schmitz, Dr. Vitali Heidt, Prof. Dr. Susanne Singer

Erschienen in: Forum | Ausgabe 4/2022

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Zusammenfassung

Hintergrund

Der Identifikation psychoonkologischer Versorgungsbedarfe und der Einleitung von Unterstützungsmaßnahmen kommt in der ambulanten onkologischen Versorgung eine zunehmend größere Bedeutung zu. Bei fremdsprachigen Krebspatient*innen ohne ausreichende Deutschkenntnisse müssen oftmals Angehörige das ärztliche Gespräch übersetzen.

Ziel der Arbeit

Untersucht werden sollte die Perspektive von Krebspatient*innen und Angehörigen hinsichtlich der Übersetzung des ärztlichen Gesprächs.

Material und Methoden

Krebspatient*innen und Angehörige wurden in 7 hämatologisch-onkologischen Praxen und 2 onkologischen Klinikambulanzen mit Fragebögen in 13 Sprachen befragt.

Ergebnisse

Insgesamt nahmen 184 Personen an der Befragung teil. Von den Patient*innen, die angaben, dass das ärztliche Gespräch übersetzt werden muss (34 %), fühlten sich 16 % bei der Übersetzung durch die begleitende Person (eher) nicht wohl, 22 % konnten (eher) keine intimen Themen ansprechen. Etwa 27 % der Angehörigen gaben an, (eher) nicht alle Inhalte des ärztlichen Gesprächs zu übersetzen, um die erkrankte Person zu schützen, und 13 % übersetzten (eher) ungern intime Themen. Die Übersetzung durch eine professionelle Person würden 42 % der Patient*innen und 17 % der übersetzenden Angehörigen (eher) bevorzugen.

Schlussfolgerung

Die Ergebnisse deuten auf mögliche Schwierigkeiten bei der Übersetzung des ärztlichen Gesprächs durch Angehörige hin, insbesondere was die Ansprache sensibler Themen betrifft. Fremdsprachige Screeninginstrumente könnten die Identifikation psychoonkologischen bzw. psychosozialen Versorgungsbedarfs unterstützen.
Fußnoten
1
Bei der Schätzung wurden Geschlechts- und Altersverteilung der Bevölkerung berücksichtigt, aber insbesondere bei Personen mit eigener Migrationserfahrung können weitere Lebensstil- und/oder Umweltfaktoren, die zeitlich vor der Migration nach Deutschland liegen, die Wahrscheinlichkeit einer Krebserkrankung positiv oder negativ beeinflussen. Die zur Schätzung verwendeten Definitionen von Migrationshintergrund und Migrationserfahrung basieren auf denen des Statistischen Bundesamtes [22].
 
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Metadaten
Titel
Ansprache sensibler Themen im ärztlichen Gespräch mit übersetzenden Angehörigen bei der Identifikation psychoonkologischer Versorgungsbedarfe von Patient*innen mit Migrationshintergrund
verfasst von
Dr. Kerstin Hermes-Moll
Dr. Isabelle Hempler
Nicola Riccetti
PD Dr. Geothy Chakupurakal
Dr. Marius Fried
Dr. Jorge Riera Knorrenschild
Dr. Andreas Köhler
Dr. Franz A. Mosthaf
Dr. Henning Pelz
Prof. Dr. Stephan Schmitz
Dr. Vitali Heidt
Prof. Dr. Susanne Singer
Publikationsdatum
30.06.2022
Verlag
Springer Medizin
Schlagwort
Pflege
Erschienen in
Forum / Ausgabe 4/2022
Print ISSN: 0947-0255
Elektronische ISSN: 2190-9784
DOI
https://doi.org/10.1007/s12312-022-01100-9

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