Zusammenfassung
Die raschen Fortschritte bei der Erforschung neurodegenerativer Erkrankungen eröffnen auch viele neue Wege zur Frühdiagnostik. Diese diagnostischen Fortschritte stehen in keinem Verhältnis zu der weiter stagnierenden Entwicklung therapeutischer Möglichkeiten. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, sich im klinischen Alltag mit den Folgen der diagnostisch/therapeutischen Diskrepanz auseinanderzusetzen. Konkret: Welchen Sinn ergäbe es für Risikoträger und Ärzte, eine Krankheit zu diagnostizieren oder anzukündigen, der nicht adäquat vorgebeugt werden kann? Welchen Nutzen und welche Risiken bergen die neuen Möglichkeiten für Ratsuchende? Neben dem Recht auf Wissen besteht ein Recht auf Nichtwissen, und diese beiden Güter müssen informiert gegeneinander abgewogen werden. Eine gelungene Beratung mit prädiktiver Diagnostik kann trotz der bislang weitgehend fehlenden therapeutischen Konsequenzen auf den Patienten bzw. Ratsuchenden entlastend wirken und wichtige Lebensentscheidungen erleichtern.