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23.01.2023 | Kardiale Synkope | Nachrichten

Alkohol-getriggerte Prinzmetal-Angina

Die Ohnmacht nach dem Drink

verfasst von: Thomas Müller

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Auf den Genuss von reichlich Alkohol folgten Stunden später Bauchschmerzen, Benommenheit und Synkopen: Fallende Alkoholspiegel sorgten bei einem Patienten offenbar für ausgeprägte Koronarspasmen.

Der Patient trank nicht gerade wenig Alkohol – er gab seinen Konsum mit 250 Gramm pro Woche an, was knapp einem Liter Bier pro Tag entspricht. Damit sei er rund 20 Jahre gut klargekommen, doch in letzter Zeit vergällten ihm erhebliche Beschwerden die Lust am Trinken: Nicht selten folgten Stunden später Bauchschmerzen und Benommenheit, nach hohem Alkoholkonsum auch Synkopen. Diese traten 6 bis 20 Stunden nach dem letzten Tropfen Alkohol auf, berichtete der Patient Ärztinnen und Ärzten um Dr. Caifeng Fan von der Universitätsklinik in Luoyang in China. Die Beschwerden manifestierten sich also zu einem Zeitpunkt, zu dem der Alkohol weitgehend abgebaut war, und dauerten rund fünf bis zehn Minuten.

Das Problem plagte den Patienten schon seit zwei Jahren, war zuletzt aber schlimmer geworden, sodass er ärztliche Hilfe suchte, aufgrund der Bauschmerzen zunächst in der Gastroenterologie. Dort wurde man jedoch nicht fündig und schickte ihn zu den Kardiologen um Fan. Die Anamnese ergab eine Hypertonie, der Patient rauchte, die Troponin- und Kaliumwerte waren bei der Aufnahme unauffällig.

Ausgeprägter AV-Block sowie vorzeitige ventrikuläre Kontraktionen

Das Team um Fan veranlasste ein 12-Kanal-Holter-EKG und fand während einer Schmerzepisode einen ausgeprägten AV-Block sowie vorzeitige ventrikuläre Kontraktionen. Die ST-Segmente in den Ableitungen II, III sowie aVF waren um 4–6 mm erhöht, in den Ableitungen V2 bis V6 hingegen deutlich gesenkt. Hinzu kamen kurze Bursts ventrikulärer Tachykardien mit ST-Hebungen von 4–15 mm in den Ableitungen II, III, aVF sowie in V2 bis V6. In der folgenden Koronarangiografie zeigte sich nur eine leichte Stenose (10%) im Ramus interventricularis anterior.

Aufgrund dieser Befunde ging das Team um Fan von einer Prinzmetal-Angina aus, getriggert durch den recht hohen Alkoholkonsum des Patienten. Sie behandelten den Patienten mit dem Kalziumantagonisten Diltiazem, worauf die Bauchschmerzen weitgehend verschwanden, zudem begannen sie eine Therapie mit Atorvastatin, ASS und Clopidogrel. Der Patient hörte auf zu rauchen und zu trinken und ist seit nunmehr zwei Jahren beschwerdefrei.

Die Prinzmetal-Angina, benannt nach dem amerikanischen Kardiologen Myron Prinzmetal, ist eine Variante der Angina pectoris, welche durch Spasmen der Koronargefäße ausgelöst wird und zumeist im Ruhezustand auftritt. Typisch sind transiente ST-Hebungen im EKG. Auslöser für die Spasmen können Kälte, Koffein, emotionale Belastung und eben auch Alkohol sein, so die Ärztinnen und Ärzte um Fan. In ihrem Fall vermuten sie aufgrund der Latenz von mehreren Stunden nach dem Alkoholgenuss eine Art Entzugssyndrom der Herzkranzgefäße basierend auf einer endothelialen Dysfunktion, die sich der Patient über langjährigen Alkohol- und Tabakgenuss zugezogen hat. Erschwerend hinzu kommen könnte die in Asien verbreitete Aldehyd-Dehydrogenase-2-Defizienz. Letztlich sei der Pathomechanismus dieser Angina-Variante aber noch unklar.

Das Team um Fan weist darauf hin, dass diese Anginaform in der Regel zwar eine gute Prognose aufweise, aber auch maligne ventrikuläre Arrhythmien und Herzinfarkte auslösen könne. Daher sei es wichtig, die Trigger zu meiden.

 
 
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Literatur

Fan C et al. Recurrent Angina After Alcohol Consumption. JAMA Intern Med 2023; https://doi.org/10.1001/jamainternmed.2022.5411

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