Bei ausgewählten Patienten mit ischämischem Schlaganfall, die keine Kandidaten für eine thrombolytische oder endovaskuläre Therapie sind, scheint eine Akuttherapie mit Tirofiban funktionelle Beeinträchtigungen zu reduzieren, legt eine Studie aus China nahe.
Viele Patienten mit ischämischem Schlaganfall sind keine geeigneten Kandidaten für als wirksam anerkannte Therapien wie intravenöse Thrombolyse oder endovaskuläre Thrombektomie. Als Option kommt dann meist nur eine antithrombotische Therapie etwa mit ASS infrage.
Die bessere Alternative ist in diesem Fall möglicherweise der stärker plättchenhemmend wirksame GP-IIb/IIIa-Rezeptorantagonist Tirofiban. In der randomisierten RESCUE BT2-Studie konnten damit bei dieser speziellen Patientengruppe im Vergleich zu einer Therapie mit ASS in niedriger Dosierung signifikant bessere funktionelle Ergebnisse erzielt werden. Der Anteil an Patienten, die entsprechend dem modifizierten Rankin Scale (mRS)-Score nach 90 Tagen keine neurologischen Beeinträchtigungen (mRS 0-1) aufwiesen, war in der Tirofiban-Gruppe signifikant höher als in der ASS-Gruppe.
Symptomatische intrakranielle Blutungen wurden zwar relativ selten beobachtet, sie traten jedoch ausschließlich im Tirofiban-Arm der Studie auf (6 vs. 0 Ereignisse, p=0,03).
Studie bei 1.177 Patienten in China
Dr. Wenjie Zi vom Xinqiao Hospital, Army Medical University in Chongqing, China, hat die RESCUE BT2-Studie jüngst in einer „Late-Breaking Science“-Sitzung bei der International Stroke Conference 2023 in Dallas vorgestellt.
Für die Studienteilnahme waren an 117 Zentren in China zwischen Oktober 2020 und Juni 2022 gezielt insgesamt 1.177 Patientinnen und Patienten (mittleres Alter 68 Jahre) mit akutem ischämischem Schlaganfall ausgewählt worden, bei denen innerhalb der ersten 24 Stunden kein proximaler Verschluss einer Hirnarterie der vorderen Zirkulation („large vessel occlusion“, LVO) oder eine sogenannte „medium vessel occlusion“ (MeVO) in der Bildgebung sichtbar war. Einige Patienten hatten initial eine intravenöse Thrombolyse erhalten, die aber keine Symptomverbesserung bzw. eine progrediente Symptomverschlechterung zur Folge hatte. Nach Aufnahme in die Studie erhielten die Teilnehmer entweder eine intravenöse Therapie mit Tirofiban oder ASS in oraler Form.
Anteil an Patienten mit gutem neurologischem Ergebnis um 26% höher
Der GP-IIb/IIIa-Rezeptorantagonist war im Vergleich zu ASS mit einer Verschiebung des mRS-Scores in Richtung bessere neurologische Ergebnisse assoziiert. Nach 90 Tagen war der Anteil an Patienten ohne relevante funktionelle Beeinträchtigungen (mRS-Score 0–1) mit 29,1% versus 22,2% in der Tiropiban-Gruppe signifikant um 26% höher als in der ASS-Gruppe (adjustiertes relatives Risiko: 1,26, 95%-KI: 1,04–1,53, p=0,02)
In zwei vorangegangenen Studien, nämlich SETIS und SaTIS, hatte Tirofiban in der Therapie bei ischämischem Schlaganfall nicht überzeugen können, erinnert Wenjie Zi. SETIS war mangels sich abzeichnender Wirksamkeit vorzeitig gestoppt worden, in SaTIS hatte es bezüglich der neurologischen Ergebnisse keinen Unterschied zu Placebo gegeben. Allerdings hätten sich die Kollektive dieser Studien, die primär Patienten mit manifesten akuten Verschlüssen großer Hirnarterien oder mit kardioembolischem Schlaganfall einschlossen, von der Patientenpopulation der RESCUE BT2-Studie unterschieden, so Wenjie Zi.
Limitierungen der Studie sieht er in der „Heterogenität der eingeschlossenen Population“ sowie darin, dass ausschließlich chinesische Patientinnen und Patienten daran beteiligt waren. Vorsicht sei deshalb im Hinblick auf die Generalisierbarkeit der Ergebnisse geboten.