Erschienen in:
13.06.2023 | Alport-Syndrom | Leitthema
Kollagenopathien und Alport-Syndrom
Eine genetische Krankheit als Türöffner zur modernen Präzisionsmedizin in der Nephrologie
verfasst von:
Dr. med. Jan Boeckhaus, Msc, Prof. Dr. med. Oliver Gross
Erschienen in:
Die Nephrologie
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Ausgabe 5/2023
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Zusammenfassung
Das Alport-Syndrom (AS) ist ursächlich für 3 %, scheinbar sogar für bis zu 10 % aller chronischen Nierenkrankheiten. Die Nephrologie sollte daher bei allen jungen Patient*innen mit Mikrohämaturie oder Mikroalbuminurie das AS als die häufigste monogenetische Nierenkrankheit in die Differenzialdiagnose einschließen. Varianten in den Typ-IV-Kollagen-Genen führen zur mechanischen Instabilität der glomerulären Basalmembran und zu Nierenversagen. ACE(„angiotensin-converting enzyme“)-Hemmer haben sich als spezifische Therapie etabliert, sie verzögern – abhängig vom Therapiebeginn – das Nierenversagen um Jahrzehnte und verbessern die Lebenserwartung. 1 % der Gesamtbevölkerung trägt heterozygote Alport-Risikovarianten, die in der Nierenbiopsie zu einem FSGS(fokal-segmentale Glomerulosklerose)-artigen Bild führen. Patient*innen mit FSGS müssen daher genetisch untersucht werden, um die häufig irrtümliche Diagnose einer primären FSGS korrekt als AS zu diagnostizieren und Therapiefehler zu vermeiden. Die Genetik ermöglicht die reverse Phänotypisierung weiterer Familienmitglieder, die Abschätzung der Prognose und des Therapieansprechens und ebnet den Weg für bereits in Phase-II-Studien erforschte genetische Therapieansätze. Unsere gerade anlaufende deutschlandweite Phase-III-Studie mit jungen Patient*innen mit SGLT2(„sodium-glucose linked transporter 2“)-Inhibitoren betritt weltweit Neuland, indem erstmals die Therapie auch bei Kindern eingesetzt wird.