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24.02.2020 | Kardiologie | Nachrichten

Lysetherapie bei Schlaganfall: Was nützt eine höhere Tenecteplase-Dosis?

verfasst von: Veronika Schlimpert

Derzeit ist noch unklar, welche Tenecteplase-Dosis für die Lysetherapie bei Schlaganfallpatienten am effektivsten und gleichzeitig sicher ist. Eine aktuelle Studie bringt neue Erkenntnisse.  

In der Akutbehandlung von Schlaganfallpatienten hat eine höhere Tenecteplase-Dosis offenbar keinen Einfluss auf den Erfolg der Lysetherapie.

0,40 vs. 0,25 mg/kg-Dosis

In dem zweiten Teil der randomisierten EXTEND-IA TNK-Studie waren die Reperfusionsraten mit der 0,40 mg/kg-Dosis vergleichbar wie mit der 0,25 mg/kg-Dosis. Auch die klinischen Ergebnisse unterschieden sich nicht zwischen beiden Dosisregimen. Die aktuellen Daten wurden zeitgleich zur Publikation im JAMA bei der „International Stroke Conference“ (ISC) vorgestellt.

Gewisser Sicherheitsspielraum bei zu hoher Dosis

Die Ergebnisse sprechen dafür, dass die 0,25 mg/kg-Dosis vermutlich die geeignete Tenecteplase-Dosis sei, resümieren die Studienautoren um Prof. Bruce Campbell von der University of Melbourne. Auf der anderen Seite würden die Ergebnisse auch zur Beruhigung beitragen, da es offenbar ein gewisses Sicherheitsfenster gebe, wenn das Gewicht eines Patienten versehentlich überschätzt und deshalb eine höhere Tenecteplase-Dosis verbreicht werde.

Aktueller Standard bekommt Konkurrenz

Standardmäßig wird in Deutschland für die Lystherapie Alteplase eingesetzt, wobei die Dosis an das Gewicht angepasst wird (0,9 mg/kg Körpergewicht, maximal 90 mg, 10% der Gesamtdosis als Bolus, die restlichen 90% im Anschluss als Infusion über 60 Minuten). In den letzten Jahren macht der rekombinante Plasminogenaktivator Tenecteplase dem Goldstandard zunehmend Konkurrenz. 

So hat die Erstveröffentlichung der EXTEND-IA TNK-Studie gezeigt, dass sich mit Tenecteplase in der 0,25 mg/kg-Dosis höhere Reperfusionsraten und bessere klinische Ergebnisse erzielen lassen als mit Alteplase. Eingesetzt wurden die Fibrinolytika als sog. Bridging-Lyse in dem 4,5-Stunden-Zeitfenster bis zur Durchführung der mechanischen Thrombektomie.

Darüber hinaus werden der Tenecteplase Vorteile in Bezug auf die Handhabung nachgesagt, da das Fibrinolytikum als intravenöser Bolus appliziert werden kann, also nicht wie bei der Alteplase eine einstündige Infusion erforderlich ist.

Diese Dosis ist angemessen

Die Ergebnisse der EXTEND TNK-Studie haben die Autoren der US-amerikanischen Leitlinie und auch die European Stroke Organisation (ESO) dazu veranlasst, Tenecteplase in ihren Empfehlungen als alternatives Fibrinolytikum aufzuführen (AHA/ASA: Klasse IIb-Empfehlung). Primär empfohlen wird die 0,25 mg/kg-Dosis, wobei die AHA/ASA auch die 0,4 mg-Dosis als Alternative für Patienten mit weniger starken neurologischen Einschränkungen und, wenn keine großen Gefäßverschlüsse vorliegen, in Betracht gezogen werden kann (IIb).

Ergebnisse im Überblick

Bei Patienten mit großen Gefäßverschlüssen (Arteria carotis interna, Arteria basilaris oder Arteria cerebri media) bringt die höhere Dosis allerdings keine Vorteile, wie die folgenden Ergebnisse der EXTEND-IA TNK-Studie verdeutlichen:

  • Von den 150 Patienten, die der 0,40 mg-Dosisgruppe zugeteilt waren, ließ sich bei 29 Patienten (19,3%) eine über 50%ige Reperfusion des okkludierten Gefäßgebietes erzielen (primärer Endpunkt). Exakt dieselbe Reperfusionsrate wurde mit der 0,25 mg/kg-Dosisgruppe erzielt (29 von 150 Patienten).
  • Die klinischen Ergebnisse (Grad der funktionellen Einschränkung nach 90 Tagen, funktionelle Unabhängigkeit, Abwesenheit von Behinderung, substanzielle neurologische Verbesserungen nach 3 Tagen) unterschieden sich ebenfalls nicht.
  • Die höhere Dosis brachte in Bezug auf die Sicherheit auch keine Nachteile: Es kam zu 26 bzw. 22 Todesfällen in der hohen bzw. niedrigen Dosisgruppe. Symptomatische intrazerebrale Hämorrhagien traten 36 Stunden nach der Lyse zwar numerisch häufiger in der Hochdosis-Gruppe auf (bei 7 vs. 2 Patienten), allerdings waren vier Blutungsereignisse in dieser Gruppe mit Drahtperforationen während der endovaskulären Prozedur assoziiert und gingen damit nicht auf das Konto der Lysetherapie.

Letztere Ergebnisse stünden im Gegensatz zu einer früheren Studie mit der 0,40 mg/kg-Dosis, berichten die Studienautoren. Diese sei nämlich abgebrochen worden, weil einige Patienten darunter symptomatische intrakranielle Blutungen entwickelt haben. Als Limitation weisen Campbell und Kollegen allerdings darauf hin, dass die Studie womöglich nicht gepowert war, um diesbezügliche Unterschiede aufzuzeigen.

Literatur

Campbell BCV et al. Effect of intravenous tenecteplase dose on cerebral reperfusion before thrombectomy in patients with large vessel occlusion ischemic stroke: the EXTEND-IA TNK part 2 randomized clinical trial. JAMA. 2020;Epub ahead of print.

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