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Erschienen in: Die Kardiologie 1/2022

Open Access 13.01.2022 | Minimalinvasive Chirurgie | Übersichten

Moderne Therapieoptionen der Trikuspidalklappeninsuffizienz

Von den leitliniengerechten chirurgischen Reparatur- und interventionellen Segeltherapiestrategien zum interventionellen Trikuspidalklappenersatz

verfasst von: PD Dr. Michaela M. Hell, Prof. Dr. Hendrik Treede, Prof. Dr. Thomas Münzel, Dr. Ralph Stephan von Bardeleben

Erschienen in: Die Kardiologie | Ausgabe 1/2022

Zusammenfassung

Das fehlende Bewusstsein für die klinische Relevanz der Trikuspidalklappeninsuffizienz (TI) sowie die hohe intrahospitale Mortalität führten bis vor Kurzem zu einer späten Patientenvorstellung mit häufig bereits irreversibler rechtsventrikulärer Schädigung. Innovative Therapietechniken, neue Bildgebungstechniken und das bessere hämodynamische Verständnis des rechten Herzens revolutionierten in den letzten Jahren die Behandlungsmöglichkeiten der TI. Die vorliegende Arbeit diskutiert die Bedeutung der Rechtsherzfunktion für die Trikuspidalklappentherapie und stellt moderne interventionelle und minimal-invasive chirurgische Techniken vor. Zudem gibt sie einen Ausblick über die aktuelle Entwicklung der innovativen Transkatheter-Trikuspidalklappenersatz-Systeme.
Hinweise
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Abkürzungen
AV
Atrioventrikular
CT
Computertomographie
EROA
Effektive Regurgitationsöffnungsfläche
F
French
HLM
Herz-Lungen-Maschine
ICD
Implantierbarer Kardioverter/Defibrillator
ICR
Interkostalraum
MRT
Magnetresonanztomographie
PH
Pulmonale Hypertonie
RCA
Rechte Koronararterie
RV
Rechter Ventrikel/rechtsventrikulär
TAVI
Transcatheter aortic valve implantation
TEE
Transösophageale Echokardiographie
TEER
Transcatheter edge-to-edge repair
TI
Trikuspidalklappeninsuffizienz
TK
Trikuspidalklappe
VC
Vena contracta
Die Trikuspidalklappeninsuffizienz (TI) ist schweregradabhängig ein Prädiktor für schlechte klinische Verläufe und erhöhte Mortalität. Das fehlende Bewusstsein für die klinische Relevanz dieses Vitiums sowie die hohe perioperative Mortalität führten bis vor Kurzem zu einer späten Patientenvorstellung mit bereits irreversibler rechtsventrikulärer (RV) Schädigung. Innovative Therapien mittels Transkatheter- und minimal-invasiver chirurgischer Technik, neue Bildgebungstechniken und das bessere hämodynamische Verständnis des rechten Herzens mit einer frühzeitigen Patientenvorstellung revolutionierten in den letzten Jahren die Behandlungsmöglichkeiten bei TI.
Die TI ist die zweithäufigste Herzklappenerkrankung. Bei ca. 85 % der Patienten liegt eine funktionelle (oder sekundäre) TI vor, bei der es durch eine Dilatation der rechtsseitigen Herzhöhlen und des Trikuspidalklappenringes zu einer Beeinträchtigung der Segelkoaptation kommt. Sie ist in mehr als der Hälfte der Fälle eine Folge von Linksherzerkrankungen inklusive der Aorten- und Mitralklappenerkrankungen und in ca. 15 % einer pulmonalen Hypertonie (PH). Nur in seltenen Fällen liegt eine primäre TI vor. Die Rolle der ventrikulären Schrittmacher- und ICD(implantierbarer Kardioverter/Defibrillator)-Sonden wird derzeit neu und umfassender bewertet.

