Akute Gastroenteritis: Lactobacillus rhamnosus bei Kindern ohne Wirkung

Kleine Kinder mit akuter Gastroenteritis profitieren einer US-Studie zufolge nicht von einer fünftägigen probiotischen Therapie mit Lactobacillus rhamnosus. Zum gleichen Ergebnis kommt eine kanadische Studiengruppe, die L. rhamnosus mit einem weiteren Lactobazillus kombinierte. Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Bei akuter Gastroenteritis werden häufig Probiotika verabreicht, um die Darmflora schnell wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Metaanalysen haben den Eindruck entstehen lassen, dass Kinder von dieser Behandlung profitieren. Allerdings wurden vielen der eingeschlossenen Studien methodische Schwächen nachgesagt. Um die Wirksamkeit der Therapie erneut zu untersuchen, haben David Schnadower vom Cincinnati Children’s Hospital Medical Center und Kollegen 943 Kinder zwischen drei Monaten und vier Jahren in eine prospektive, doppelblinde Studie randomisiert. Die Kinder waren in einer von zehn Einrichtungen der Notversorgung wegen akuter Gastroenteritis vorgestellt worden. Sie erhielten fünf Tage lang zweimal pro Tag 1x1010 koloniebildende Einheiten (KBE) Lactobacillus rhamnosus GG oder Placebo. In einem Tagebuch zeichneten die Betreuungspersonen täglich die Symptome auf und übermittelten die Ergebnisse nach 5, 14 und 30 Tagen telefonisch an die Studienärzte. Bei 11,8% der Studienteilnehmer in der L.-rhamnosus-Gruppe erreichte der modifizierte Vesikari-Score zur Abschätzung des Schweregrades bis maximal 14 Tage nach Studienbeginn ≥ 9 Punkte (entspricht einer mittelschweren bis schweren Gastroenteritis), in der Placebogruppe lagen 12,6% bei bzw. über diesem Wert. In den Score mit einer Gesamtpunktzahl von 0 bis 20 flossen folgende Faktoren ein: Dauer der Diarrhö und des Erbrechens, maximale Anzahl wässriger Stühle und Erbrechensepisoden pro 24 Stunden, maximale rektale Körpertemperatur, ungeplante Arztbesuche sowie die Art der Therapie. Zwischen den beiden Gruppen war kein signifikanter Unterschied hinsichtlich Schwere und Dauer der Diarrhö erkennbar (im Median 49,7 h vs. 50,9 h). Auch in anderen Bereichen, wie der Dauer des Erbrechens, der Abwesenheitsdauer von der Kita oder der Ansteckungsrate innerhalb der Familie, zeigten sich keine nennenswerten Abweichungen. In den Stuhlproben von 45,6% der Kinder wurden virale Krankheitserreger nachgewiesen, bei 15,2% virale Koinfektionen, 15,2% der Stühle enthielten möglicherweise pathogene Bakterien, 1,2% Parasiten und in 42,8% der Proben konnten keine pathogenen Organismen entdeckt werden. Auch in der Kombination keine Effekte erkennbar Wie eine zweite, gleichzeitig publizierte Studie ergab, war auch mit der Kombination zweier verschiedener Lactobacillus-Stämme kein Effekt auf die akute Gastroenteritis erkennbar. Stephen Freedman von der kanadischen University of Calgary und Kollegen hatten Kinder zwischen drei und 48 Monaten untersucht. Die 886 Studienteilnehmer mit Gastroenteritis, die in sechs pädiatrischen Notfallstationen vorgestellt worden waren, erhielten ebenfalls über fünf Tage zweimal täglich 4,0x109 KBE einer Kombination aus L. rhamnosus R0011 und L. helveticus R0052. 26,1% der Kinder unter Probiotika und 24,7% der Patienten unter Placebo litten an einer mittelgradigen bis schweren Gastroenteritis. Auch in dieser Studie unterschieden sich die Gruppen weder in der Dauer von Diarrhö und Erbrechen (52,5 h vs. 55,5 h bzw. 17,7 h vs. 18,7 h) noch hinsichtlich des Anteils an Patienten, die außerplanmäßig ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen mussten (30,2% vs. 26,6%) oder der Zahl unerwünschter Ereignisse (32,9% vs. 36,8%). Die Berücksichtigung verschiedener Störfaktoren änderte nichts an diesen Resultaten, und auch in dieser Studie wurden in den Stuhlproben vorwiegend virale Erreger nachgewiesen. Randomisierte Studien mit einzelnen Stämmen In keiner der beiden großen Studien konnte ein positiver Effekt der Probiotikazubereitungen auf Kinder mit mittelschweren bis schweren Gastroenteritiden festgestellt werden. Angesichts der vielen verschiedenen Präparate auf dem Markt bleibe allerdings die Möglichkeit, dass andere Probiotika als L. rhamnosus und andere Kombinationen möglicherweise bei Kindern mit infektiöser Diarrhö wirksam seien oder zur Vermeidung weiterer Krankheiten hilfreich sein könnten, meint der Autor des Editorials John Thomas Lamont vom Beth Israel Deaconess Medical Center in Boston. So habe beispielsweise kürzlich bei gesunden Neugeborenen eine probiotische Formulierung mit L. plantarum in den ersten fünf Lebenstagen die Sepsisrate sowie die Häufigkeit von Infektionen des unteren Respirationstrakts in den ersten zwei Lebensmonaten signifikant verringern können. Das Potenzial einzelner Stämme, so der Gastroenterologe, müsse in ähnlichen, gut konzipierten Studien weiter untersucht werden, um die Möglichkeiten dieser kostengünstigen und verträglichen Therapien voll auszuschöpfen. Das Wichtigste in Kürze Frage: Bringt eine Probiotikabehandlung mit L. rhamnosus Kindern mit akuter Gastroenteritis Vorteile? Antwort: Weder mit einer Monotherapie noch in Kombination mit L. helveticus waren Effekte gegenüber den Placebogruppen erkennbar. Bedeutung: Es handelt sich um eine gut verträgliche und kostengünstige potenzielle Behandlungsmöglichkeit. Einschränkung: Die erhobenen Daten zu den Symptomen beruhen auf telefonischen Auskünften der Eltern. Probiotika könnten möglicherweise falsch gelagert worden sein.

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