Biosimilars bleiben in der MS-Therapie die Ausnahme

Hohe Kosten in der MS-Therapie – Biosimilars könnten da Abhilfe schaffen. Viele Firmen trauen sich jedoch nicht an kostspielige eigene Entwicklungen, dafür ist der Markt noch zu dynamisch. Biosimilars drängen zunehmend auf den europäischen und auch den deutschen Markt. Soeben ist das Patent für Adalimumab abgelaufen, das mit 19 Milliarden Dollar pro Jahr weltweit umsatzstärkste Medikament überhaupt, und mehrere Mitbewerber stehen bereits in den Startlöchern. Weltweit sind Biosimilars mit einem Jahresumsatz von rund 3,5 Milliarden Euro aber noch immer von recht geringer Bedeutung, wenngleich in Deutschland bereits 29 solcher Biologika-Nachahmer zu haben sind. Empfehlung der Redaktion Highlights vom ECTRIMS-Kongress 2018 Das European Committee for Treatment and research in multiple sclerosis (ECTRIMS) traf sich zu seinem Kongress 2018 in Berlin. Themen waren u. a. frühe kognitive Probleme und Fatigue bei MS sowie die Effekte einer autologen Stammzelltransplantation als Erstbehandlung. Alle Berichte finden Sie gesammelt in unserem Kongressdossier. Gerade die MS-Therapie mit Jahreskosten zwischen 15.000 und 30.000 Euro böte eigentlich ein lukratives Feld für Nachahmerpräparate, zumal der Patenschutz bei mehr als der Hälfte der zur MS-Therapie verwendeten Biologika und nichtbiologischen komplexen Arzneimittel (NBCD) abgelaufen ist, erläuterte Dr. Ulrike Banning vom IQVIA-Institut in Frankfurt/Main. Bislang gebe es jedoch nur Nachahmer für Interferone und das NBCD Glatirameracetat, so die Expertin auf dem Kongress der europäischen MS-Gesellschaft ECTRIMS. Die Nachahmer würden jedoch nicht in allen Ländern vermarktet, auch sei die Marktdurchdringung oft gering. So entfielen in Deutschland nur rund 4% der Glatirameracetat-Verordnungen auf Biosimilars, in Norwegen hingegen 87%. Dort werden Ärzte infolge von Ausschreibungsverfahren angehalten, das Biosimilar zu verordnen. Solche Vorgaben ebenso wie Rabattverträge würden die Marktpenetration maßgeblich beeinflussen. Konkurrenz durch orale Therapeutika Doch in der MS-Therapie gibt es noch andere Probleme für Biosimilars: Obwohl etwa für den monoklonalen Antikörper Natalizumab das Patent schon seit vier Jahren abgelaufen ist, hat noch keine Firma ein Biosimilar auf den Markt gebracht – immerhin befinden sich mittlerweile welche in der Entwicklung. Als Gründe für die Zurückhaltung in der Branche nannte Banning die hohe Unsicherheit im MS-Markt: Derzeit werden viele neue Medikamente eingeführt und es lasse sich bislang kaum sagen, welche Marktanteile diese in Zukunft hätten – der MS-Markt befinde sich im Umbruch. Hinzu komme die Konkurrenz durch die nichtbiologischen oralen Therapeutika Teriflunomid, Dimethyfumarat und Fingolimod. Nach Ablauf von deren Patenten lassen sich klassische Generika weit günstiger herstellen – der Wirkstoff Dimethylfumarat für deutlich unter 10 Euro pro Kilo. Striktere Zulassungskriterien Dagegen ist nicht nur die Herstellung von Biosimilars weit aufwändiger als die klassischer Generika, auch unterliegen Biologika-Nachahmer einem strikteren Zulassungsverfahren, erläuterte Dr. Jeffrey Cohen vom MS-Zentrum der Cleveland Clinic. So genügt bei strukturidentischen Generika der Nachweis einer pharmazeutischen Äquivalenz – die Medikamente müssen in ähnlicher Reinheit und Dosierung angeboten werden – sowie einer Bioäquivalenz: Pharmakokinetik und -dynamik müssen übereinstimmen. Da Biosimilars als komplexe Moleküle mit dem Original strukturell nicht völlig identisch sein können und im Körper möglicherweise unterschiedlichen Modifikationen unterliegen, müssen zusätzlich in Studien mit einigen hundert Patienten auch ein vergleichbarer Nutzen und ein ähnliches Sicherheitsprofil nachgewiesen werden: Das Biosimilar wird also in einer Head-to-head-Studie gegen das Original getestet, was natürlich nicht gerade günstig ist. Ein Problem sind dabei auch geeignete sensitive Biomarker: Werden etwa Gadolinium-anreichernde Läsionen als primärer Endpunkt verwendet, benötigt eine solche Studie viel Zeit und viele Patienten, damit sich potenzielle Unterschiede aufspüren lassen. Cohen verwies auf die von ihm geleitete GATE*-Studie mit einem Glatirameracetat-Nachfolger: Die dreiarmige Untersuchung dauerte neun Monate, beteiligt waren knapp 800 Patienten. GATE: Glatiramer Acetate Clinical Trial to Assess Equivalence With Copaxone Quelle: 34th Congress of the European Committee for Treatment and Research in Multiple Sclerosis (ECTRIMS), Berlin, 10-12.10.2018. Hot Topic 3: Biosimilars and follow-ups.

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