Gliflozine bieten besseren Herz- und Nierenschutz als Gliptine

Starten Diabeteskranke eine Therapie mit SGLT2-Hemmern, kommt es seltener zu Herz- und Hirninfarkten als unter DPP-4-Inhibitoren, auch Herzinsuffizienz und Nierenschäden treten seltener auf, unabhängig vom HbA1C-Wert. Dafür sind Genitalinfekte häufiger. Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Studien mit SGLT2-Hemmern (Gliflozinen) deuten auf einen guten Herz-, Nieren- und Gefäßschutz solcher Medikamente – bei einem gewissen Risiko für glukosurische Effekte und Folgeerscheinungen wie urogenitale Infekte, diabetische Ketoazidosen, Frakturen und Beinamputationen. Wie stark sich solche Vor- und Nachteile im Vergleich zu andern Antidiabetika auswirken, ist in der Praxis bislang wenig untersucht worden. Forschende um Dr. Elvira D’Andrea vom Brigham and Women’s Hospital in Boston haben dies nun anhand von US-Versicherungsdaten getan: Sie stellten Diabeteskranken mit einer neu begonnenen Gliflozintherapie möglichst ähnliche Personen gegenüber, die eine Behandlung mit DPP-4-Hemmern (Gliptinen) begonnen hatten. Dabei traten in der Gliflozingruppe weitgehend unabhängig vom anfänglichen HbA1C-Wert deutlich seltener Herz- und Hirninfarkte auf, auch mussten die Diabeteskranken seltener aufgrund einer Herzinsuffizienz in eine Klinik. Dafür war das Risiko für Genitalinfekte mehr als verdoppelt. Für die Analyse wurden Angaben aus einer Versicherungsdatenbank zu knapp 145.000 Diabeteskranken mit erfassten HbA1C-Werten analysiert. Rund 61.000 hatten eine Gliflozintherapie neu begonnen, 84.000 eine Gliptintherapie. Gliptine wurden als Vergleich gewählt, weil sie in den USA ähnlich viel kosten, aber keine besonderen kardiovaskulären und glukosurischen Effekte zeigen. Etwa 14% spritzten zusätzlich Insulin. Jeweils rund ein Drittel hatte zu Beginn einen HbA1C-Wert unter 7,5%, zwischen 7,5% und 9% sowie über 9%. Personen mit unkontrolliertem Diabetes waren jünger, hatten weniger Begleiterkrankungen, bekamen häufiger auch Insulin und gehörten seltener zur weißen Bevölkerung als Personen mit niedrigeren Werten. Ein Viertel weniger Todesfälle Stratifiziert nach HbA1C-Werten setzte das Team jeder Person mit einem Gliflozin möglichst eine vergleichbare Person mit einem Gliptin gegenüber. Geachtet wurde dabei etwa auf Alter, Geschlecht, Ethnie und Begleiterkrankungen (propensity score matching). Übrig blieben rund 87.000 Diabeteskranke für den Vergleich. Nach einer Beobachtungsdauer von rund acht Monaten erlitten mit Gliflozinen 17 Personen auf 1000 Personenjahre ein schweres kardiovaskuläres Ereignis wie Herzinfarkt oder Schlaganfall, mit Gliptinen waren es 20, was sich in eine Risikoreduktion von 15% übersetzt. Die Risikoreduktion war in allen drei HbA1C-Gruppen vergleichbar und knapp statistisch signifikant. Herzinfarkte traten mit Gliflozinen zu 8%, Schlaganfälle zu 14%, Todesfälle insgesamt zu 26% seltener auf – statistisch belastbar war allerdings nur die Differenz bei den Gesamttodesfällen. Wiederum bezogen auf 1000 Personenjahre kam es mit Gliflozinen zu 3,7 Herzinsuffizienz-bedingten Klinikaufnahmen, mit Gliptinen zu 8,1 – eine signifikante Risikoreduktion um 54%. Bei unerwünschten Ereignissen wie Hypovolämie, Frakturen, Stürzen oder Beinamputationen gab es keine signifikanten Unterschiede, wohl aber bei Genitalinfekten: Bezogen auf 1000 Personenjahre traten 65 solcher Infektionen unter Gliflozinen, aber nur 28 unter Gliptinen auf – das Risiko war damit 2,2-fach erhöht. Diabetische Ketoazidosen waren unter Gliflozinen etwas häufiger zu beobachten (2,3 versus 1,3 pro 1000 Personenjahre), insgesamt traten diese aber recht selten auf. Dafür kam es mit Gliflozinen deutlich seltener zu einem akuten Nierenversagen (bei 21 versus 28 pro 1000 Personenjahre) – hier wurde eine Risikominderung um 27% festgestellt. Das Team um D’Andrea kommt zu dem Schluss, dass sich die Vor- und Nachteile einer Gliflozintherapie weitgehend unabhängig von der glykämischen Kontrolle zeigen – der HbA1C-Wert ist für die Therapieentscheidung also wenig relevant. Das Wichtigste in Kürze Frage: Wie schneiden SGLT2- und DPP-4-Hemmer beim Gefäß- und Nierenschutz in der Praxis ab? Antwort: Unter SGLT2-Hemmern kommt es deutlich seltener zu kardiovaskulären Ereignissen, Nierenversagen und Todesfällen als unter DPP-4-Hemmern, dafür häufiger zu Genitalinfekten und diabetischen Ketoazidosen – weitgehend unabhängig von der glykämischen Kontrolle. Bedeutung: Der HbA1C-Wert ist für die Therapieentscheidung hier wenig relevant. Einschränkung: Analyse basiert auf einem Vergleich von Versicherungsdaten.

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