Eine komplexe Klappe

Ein Verständnis für die komplexe Trikuspidalklappenanatomie und die pathophysiologischen Veränderungen bei einer TI ist für die Diagnostik und Auswahl der optimalen Therapiestrategie unabdingbar. Die Trikuspidalklappe (TK) hat einen asymmetrischen sattelförmigen fibrösen Anulus, 3 Segel (anterior, posterior und septal) und einen subvalvulären Apparat, bestehend aus den Chordae tendinae und den Papillarmuskeln.
Bei einer funktionellen TI kommt es zu signifikanten Veränderungen in der Geometrie des TK-Apparates – das sind v. a. eine Abflachung und Dilatation des Anulus sowie ein „Tethering“ der Segel (vermehrte Zugspannung an den Klappensegeln aufgrund des Chordaezuges bei RV-Dilatation).
Die TK bildet eine funktionelle Einheit mit den rechten Herzhöhlen. Die spezielle Architektur des rechten Ventrikels mit den prominenten Trabekeln, Papillarmuskeln und dem Moderatorband und deren mögliche Interaktion mit einem Transkatheter-Implantationssystem müssen berücksichtigt werden.
Bei Eingriffen an der TK ist außerdem die enge anatomische Beziehung zur rechten Koronararterie (RCA, Verlauf entlang des anterioren und posterioren Anulus) und zu dem AV(atrioventrikular)-Knoten im Koch-Dreieck (begrenzt posterior durch die Einmündung des Sinus coronarius, anterior durch den Rand des septalen TK-Ringes und superior durch die Todaro-Sehne [Verlängerung der Eustachi-Klappe zum Trigonum fibrosum dextrum]) zu berücksichtigen.

Diagnostik

Die Echokardiographie ist die zentrale Bildgebungsmodalität bei der TI. Zur Schweregradbewertung der TI wurde als Erweiterung des 3‑Stufen-Modells (gering-, mittel- und hochgradig) ein 5‑Stufen-Modell vorgeschlagen (gering-, mittel-, hochgradig, massiv und „torrential“ (sintflutartig oder reißend)) [3]. Die Beurteilung der Segelmorphologie, die Vermessung des Koaptationsdefektes und die Lokalisation des Hauptinsuffizienzjets mittels transösophagealer Echokardiographie (TEE) in tief-ösophagealen und transgastrischen Schallfenstern sind notwendig, technisch geeignete Therapiekandidaten zu identifizieren. Ergänzend zur 2‑D-TEE bieten verschiedene 3‑D-TEE-Techniken eine bessere Visualisierung der komplexen Anatomie (Abb. 1a, b). Weiterhin erfolgt eine Beurteilung der rechtsseitigen Herzhöhlen, des pulmonalvaskulären Widerstands und des systolischen Pulmonalisdruckes.
Die Magnetresonanztomographie (MRT) ist der Goldstandard zur Bestimmung der RV-Volumina und Funktion, der jedoch aufgrund zu geringer Verfügbarkeit nicht routinemäßig zum Einsatz kommt. Die Computertomographie (CT) ist in der Prozedurplanung für eine Transkatheter-Anuloplastie und einen Transkatheter-TK-Ersatz essenzieller Teil der präinterventionellen Bildgebung [4]. Es können die Anulusebene und der Abstand zu angrenzenden Strukturen präzise vermessen, der Zugangsweg überprüft und die optimale fluoroskopische Projektionsebene für die Implantation vorhergesagt werden (Abb. 1c). Zudem können CT-Datensätze auch intraprozedural zur Fusionsbildgebung mit der Fluoroskopie oder TEE verwendet werden (Abb. 1d). Zur besseren räumlichen Visualisierung steht eine holographische Modellgenerierung der TK aus 3‑D-Echodaten zur Verfügung (Abb. 1e, f).

Therapie

Ein isolierter operativer Eingriff bei schwergradiger TI wurde in der Vergangenheit meist erst in einem späten Krankheitsstadium durchgeführt. Die intrahospitale Mortalität dieses Hochrisikoeingriffs lag mit ~10 % deutlich über der eines isolierten Aorten- oder Mitralklappeneingriffes. Daher werden noch viele Patienten gar nicht für eine operative Therapieoption evaluiert, sondern medikamentös-konservativ behandelt. Die diuretische Medikation kann zunächst zwar eine subjektive Besserung der symptomatischen rechtsführenden Herzinsuffizienz erreichen, die Erkrankung aber schreitet ungehindert fort.

Der richtige Zeitpunkt für die richtige Therapie

Neben der Auswahl des Therapieverfahrens ist die rechtzeitige Behandlung in Bezug auf die RV-Funktion für das Patientenoutcome von zentraler Bedeutung. Ein geringes pathophysiologisches Verständnis der auch gerne als „forgotten valve“ bezeichneten Herzklappe sowie fehlende echokardiographische Konzepte zur Aufarbeitung der hochkomplexen Klappe in der täglichen Praxis führten bis vor Kurzem zu einer späten Vorstellung der Patienten erst im Stadium der rezidivierenden stationären Dekompensation mit teilweise bereits irreversibler RV-Schädigung. Die Abb. 2 zeigt die verschiedenen Stadien der TI in Bezug auf die RV-Funktion.

