Eine 37-jährige Patientin (Schwangerschaft 32. Woche, Myopie −4,25 dpt) stellte sich mit akuter einseitiger Sehverschlechterung nach Übergeben vor. Bei der Erstvorstellung bestand am betroffenen Auge ein Visus von Fingerzählen. Bei der Patientin lagen weder systemische noch ophthalmologische Vorerkrankungen vor.
Befund
Fundoskopisch und in der optischen Kohärenztomographie (OCT) zeigte sich eine große Blutung unterhalb der Membrana limitans interna (ILM) mit etwa 7 mm Durchmesser, einer maximalen Prominenz von ca. 1200 µm und mit Foveabeteiligung (Abb. 1a, b).
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Diagnose
Es handelt sich bei dem Befund um eine Valsalva-Retinopathie.
Therapie
Unter spontanem Zuwarten zeigte sich nach 5 Tagen keine Befundbesserung.
Aufgrund des jungen Alters und der Schwangerschaft entschieden wir uns gemeinsam mit der Patientin gegen eine Vitrektomie und für eine Nd:YAG-Laser Membranotomie (Zeiss Visulas YAG III, Carl Zeiss Meditec AG, Jena, Deutschland, 1064 nm Wellenlänge, planokonkaves zentrales Kontaktglas, 2,1 mJ Pulsenergie). Mit einem speziellen Nd:YAG-Laser-Kontaktglas, welches für den hinteren Abschnitt berechnet ist, konnte keine Fokussierung auf die ILM erzielt werden. Deshalb wurde zur Durchführung ein plankonkaves Standardkontaktglas verwendet.
Aufgrund der Gefahr einer Netzhautschädigung durch den photodisruptiven Laser sollte bei einer Nd:YAG-Laser-Membranotomie ein ausreichender Sicherheitsabstand von ca. 500 µm zur Netzhaut beachtet werden, daher verzichteten wir auf die Laserbehandlung am inferioren Ende der Blutblase und zielten stattdessen aus Sicherheitsgründen auf den höchsten Punkt (ca. 1200 µm Abstand von der Netzhaut).
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Nur ein Schuss mit Fokussierung auf Oberfläche der Blutung war notwendig. Infolgedessen erfolgte eine sofortige Entleerung des subhyaloidalen Blutes.
Die weitere Entleerung der Blutung sollte unter Bauchlage bzw. Kopftiefhaltung erreicht werden. Hierzu erfolgten engmaschige Kontrollen inklusive OCT-Bildgebung und Fundusphotographie.
Verlauf
Nach Durchführung der Nd:YAG-Laser-Membranotomie erfolgte schwerkraftbedingt eine sofortige Entleerung des Blutspiegels bis zum Behandlungsareal (höchster Punkt der Blutblase) (Abb. 1c, d).
Die ILM-Perforation zeigte in der OCT einen Durchmesser von 300 µm.
Die Fovea war nach der Behandlung weiterhin durch den unteren Teil der Blutblase verlegt, daher erfolgte im Anschluss für mehrere Tage eine intermittierende Kopftieflagerung. Im Verlauf zeigten sich über 20 Tage eine kontinuierliche Resorption der Blutung und ein deutlicher Visusanstieg (von Fingerzählen auf 1,0) (Abb. 1e–h).
Diskussion
Eine Sub-ILM-Blutung ist eine Blutansammlung zwischen der ILM und der retinalen Nervenfaserschicht. Die häufigste Ursache dafür ist Valsalva-Retinopathie [1]. Diese kann bei Anstrengung und körperlichen Aktivitäten (v. a. Husten, Gewichtheben, Wehen im Endstadium) auftreten [2].
Zu den Behandlungsoptionen gehören: spontane Rückbildung abwarten, Laser-Membranotomie und Pars-plana-Vitrektomie. Eine spontane Auflösung ist möglich, aber die Resorption kann einige Wochen bis Monate dauern. Während dieser Zeit kann es aufgrund des Kontakts der Netzhaut mit Hämoglobin und Eisen zu einer dauerhaften strukturellen Schädigung der Netzhaut und zu einer irreversiblen Visusminderung kommen [2]. Daher sollte insbesondere bei Foveabeteiligung und größeren Blutansammlungen großzügig die Indikation für eine Intervention gestellt werden. Zusätzlich strebt die Mehrheit der Patienten eine schnelle visuelle Rehabilitation an.
