Alteplase ist aktueller Goldstandard für die Lysetherapie des ischämischen Schlaganfalls. Doch zunehmend rückt Tenecteplase als Alternative ins Blickfeld der Forschung. Dass ein solche Switch denkbar ist, bestätigen jetzt die Ergebnisse einer randomisierten Studie.
Tenecteplase hat sich in der randomisierten TRACE-2-Studie bei Patienten mit ischämischen Schlaganfällen zur Lysetherapie ebenso wirksam und sicher erwiesen wie Alteplase. Damit gibt es jetzt eine weitere Studie, in welcher die Eignung von Tenecteplase als Fibrinolytikum in der Indikation Schlaganfall bestätigt wurde. Die Ergebnisse von TRACE-2- sind bei der Internationale Stroke Conference vorgestellt und gleichzeitig von Dr. Yongjun Wang und Kollegen, Peking, im The Lancet publiziert worden.
„Diese Daten geben Ärzten die Sicherheit, dass Tenecteplase in einer Dosis von 0,25 mg/kg Körpergewicht als Alternative zu Alteplase verwendet werden kann bei Patienten, die sich früh mit einem akuten ischämischen Schlaganfall vorstellen und die für eine intravenöse Thrombolyse geeignet sind“, bekräftigen Mediziner um Dr. Bijoy Menon aus Calgary in einem Editorial zur Studie.
Alteplase als Goldstandard wird herausgefordert
Aktueller Goldstandard für die Lysetherapie des ischämischen Schlaganfalls ist Alteplase. In den letzten Jahren wird die Vormachtstellung von Alteplase aber zunehmend herausgefordert. Wie Menon und Kollegen in ihrem Editorial ausführen, hat Tenecteplase nämlich gegenüber Alteplase gewisse Vorzüge. Der größte Vorteil von Tenecteplase sei dessen einfachere Anwendung, da die Substanz als intravenöser Bolus in 5–10 Sekunden appliziert werden könne, führen sie aus. Alteplase hingegen muss eine Stunde lang infundiert werden. Dadurch dass für Tenecteplase keine Infusionspumpe benötigt werde, so die Kommentatoren, könne wiederum der Transport der Patienten vereinfacht und Kosten eingespart werden. Außerdem resultiere die einfachere Anwendung in schnelleren Behandlungszeiten, wie Beobachtungsstudien gezeigt hätten.
In puncto Wirksamkeit und Sicherheit hat sich Tenecteplase in Studien gegenüber Alteplase bereits als nichtunterlegen erwiesen, u.a. in der randomisierten registerbasierten AcT-Studie war das der Fall. Die bisherige Evidenz hat die European Stroke Organisation (ESO) dazu veranlasst, Tenecteplase als alternatives Fibrinolytikum bereits zu empfehlen. Erst kürzlich hat die ESO dazu ein Konsensuspapier herausgebracht. In Deutschland ist Tenecteplase bisher allerdings nur zur Behandlung eines Herzinfarktes zugelassen, nicht aber für die Lysetherapie beim ischämischen Schlaganfall.
TRACE-2-Studie soll Nichtunterlegenheit bestätigen
Die in China durchgeführte, randomisierte TRACE-2-Studie könnte nun die Position von Tenecteplase in der Indikation Schlaganfall weiter stärken. Insgesamt 1.430 Patientinnen und Patienten mit ischämischem Schlaganfall sind in 53 chinesischen Zentren 1:1 entweder zu einer Therapie mit Tenecteplase i.v. (0,25 mg/kg Körpergewicht, max. Dosis 25 mg) oder zu Alteplase i.v. (0,9 mg/kg bis max. 90 mg) randomisiert worden. Voraussetzung für die Studienteilnahme war eine modifizierte „Rankin Scale“ (mRS) von ≤ 1, ein „National Institutes of Health Stroke Scale“ (NIHSS) von 5–25 und die Möglichkeit eines Therapiebeginns innerhalb von 4,5 Stunden nach Symptombeginn. Patienten mit großen Gefäßverschlüssen, die für eine endovaskuläre Thrombektomie infrage kamen, waren ausgeschlossen. Letztlich flossen 710 (Tenecteplase) und 707 (Alteplase) Patienten in die Intention-to-Treat-Analyse ein.
Vergleichbare Wirksamkeit und Sicherheit
Primärer Endpunkt der Studie war der Anteil an Patienten in einem guten neurologischem Zustand nach 90 Tagen, definiert als mRS-Score 0–1. Diesen erreichten 62% der mit Tenecteplase behandelten Teilnehmer vs. 58% der Patienten, die Alteplase erhalten hatte (RR: 1,07; 95%-KI: 0,98–1,16). Die in der Studie festgelegten Kriterien für die Nichtunterlegenheit von Tenecteplase wurden damit erreicht (untere Grenze des 95%-KI musste > 0,937 liegen).
Auch in puncto Sicherheit ließen sich keine signifikanten Unterschiede zwischen beiden Gruppen feststellen. Symptomatische intrakranielle Blutungen sind bei 2% (Tenecteplase) vs. 2% (Alteplase) der Patienten innerhalb der kommenden 36 Stunden aufgetreten (RR: 1,18; 95%-KI: 0,56–2,50; p=0,72). Entsprechend 7% und 5% der Patienten waren in den 90 Tagen verstorben (RR: 1,31; 95%-KI: 0,86–2,01; p=0,22).
Angesicht dieser Ergebnisse könnten sich die Studienautoren vorstellen, dass es in Zukunft einen Switch zu Tenecteplase als bevorzugtes Thrombolytikum für den akuten ischämischen Schlaganfall geben könnte. Die Studie lieferte Evidenz hierfür, bekräftigen Wang und Kollegen.
Da die Studie ausschließlich in China durchgeführt wurde, bleibt allerdings ein Fragezeichen bzgl. der Generalisierbarkeit der Ergebnisse.