Ist die Dermato-Onkologie wirklich personalisiert?

Eine Therapie individuell auf jeden Menschen zuzuschneiden ist ausgesprochenes Ziel der personalisierten Medizin. Aber ist die Dermato-Onkologie hier schon angekommen? PD Dr. Christian Posch nahm dieses Thema auf eine etwas philosophischere Art und Weise unter die Lupe. Die personalisierte Krebsmedizin nutzt spezifische Informationen über den individuellen Tumor eines Patienten oder einer Patientin, um bei der Diagnosestellung zu helfen, die Therapie zu planen und herauszufinden, wie gut die Behandlung anschlägt. Mit dieser Definition begann PD Dr. Christian Posch, Klinik Hietzing in Wien, seinen Vortrag. Darin ging er weniger auf aktuelle Studienergebnisse ein und stellt vielmehr die Frage: Ist die Dermato-Onkologie wirklich personalisiert? Der Referent stellte die Hypothese in den Raum, dass die personalisierte Dermato-Onkologie für die meisten Menschen noch keine Realität ist – und das wird auch in der nahen und fernen Zukunft so bleiben. Denn: man sei unter anderem weit davon entfernt, die individuelle Erkrankung zu verstehen. Es gibt zwar Hinweise darauf, dass es Vorläufer gibt und sich ein Melanom schrittweise entwickelt. „Das ist aber noch ein großes Fragezeichen“, sagte der Referent, und ein Nävus ist sicherlich kein Melanom-Vorläufer. 60 % der Melanome entstehen de novo aus gesunder Haut und nur 30 % sind mit Nävi assoziiert. Wie es aber nun genau zur Melanomentstehung kommt, weiß man nicht, betonte PD Dr. Posch. Viele Fragen weiterhin ungeklärt Die gute Nachricht ist aber, dass man ein Melanom diagnostizieren und klassifizieren kann. Noch besser funktioniert die Klassifizierung nun dank der Sequenzierung, durch die Mutationen wie BRAF, NRAS und viele weitere detektiert werden können. Dennoch gleicht kein Melanom dem anderen. Um eine Therapie wirklich zu personalisieren, sollte man nicht nur eine Mutation wie BRAF betrachten, sondern muss auch die anderen „Bystander“-Alterationen ins Auge fassen. Insgesamt weiß man nur sehr wenig über die individuelle Melanom-Biologie Bescheid; und das gilt auch für den individuellen Betroffenen. Denn nicht nur jede Person sei unterschiedlich, vielmehr verändern sich Menschen über die Zeit. „In zehn Minuten sind Sie molekular gesehen eine andere Person“, so der Referent. Effektivität bedeutet nicht „personalisiert“ Das „Problem“ an klinischen Studien ist, dass man alle Patienten und Patientinnen einer Subgruppe in eine Kategorie steckt. Ein Beispiel ist das BRAF-mutierte Melanom: Es wird erwartet, dass diese Melanome ähnlich reagieren, doch das ist definitiv nicht der Fall. “Der Beweis einer Effektivität hat nur sehr wenig mit einer tatsächlichen Personalisierung zu tun”, betonte PD Dr. Posch. Der Referent nannte das Beispiel der adjuvanten Therapie. Anhand der Graphen aus klinischen Studien kann man beispielsweise ablesen, bei welchem Patient das Melanom zurückgekommen ist, wer von einer Therapie profitierte und wessen Erkrankung nicht rezidivierte. Das bedeute aber auch, dass viele Betroffene eine Behandlung erhalten, die sie gar nicht benötigen. Denn es sei nicht möglich, zu Beginn der Therapie zu sagen, ob die individuelle Person tatsächlich behandelt werden muss oder eine derjenigen ist, die auch ohne Adjuvanz auskommt – oder ob sie trotz Therapie ein Rezidiv erleidet. Die Dermato-Onkologie ist daher nicht im eigentlichen Sinne personalisiert. Möglich ist aber eine Präzisions-Dermato-Onkologie, da man Moleküle, die den größten Einfluss auf die Erkrankung haben, präzise adressieren könne. Das hat aber mit “Personalisierung” nur sehr wenig zu tun. Wenn man nun den Weg der personalisierten Medizin gehen wolle, müsse man die Medizin neu erfinden – Ansätze liefert die Systemmedizin, bei der versucht wird, Krankheiten durch die Integration großer Patientendatensätze zu verstehen und neue Taxonomien von Erkrankungen zu entwickeln. Zusammenfassend sei die personalisierte Dermato-Onkologie bisher ein Mythos – die Präzisions-Onkologie hingegen eine wundervolle Realität, schloss der Referent. basierend auf: "Personalized dermato-oncology: How far have we come? Session Melanoma" Vortrag von PD Dr. Christian Posch, Klinik Hietzing in Wien. Vom 31. EADV-Kongress (hybrid), 07.09. bis 10.09.22 in Mailand. Alle Berichte vom 31. 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