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02.08.2022 | Kardiologie | Nachrichten

Was bringt ein Langzeit-EKG beim Screening auf Vorhofflimmern?

verfasst von: Peter Overbeck

Wie erfolgreich ist die Suche nach subklinischem Vorhofflimmern mithilfe eines ambulanten Langzeit-EKGs? Ein Forscherteam hat jetzt versucht, das in einer Simulation auf der Grundlage von Schrittmacher-Daten herauszufinden.

Unerkanntes Vorhofflimmern birgt Risiken. Im schlimmsten Fall kann ein Schlaganfall die erste klinische Manifestation eines subklinischen Vorhofflimmerns sein. Inzwischen wird deshalb intensiv an der Entwicklung von Strategien zur Detektion von asymptomatischem Vorhofflimmern gearbeitet, um gegebenenfalls frühzeitig zur Vorbeugung von Schlaganfällen intervenieren zu können.

Für ein solches Screening könnte auch das ambulante Langzeit-EKG als Instrument geeignet sein. Eine Forschergruppe um Dr. William F. McIntyre von der McMaster University in Hamilton, Kanada, hat jetzt in einer Studie untersucht, wie groß wohl die diagnostische „Ausbeute“ eines kontinuierlichen 14-Tage-Langzeit-EKGs bei der Suche nach unerkanntem Vorhofflimmern sein würde.

Dazu hat die Gruppe die Funktion der Rhythmusaufzeichnung durch kardiale Implantate wie Herzschrittmacher oder ICD genutzt. Anhand der Daten des Gerätespeichers lässt sich unter anderem ermitteln, ob es zu atrialen Tachyarrhythmien gekommen ist.

Schrittmacher-Daten der ASSERT-Studie als Basis der Analyse

Für die aktuelle Post-hoc-Analyse hat die Gruppe um McIntyre Daten aus den Schrittmacher-Speichern von 2470 Teilnehmerinnen und Teilnehmern der ASSERT-Studie, deren Hauptergebnisse bereits 2012 publiziert wurden, herangezogen. Die an der Studie beteiligten Männer und Frauen waren über 65 Jahre alt. Sie hatten alle eine Hypertonie und zudem kurz zuvor erstmals einen Herzschrittmacher erhalten.

McIntyre und sein Team haben die Schrittmacher-Daten der ASSERT-Studie als Basis genutzt, um ein Screening der älteren Bevölkerung auf Vorhofflimmern mithilfe eines ambulanten 14-Tage-Langzeit-EKGs zu simulieren. Dazu wurden nach dem Zufallsprinzip in den ersten sechs Monaten nach Aufnahme in die Studie jeweils 14-Tage-Zeitfenster generiert und dann geschaut, ob in dieser Zeit atriale Tachyarrhythmien in den Schrittmacher-Speichern der Teilnehmer dokumentiert waren. Auch für das mit solchen Tachyarrhythmien assoziierte Schlaganfallrisiko interessierten sich die Untersucher.

Detektionsrate von rund 3% in 14 Tagen

Das Ergebnis: Im Schnitt wurden durch ein kontinuierliches ambulantes 14-Tage-EKG-Monitoring bei 3,1% aller Studienteilnehmer zuvor nicht bekannte atriale Tachyarrhythmien entdeckt, die den definierten Kriterien (Vorhoffrequenz von mehr als 190 Schlägen/Minute für die Dauer von mindestens sechs Minuten oder länger) entsprachen. Dieser Anteil war unabhängig vom Alter der Patienten sowie von ihrem CHA2DS2-VASc-Score als Maß für das Schlaganfallrisiko.

Subklinische atriale Arrhythmien mit erhöhtem Risiko assoziiert

In der Folgezeit nach Ablauf der ersten sechs Monate (im Median 2,4 Jahre) waren bei 44 Patienten ischämische Schlaganfälle oder systemische Embolien aufgetreten. Patienten mit klinisch „stummen“ Arrhythmie-Episoden im Langzeit-EKG hatten bezüglich dieser Ereignisse ein um den Faktor 3 höheres Risiko als Patienten ohne entsprechende Episoden. So betrug die Rate an Schlaganfällen oder systemischen Embolien in der Subgruppe mit einer „Arrhythmie-Last“ (AF burden) < 6 min 0,70% pro Jahr, in der Subgruppe mit detektierten Tachyarrhythmie-Episoden >6 min dagegen 2,18% pro Jahr (adjustierte Hazard Ratio: 3,02; 95% Konfidenzintervall: 1,39–6,56).

Ein absolutes Schlaganfall-Risiko von rund 2% pro Jahr ist nach Auffassung der Studienautoren hoch genug, um über eine orale Antikoagulation als Prophylaxe nachzudenken. Noch ist allerdings unklar, ob eine solche Behandlung bei Patienten mit per Screening detektiertem subklinischem Vorhofflimmern ebenso wirksam Schlaganfällen vorbeugt wie bei Patienten mit symptomatischem Vorhofflimmern. Studien zur Klärung dieser Frage laufen derzeit noch.

Experten halten Evidenz für nicht ausreichend

Die „United States Preventive Services Task Force“ (USPSTF), ein unabhängiges Panel von US-Experten, das regelmäßig die wissenschaftliche Datenlage bezüglich der Prävention von Erkrankungen beurteilt, hat jüngst in einem Statement Stellung zur Frage eines allgemeinen Screenings auf Vorhofflimmern bezogen. Trotz besserer Möglichkeiten der Arrhythmie-Detektion hält die USPSTF-Expertengruppe in der Anfang 2022 publizierten Stellungnahme an ihrer schon zuvor geäußerten Einschätzung fest, dass - diesmal bezogen auf asymptomatische Erwachsene im Alter über 50 Jahre - die „gegenwärtige Evidenz nicht ausreichend ist, um die Balance zwischen Nutzen und Schaden eines Screenings auf Vorhofflimmern beurteilen zu können“.

Literatur

McIntyre WF. et al. Estimated incidence of previously undetected atrial fibrillation on a 14-day continuous electrocardiographic monitor and associated risk of strok. EP Europace 2022; 7: 1058–64.

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