Zusammenfassung
Kinder haben vielfältige Entwicklungsbedürfnisse, die nur in einem sozialen Kontext verwirklicht werden können, der zumindest ausreichenden Schutz, Ernährung, Sicherheit und menschliche Zuwendung garantiert. Alle Formen der Kindesmisshandlung, Vernachlässigung und sexueller Missbrauch werden zu den „adverse childhood experiences“ (ACE) gezählt. Verschiedene psychosoziale und demographische Merkmale erhöhen sowohl das Risiko, solchen negativen und traumatisierenden Erfahrungen ausgesetzt zu werden als auch die Entstehung von seelischen Gesundheitsstörungen in der Lebensspanne. Als besonders gravierende Risikofaktoren können die Belastung des Aufwachsens mit psychisch und suchterkrankten Eltern, das Aufwachsen in Institutionen (einschließlich der Gründe, die dazu geführt haben) sowie sozial deprivierten, benachteiligten Familien und Nachbarschaften genannt werden. Die Darstellungen aus überwiegend retrospektiven klinischen, psychotherapeutischen oder bevölkerungsmedizinischen Studien zu psychischen Erkrankungen sollen helfen, bei der akuten Behandlung eines Kindes und Jugendlichen die Langzeitfolgen im Blick zu behalten und abzuschätzen. Aus entwicklungspsychologischer Sicht lassen sich Art und Umfang der seelischen Schädigung des Kindes nur bedingt aus der Schwere der sichtbaren Misshandlung, d. h. den Handlungen und Unterlassungen der Erwachsenen, ableiten.