Im Alltag der meisten Kardiologen spielt Hypnose keine Rolle. Vielleicht könnte sich das ändern: In einer randomisierten Studie haben Forscher die Methode bei Ablationseingriffen eingesetzt – und konnten die Schmerzen der Patienten damit beträchtlich lindern.
Ungewöhnlich, aber effektiv: Hypnose könnte als Schmerztherapie im Rahmen einer interventionellen Katheterablation eingesetzt werden. Zumindest hat sich die alternative Methode bei Patienten, deren Vorhofflattern via Radiofrequenzablation behandelt worden war, in Kombination mit einer Lokalanästhesie als wirksam erwiesen. Die Studie war randomisiert, die Hypnose wurde also gegen eine Placebo-Behandlung getestet.
Bisher spielt Hypnose in der Klinik keine große Rolle
Es ist nicht das erste Mal, dass Hypnose als schmerztherapeutisches Verfahren im Rahmen von medizinischen Eingriffen positive Ergebnisse erzielt hat. In eine randomisierten Studie von 2000 etwa ließen sich die Schmerzen von Patienten bei perkutanen vaskulären oder renalen Prozeduren durch eine Hypnose effektiv lindern.
„Trotzdem ist deren Einsatz in der klinischen Praxis nicht verbreitet“, erläutern die Autoren der neuen Studie um Dr. Rodrigue Garcia den Status Quo. Die übliche Schmerztherapie bei Katheterablationen ist eine Opioid-Analgesie. Diese hat laut der französischen Kardiologen jedoch den Nachteil, dass häufig hohe Dosen benötigt werden, um eine effektive Schmerzlinderung zu erreichen.
Opiod-Gebrauch deutlich geringer
Eine solche potenziell riskante Dosissteigerung könnte durch eine Hypnose vermeidbar sein. In der aktuellen Studie, an der insgesamt 113 Patienten teilnahmen, ließ sich der Morphin-Gebrauch durch die Methode signifikant senken: Während in der Placebo-Gruppe 93% der Patienten zusätzlich zur Lokalanästhesie Morphin benötigten, war das in der Hypnose-Gruppe nur bei 61% der Fall (p ˂ 0,001). Am Ende war die durchschnittliche Morphin-Dosis, die in der Placebo-Gruppe appliziert wurde, dreimal höher als die in der Hypnose-Gruppe (3,6 mg vs. 1,3 mg; p ˂ 0,001).
Und obwohl die Patienten aus der Hypnose-Gruppe im Mittel weniger Morphin erhalten haben, empfanden sie weniger Schmerzen als die Placebo-Gruppe (mittlerer Score in der Visuellen Analogskala [VAS]: 4,0 vs. 5,5 und Numerische Rating-Skala [NRS]: 1,7 vs. 3,6; jeweils p ˂ 0,001).
Hypnotherapeut spricht über Kopfhörer mit Patienten
Wie sah die Behandlung konkret aus? Alle Studienpatienten erhielten vor der Katheterbehandlung eine Lokalanästhesie an der Leiste mit Lidocain (200 mg).
Im Verlauf der Prozedur wurden die Schmerzen der Patienten alle fünf Minuten durch das Pflegepersonal dokumentiert. Bei starken Schmerzen (NRS-Score ≥ 5) erhielten die Patienten automatisch 1 mg Morphin intravenös. Bei Bedarf konnte eine zusätzliche Analgesie auf Wunsch der Patienten veranlasst werden.
In der Hypnose-Gruppe kommunizierte ein Hypnotherapeut während des Eingriffes über Kopfhörer mit den Patienten. Die Hypnosetherapie erfolgte nach Erickson in drei Phasen mit dem Ziel, einen tranceähnlichen Zustand zu erreichen. Falls die Patienten darauf nicht ansprachen (36%), versuchte es der Therapeut mit einer Gesprächshypnose.
In der Placebo-Gruppe erhielten die Patienten ebenfalls Kopfhörer, über welche ihnen Entspannungs-Klänge und weißes Rauschen übermittelt wurden, ohne die Patienten dabei in eine hypnotische Trance zu versetzen.
Weniger Opioid-bedingte Komplikationen
Die hypnotische Schmerztherapie hatte im Übrigen keine Auswirkungen auf die Dauer der Katheterablation. Erfreulich ist zudem, dass in der Hypnose-Gruppe keine Komplikationen auftraten, während in der Placebo-Gruppe sechs Patienten betroffen waren, bei vier von ihnen kam es bedingt durch die Morphin-Administration zu einer schweren Hypotension.
Die Hypnose könnte somit auch das Risiko für Opioid-bedingte Komplikationen verringern, indem sie den Morphin-Gebrauch senkt, stellen die Studienautoren einen weiteren möglichen Vorteil der Methode heraus. Ob das wirklich der Fall ist, müssen allerdings erst größere Studien zeigen.
„Einfach zu implementieren“
Ihre bisherigen Erfahrungen haben die französischen Kardiologen von der Praxistauglichkeit der alternativen Methode überzeugt: „Die Hypnose lässt sich einfach in das elektrophysiologische Labor implementieren“, schreiben sie in der Publikation. Und Hypnose ist offenbar schnell gelernt. In der Abteilung von Garcia und Kollegen mussten die beiden Pfleger dafür nur einen siebentägigen, von der französischen Hypnose-Gesellschaft organisierten Kurs absolvieren. Mittlerweile hätten sie den Einsatz der Methode in ihrer Abteilung schon auf andere Prozeduren ausgeweitet, berichten sie.