„Wir stehen vor einem Neuanfang der Therapie des Typ-1-Diabetes“

Ein Screening auf Typ-1-Diabetes kann nicht nur die Ketoazidoserate verringern, sondern auch einen reibungslosen Übergang zu einer Insulintherapie zum richtigen Zeitpunkt ermöglichen. Darüber hinaus steht eine präventive Immuntherapie in den Startlöchern, die in den USA bereits zugelassen wurde. Die Zulassung von Teplizumab in den USA zur Verzögerung des Typ-1-Diabetes für das Frühstadium 2 sei ein Durchbruch, sagte Prof. Dr. Anette-Gabriele Ziegler vom Helmholtz Zentrum München beim Diabetologen-Kongress. „Das Frühstadium kann nur durch ein vorausgegangenes Screening identifiziert werden“, so die Expertin. Biomarker für eine frühe Diagnose des Typ-1-Diabetes sind mindestens zwei positive Inselautoantikörper. Die Assay-Spezifität sei nahezu 100 % – d. h. jedes Kind mit positivem Testergebnis entwickelt einen klinisch manifesten Typ-1-Diabetes. Aufgrund der Daten wurden Frühstadien des Typ-1-Diabetes in verschiedene Leitlinien integriert: Stadium 1 mit ≥ zwei Inselautoantikörpern und Normoglykämie und Stadium 2 mit ≥ zwei Inselautoantikörpern und Dysglykämie. Um zu prüfen, ob man die Allgemeinbevölkerung mit Hilfe der Inselautoantikörper screenen kann, wurde im Jahr 2015 die Fr1da-Studie initiiert, in der Kinder im Vor- und Schulalter auf Inselautoantikörper getestet werden. 11 % könnten präventiv behandelt werden 80 % aller Kinder und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes entwickeln Inselautoantikörper schon vor dem 6. Lebensjahr. Im Rahmen der Fr1da-Studie wurde mit einem Screening im Alter zwischen zwei und sechs Jahren begonnen. Später führten die Autorinnen und Autoren auch ein zweimaliges Screening ein, und zwar im Alter von zwei bis zehn Jahren im Abstand von drei Jahren. Bisher wurden 173.002 Kinder seit 2015 gescreent. 504 (0,3 %) von ihnen wiesen zwei oder mehr Inselautoantikörper auf. Diese Kinder wurden für einen oralen Glukosetoleranztest und Schulungen eingeladen. Von ihnen waren 85 % im Stadium 1, also normoglykämisch; 11 % der Betroffenen wiesen bereits ein Stadium 2 auf und könnten theoretisch sofort von einer Therapie mit Teplizumab profitieren. 4 % waren im Stadium 3A. Empfehlung der Redaktion DDG 2023 Diabetes-Kongress 2023 17. - 20. Mai 2023 | Berlin Wie sollten sich Menschen mit Diabetes ernähren? Was bringen Omega-3-Fettsäuren und Fibrate bei der Senkung der Triglyzeridwerte? Eignen sich SGLT-2-Inhibitoren auch für die Behandlung der Niereninsuffizienz unabhängig von einer Diabetes-Erkrankung? Diese und andere Berichte vom Kongress der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) lesen Sie in unserem Kongress-Dossier. Dass multiple Inselautoantikörper wieder verschwinden, ist selten und wird laut Daten der TEDDY-Studie in weniger als 1 % der Fälle beobachtet. Selbst wenn dieses Ereignis eintritt, ist es aber nur wenig bedeutsam: So entwickelten von fünf Kindern in der TEDDY-Studie, die negativ wurden, drei in der Beobachtungszeit dennoch einen klinischen Typ-1-Diabetes. „Das Verschwinden von multiplen Antikörpern ist KEIN Indikator für ein fehlendes Risiko oder einen falsch-positiven Test“, betonte Ziegler. Die Vorteile des Screenings Als einen Vorteil des Screenings für die klinische Manifestation eines Typ-1-Diabetes nannte die Referentin die drastisch reduzierte Ketoazidoserate. Auch sei die Betazell-Funktion und Stoffwechseleinstellung bei der klinischen Diagnose besser als bei Kindern mit Stadium 3 Typ-1-Diabetes ohne vorausgehendes Screening. Darüber hinaus verringere sich die psychische Belastung der Eltern und die Lebensqualität steigt. Letztendlich könne durch ein Screening der reibungslose Übergang zu einer Insulintherapie zum richtigen Zeitpunkt und der Zugang zu präventiven Therapien gewährleistet werden. „Wir stehen vor einem Neuanfang der Therapie des Typ-1-Diabetes“, schlussfolgerte die Referentin. „Damit viele Menschen und insbesondere Kinder von krankheitsverzögerten Therapien profitieren, sollte ein freiwilliges Screening auf Inselautoantikörper in der Regelversorgung angeboten werden.“ basierend auf: Ziegler A-G: T1DM Screening: Chancen und Optionen. Session: Typ-1-Diabetes Screening: Chancen, Nutzen, Risiken. 57. Kongress der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG), Berlin (Hybrid), 17.-20.05.2023

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