Eine Pars-plana-Vitrektomie kann zu einer signifikanten und sofortigen Verbesserung des Sehvermögens führen. Man sollte allerdings die möglichen intra- und postoperativen Komplikationen in Betracht ziehen (u. a. Katarakt, Ablatio, Erhöhung des Augeninnendrucks, Endophthalmitis) [3]. Angesichts des überwiegend jungen Alters der Patienten sollte die Entscheidung für einen operativen Eingriff sorgfältig abgewogen werden. Bei dieser Patientengruppe spielen die Schonung der Linse und die Erhaltung der Akkommodation eine entscheidende Rolle [4], zusätzlich kann der anliegende Glaskörper die Risiken erhöhen.
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Im Jahr 1973 wurde erstmals von Heydenreich ein Ansatz zur thermischen Behandlung präretinaler Blutungen mittels Lichtkoagulator vorgestellt [5]. Zu einem späteren Zeitpunkt benutzte Fechner erstmals die Argonlaserkoagulation als Alternative zur Lichtkoagulation [6]. In beiden Fällen kommt es durch die Hitzeeinwirkung zu einer Perforation der Blase. Die Wirksamkeit dieser Therapieoption wurde in der Fallserie von Kroll et al. [7] erörtert und zeigte eine gute Erfolgsrate, insbesondere wenn sie frühzeitig (innerhalb von 3 bis 4 Tagen nach Auftreten der Blutung) durchgeführt wurde. Ähnliche Resultate lassen sich heutzutage mit einem frequenzverdoppelten Nd:YAG-Photokoagulationslaser (Wellenlänge 532 nm) erreichen. Es ist jedoch zu beachten, dass bei allen thermischen Verfahren bei unzureichendem Sicherheitsabstand das Risiko einer thermischen Schädigung der Netzhaut besteht.
Eine moderne Alternative besteht in der Verwendung eines photodisruptiven Nd:YAG-Lasers mit einer Wellenlänge von 1064 nm, welcher durch die mechanische Wirkung der erzeugten Kavitationsblase zu einer Perforation der ILM führt. In der Fallserie von Durukan et al. [2] erhielten 16 Patienten eine Nd:YAG-Laserbehandlung zur Drainage einer prämakulären Blutung. Bei 14 Augen verbesserte sich die Sehschärfe am Ende der ersten Woche auf 20/20, und die verbleibenden 2 Patienten erreichten innerhalb eines Monats einen vollen Visus. Kein Patient wies Anzeichen einer Netzhaut- oder Aderhautschädigung auf, und keine chirurgische Behandlung war notwendig.
Von ähnlichen Ergebnissen wurde in mehrere Case Reports und Fallserien berichtet [4, 8‐11].
Gemeinsam haben diese Fälle, dass die Laserbehandlung am inferioren Punkt der Blutblase erfolgte, was in manchen Fällen einen kleinen Sicherheitsabstand zur Netzhaut bedeuten kann. In der Fallserie von Ulbig et al. [11] trat nach der Laserbehandlung einer kleinen subhyaloidalen Blutung ein Makulaforamen auf. Diese Komplikation erforderte eine zusätzliche operative Behandlung, bei der anschließend eine Sehschärfe von 20/33 erreicht wurde. Eine mechanische Schädigung durch die Kavitationsblase des photodisruptiven Lasers ist zu vermuten, dieses sollte bei der Behandlung insbesondere von flachen Blutungen beachtet werden.
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In unserem Fall haben wir die Behandlung am höchsten Punkt der Blutblase mit anschließender Lagerung durchgeführt. Diese Methode bietet einen größeren Sicherheitsabstand zur Netzhaut und könnte das Risiko einer Verletzung der Netz- oder Aderhaut minimieren. Im Vergleich zur Behandlung am untersten Ende der Blutung zeigte sich die Visusrehabilitation leicht verzögert, das langfristige Ergebnis war jedoch sehr zufriedenstellend. Daher empfehlen wir, bei ähnlichen Fällen das von uns gewählte Verfahren als Behandlungsoption zu berücksichtigen.
Einhaltung ethischer Richtlinien
Interessenkonflikt
M. Zitoun, C. von der Burchard und J. Roider geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Für diesen Beitrag wurden von den Autor/-innen keine Studien an Menschen oder Tieren durchgeführt. Für die aufgeführten Studien gelten die jeweils dort angegebenen ethischen Richtlinien. Für Bildmaterial oder anderweitige Angaben innerhalb des Manuskripts, über die Patient/-innen zu identifizieren sind, liegt von ihnen und/oder ihren gesetzlichen Vertretern/Vertreterinnen eine schriftliche Einwilligung vor.
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