Interstitielle Medikamenten-Nephritis: Vorsicht Langzeitschaden!

Absetzen reicht nicht immer. Wer beim arzneimittelinduzierten Nierenversagen die interstitielle Nephritis nicht im Blick hat, riskiert eine chronische Niereninsuffizienz. Letzte Klarheit verschafft nur die Biopsie. Arzneimittel können ein akutes Nierenversagen (ANV) verursachen, das ist kein Geheimnis. Wer die Niere ernst nimmt, kontrolliert den Kreatininwert und setzt das Medikament im Zweifel ab. Dass das nicht immer reicht, machten Professor Dr. Eckhart Büssemaker, Dialysezentrum Hamm, und Professor Dr. Frieder Keller von der Nephrologie am Uniklinikum Ulm bei der DGfN-Jahrestagung in Berlin deutlich. Denn neben dem toxischen, durch Tubulusschäden gekennzeichneten ANV gibt es auch immunologisch vermittelte, interstitielle Nierenschäden. Hier ist aktives Handeln indiziert. Klinische Symptome sind oft unspezifisch Das Problem ist häufig: „30 Prozent der Patienten, die nach akutem Nierenversagen entlassen werden, haben nach drei Jahren eine chronische Nierenerkrankung. Durch toxische Tubulusschäden lässt sich das nicht erklären, denn die Tubuli regenerieren“, so Keller. Die interstitielle Nephritis hingegen kann chronische Nierenschäden nach ANV gut erklären, denn sie führt langfristig zu einem fibrotischen Umbau der Nieren. Dies lässt sich zumindest bei einem Teil der ANV-Patienten verhindern, sofern die zusätzliche akute interstitielle Nephritis nicht übersehen wird. Klinisch falle bei den Patienten neben dem ANV eine immunologische Hypersensitivitätsreaktion auf, so Büssemaker. Die Lehrbuchtrias aus Fieber, Exanthem und Eosinophilie zeigen aber nur 10 bis 20 Prozent der Patienten. Mitunter kommt es einfach nur zu unspezifischen Arthralgien. Auch der Urin verrät nicht viel: Es finden sich Leukozyten, dazu eine meist geringgradige Proteinurie. „Letztlich braucht es zur Diagnostik die Nierenbiopsie“, betonte Büssemaker. Dort sind dann interstitielle Infiltrate mit Plasmazellen und Eosinophilen zu sehen, außerdem normale Glomeruli. Die Biopsie hilft im Zweifel auch bei der Abgrenzung zu einer Pyelonephritis. Hier sind - neben klinischen Symptomen wie Flankenschmerzen und Pollakisurie - die granulozytären Infiltrate wegweisend. Wann stechen und wann nicht? Die Gretchenfrage ist, bei welchen Patienten mit medikamenteninduziertem ANV die Biopsie gemacht werden sollte, und bei wem das Absetzen des Medikaments reicht. Keller empfahl, sich am Kreatininwert zu orientieren: „Wenn der Kreatininverlauf nach sieben Tagen nicht den Erwartungen entspricht, dann sollte biopsiert werden. Je länger gewartet wird, desto höher ist das Risiko, dass der Patient eine dialysepflichtige Niereninsuffizienz entwickelt.“ Auch ein kürzeres Zeitfenster schadet nicht. Büssemaker empfahl, sich innerhalb von fünf Tagen Klarheit zu verschaffen. Steht die Diagnose einer interstitiellen Nephtitis, wird mit Prednisolon 1 mg/kg über 14 Tage behandelt. Das Ausschleichen beginnt, wenn der Kreatinin-Wert einen Boden gefunden hat. Zum Remissionserhalt reichen 2,5-5 mg pro Tag für insgesamt zwei bis drei Monate. Wichtig ist natürlich auch, die auslösenden Faktoren zu beseitigen. Typische Medikamente, die eine akute interstitielle Nephritis zusätzlich zum ANV verursachen können, sind Cephalosporine und Penicilline, Furosemid und Thiazide, NSAR aller Art, außerdem unter anderem Allopurinol, Rifampicin, Cotrimoxazol und Omeprazol. Wurde das auslösende Agens identifiziert, ist es für den Rest des Lebens tabu: „Die Patienten dürfen nicht reexponiert werden, sonst kommt die Erkrankung wieder“, so Büssemaker.

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