Empfehlungen zur Therapie der sekundären Trikuspidalklappeninsuffizienz nach aktuellen Leitlinien

Aufgrund der hohen Mortalität bei einem herzchirurgischen Zweiteingriff zur isolierten Behandlung einer schwergradigen TI wird die chirurgische Mitbehandlung der TK-Pathologie bereits bei der primären linksseitigen Herzklappenoperation in den aktuellen europäischen Leitlinien zu Herzklappenerkrankungen von 2021 favorisiert (IC/IB-Empfehlung bei schwergradiger primärer/sekundärer TI, IIa C/IIa B-Empfehlung bei mittelgradiger primärer TI/leicht- oder mittelgradiger sekundärer TI mit vergrößertem Anulus >4 cm) [8]. Bei Fehlen einer schweren PH oder RV-Dysfunktion kann durchaus ein isolierter operativer Eingriff bei schwergradiger TI auch Jahre nach erfolgter linksseitiger Herzoperation zu einer deutlichen Verbesserung der Symptomatik und Prognose führen (IIa B-Empfehlung). Erstmals wird auch für das transkathetergestützte Reparaturverfahren eine IIb C-Empfehlung ausgesprochen.

Das Herzteam – Festlegung der optimalen Therapiestrategie

Für die isolierte Behandlungsstrategie der sekundären TI existieren bisher kaum klinische Standards. Dies liegt an dem noch unzureichend verstandenen Einfluss der RV-Funktion, dem optimalen Therapiezeitpunkt, fehlenden Langzeitdaten zu neuen Therapieverfahren und geeigneten klappenspezifischen Risikoscores.
Der fachlichen Diskussion der Befunde in einem für TI erfahrenen multidisziplinären Herzteam kommt daher eine zentrale Rolle bei der optimalen Therapiefestlegung zu. Neben den Parametern Alter, Gebrechlichkeit, Lebenserwartung, wichtige Komorbiditäten (Nierenfunktion, fixierte pulmonalarterielle Hypertonie) und Bildgebungsbefunden sollten auch der individuelle Patientenwunsch, die Langzeitperspektive für eine optimale Lebensqualität und Optionen eines evtl. notwendigen Folgeeingriffes in Betracht gezogen werden.
Die Toolbox der verfügbaren Transkatheter- und operativen Therapiemöglichkeiten ist in Abb. 3 zusammengefasst. Tab. 1 gibt einen Überblick über den Anspruch an moderne chirurgische und Transkatheter-TK(Trikuspidalklappe)-Therapien.

