Die Diabetesversorgung der Kinder in der Schule wird in dieser explorativen Studie aus Sicht der Eltern heterogen beschrieben [
5,
11,
14]. Auch in internationalen Studien wird diese heterogen beschrieben. Im Rahmen der Literaturrecherche wurde deutlich, dass die Diabetesversorgung zwischen den Schulen und verschiedenen Ländern in Bezug auf die Gesetzgebung, Personalausstattung und Verteilung der Verantwortlichkeiten variiert. Obwohl die Eltern grundsätzlich mit der Versorgung zufrieden waren, berichteten sie von Herausforderungen und Problemen unter anderem bei der Teilhabe am Schulalltag, sportlichen Aktivitäten und Ausflügen. Problematisch an einer eingeschränkten Teilhabe sind Risiken für Folgeerkrankungen und negative Auswirkungen auf den Bildungserfolg der Kinder [
2]. Die dadurch erhöhte Präsenz der Eltern in der Schule wirkt sich auf ihre Berufstätigkeit und somit finanzielle und psychische Situation aus [
9]. Aus der Health Behaviour in School-aged Children (HBSC)-Studie von Felder-Puig et al. [
6] ging hervor, dass sich die Hälfte der Schülerinnen und Schüler mit einer chronischen Erkrankung in der Schule ausreichend unterstützt fühlt, während dies für die andere Hälfte nicht zutrifft [
6]. Gründe für eine Unter- und Fehlversorgung sind Informationsdefizite, fehlende Regelungen und Unterstützungsangebote für Lehrpersonen [
10]. Die Unterstützung durch verantwortliches Schulpersonal hängt positiv mit mehreren Faktoren der elterlichen Wahrnehmung zusammen [
11]. Je weniger strukturiert oder geregelt die Versorgung ist, desto mehr hängt die Versorgung von der Verfügbarkeit mindestens einer Person in der Schule als Ansprechperson ab [
14]. Diesen Eindruck hatten die Eltern in der vorliegenden Arbeit auch, da sie die Klassenlehrperson als Dreh- und Angelpunkt in der schulischen Diabetesversorgung beschrieben. In einer US-Amerikanischen Studie wurde die Versorgung als strukturiert und organisiert beschrieben und das Sicherheitsgefühl der Eltern war hoch. Diese Aspekte sind auf die flächendeckende Präsenz von School Health Nurses und geschultem nicht-medizinischen Personal in den Schulen zurückzuführen [
5]. Daraus kann gefolgert werden, dass sich die Anwesenheit von Pflegepersonal und geschultem Personal positiv auf das Sicherheitsgefühl der Eltern auswirkt. Dies kann durch Empfehlungen internationaler Leitlinien untermauert werden. Diese empfehlen, geschultes Personal und School Health Nurses für eine sichere Versorgung zur Verfügung einzusetzen [
8,
12]. In Österreich fordern Fachgesellschaften eine flächendeckende kostenlose Unterstützung durch Pflegepersonen in der Schule [
10], was sich die Eltern in den Interviews auch wünschten. Auch dem Wunsch nach einer verpflichtenden und strukturierten Diabetesschulung wurde bisher nicht nachgekommen. Das Angebot einer Diabetesschulung durch die Diabetesambulanz eines Krankenhauses wurde nur von einzelnen Lehrpersonen angenommen. Obwohl in Österreich Schulärztinnen und Schulärzte für die Schulung und Unterstützung des Schulpersonals und der Kinder zuständig sind [
10], schilderten die Interviewpartnerinnen keine Erfahrung bzgl. einer Unterstützung oder Schulung durch diese Berufsgruppe. Um eine vollständige und sichere Teilhabe an schulischen Aktivitäten zu ermöglichen, sollten neben den Forderungen nach School Health Nurses und Diabetesschulungen auch die Verantwortlichkeiten klar geregelt und ein standardisierter schriftlicher Behandlungs- und Notfallplan vorhanden sein [
9,
10,
12]. In der Studie berichteten alle Eltern von einem selbst erstellten Behandlungs- und Notfallplan in der Schule, in dem die subjektiv wichtigsten Themen der Diabetesversorgung festgehalten wurden. Die Zuständigkeiten in der Diabetesversorgung wurden weder schriftlich noch mündlich besprochen, sondern ergaben sich unausgesprochen im Laufe der Zeit.
Limitationen und Stärken
Obwohl die Stichprobe breit rekrutiert wurde, war sie mit sechs Personen klein. Väter waren in den Interviews nicht vertreten. Eltern, die kein Deutsch sprechen, wurden aufgrund der Sprachbarriere ausgeschlossen. Auch in anderen Bildungseinrichtungen, wie Kindergärten und weiterführenden Schulen, die in dieser Studie nicht berücksichtigt wurden, ist ein Versorgungsdefizit zu vermuten und sollte daher in weiteren Studien erforscht werden. Die Sichtweise der Lehrpersonen und der betroffenen Kinder wurden in dieser Studie nicht erhoben, obwohl diese weitere wichtige Erkenntnisse liefern könnten. Dennoch ist die vorliegende Studie die erste in Vorarlberg und Österreich, die einen qualitativen Einblick in die Erfahrungen und Wünsche von Eltern bezüglich der Diabetesversorgung ihrer Kinder in Grundschulen gibt. Auch wenn die Ergebnisse dieser Studie nicht verallgemeinert werden können, geben sie ein Abbild der Versorgungssituation in Vorarlberg wieder.