Minimal-invasive chirurgische Trikuspidalklappenrekonstruktion und -ersatz

Die hochgradige TI stellt die Hauptindikation für einen isolierten chirurgischen Eingriff an der TK dar. Handelt es sich um eine sekundäre TI, ist meist die Möglichkeit einer Klappenrekonstruktion gegeben. Bei primärer TI oder im seltenen Fall einer TK-Stenose muss dagegen auch ein bevorzugt biologischer prothetischer Klappenersatz in Betracht gezogen werden. Ziele der TK-Rekonstruktion sind die Wiederherstellung einer suffizienten Segelkoaptation, eine Reduktion des Anulusdiameters und eine Reduktion der RV-Nachlast. Wurden früher häufiger Nahttechniken (DeVega-Plastik, Kay-Plastik) zur Anuloplastie eingesetzt, haben sich aufgrund der besseren Langzeitdaten inzwischen Ringimplantationen mit 3‑D-geformten semirigiden und rigiden Anuloplastieringen durchgesetzt. Ziel ist die Wiederherstellung der physiologischen Geometrie der Klappe. Die Ringimplantate sind offen gestaltet, um das septal gelegene Koch-Dreick mit dem darin befindlichen AV-Knoten zu schonen. Die Auswahl der korrekten Ringgröße erfolgt durch Messung der Distanz von der anteroseptalen zur posteroseptalen Kommissur.
Wurden früher mediane Sternotomien und Operationen im kardioplegischen Herzstillstand durchgeführt, so haben sich heute in erfahrenen Zentren moderne minimal-invasive Verfahren und Operationen am schlagenden Herzen durchgesetzt.
Über einen 5 cm Hautschnitt erfolgen zunächst eine rechtslaterale Minithorakotomie im 4. ICR (Interkostalraum) und das Einbringen einer 3‑D-Endoskopiekamera (Abb. 4a, b). Die Operation findet nach Einbringen eines Weichgeweberetraktors vollendoskopisch ohne Rippenspreizung statt. Der Anschluss der Herz-Lungen-Maschine (HLM) erfolgt über die Kanülierung von A. und V. femoralis. Die Operation findet in Normothermie statt. Nach Anschlingen beider Vv. cavae wird der rechte Vorhof eröffnet und mithilfe eines Klappenretraktors die TK am schlagenden Herzen endoskopisch dargestellt. Zuvor muss ein persistierendes Foramen ovale ausgeschlossen werden wegen der Gefahr der Luftembolie. Das kontinuierlich aus dem Sinus coronarius abgeleitete Blut wird über einen Sauger wieder der HLM zugeführt. Das Arbeiten am schlagenden Herzen erlaubt dabei die sehr genaue Abgrenzung des Segelgewebes vom Anulusgewebe und hilft beim korrekten Setzen der Nähte (Abb. 4c, d). Eventuell operationsbedingte Konduktionsstörungen durch Beeinträchtigungen des AV-Knotens können zudem gleich erkannt und verhindert werden. Führt die Implantation eines Ringimplantats in der Wasserprobe (Prüfung der Klappenschlussfähigkeit durch Applikation von Kochsalzlösung) nicht zu einer ausreichenden Segelkoaptation, z. B. im Falle eines ausgeprägten Tetherings bei sekundärer TI, kann zusätzlich eine Segelaugmentation des anterioren oder septalen Segels durch einen autologen oder xenogenen Perikardpatch erfolgen. Bei einer primären TI mit Segelprolaps oder „flail leaflet“ können künstliche Sehnenfäden implantiert werden. Diese Eingriffe erfordern klappenspezifische Erfahrungen in der Längenbestimmung der Chordae, da die Volumen- und Größenvarianz des rechten Herzens hoch ist. Besteht keine Möglichkeit der Reparatur (z. B. Karzinoidsyndrom, Endokarditis), kann über denselben Zugang auch ein biologischer Klappenersatz erfolgen. Nach Entlüftung und Verschluss des rechten Vorhofs wird unter echokardiographischer Kontrolle der systolischen Funktion beider Ventrikel die HLM zurückgefahren und bei stabiler Hämodynamik entfernt. Liegt bei chronischer Rechtsherzbelastung noch eine Instabilität vor, werden die femoral platzierten Kanülen an ein extrakorporales Membranoxygenierungsgerät angeschlossen, und ein kontrolliert prolongierter Weaning-Prozess wird gestartet.

Transkatheterreparatur – Benefit und Limitationen

Der häufigste Transkatheter-TK-Eingriff ist die transvenöse, transfemorale Edge-to-Edge-Reparatur der Segel („transcatheter edge-to-edge repair“ [TEER]), bei dem das TriClip-Generation-3- oder -4-System mit XT(W)/NT(W) (Abbott, Chicago, IL, USA) oder Pascal/Pascal Ace Device (Edwards Lifesciences, Irvine, CA, USA) an den TK-Segeln fixiert wird. Die Multicenterstudien TRILUMINATE und die randomisierte TRILUMINATE Pivotal-Studie (TriClip G3 und G4) und CLASP EFS sowie die CLASP II TR (PASCAL und PASCAL Ace) zeigen vielversprechende Erfolge in der signifikanten Reduktion bei moderaten und schwergradigen Insuffizienzen, jedoch ist der Therapieansatz bei Vorliegen schwerster Insuffizienzen (TI Grad 4/5 oder 5/5) und größerer Koaptationslücken zunehmend weniger effektiv [5, 6]. Bei sehr großen Koaptationsdefekten (≥8,4 mm) oder bei einem sehr starkem Tethering ist dieses Verfahren technisch nur eingeschränkt oder nicht geeignet [7].
Ein weiteres Reparaturverfahren ist die dem chirurgischen Vorgehen angelehnte interventionelle Anuloplastie (Cardioband, Edwards Lifesciences, Irvine, CA, USA), die bei reiner Anulusdilatation solitär oder bei kombinierten Pathologien als COMBO- oder Hybrideingriff mit TEER durchgeführt werden kann. Limitationen dieses Verfahrens sind die Prozedurdauer und der Kontrastmitteleinsatz bei CT und die prozeduralen wiederholten Darstellungen der benachbarten RCA zur Vermeidung von peri- und postprozeduralen Ischämien.

Die Revolution: Transkatheter-Trikuspidalklappenersatz – Wo liegen die Herausforderungen?

Neue Hoffnung für schwerkranke Patienten mit hochgradiger TI und einem starken Tethering der Segel mit relevanten Erfolgseinschränkungen für TK-TEER oder Anuloplastie gibt die aktuelle Entwicklung der Transkatheter-TK-Ersatzsysteme. Im Vergleich zur etablierten TAVI („transcatheter aortic valve implantation“) in Aortenklappenposition erfordern die variablen anatomischen Verhältnisse der TK eine deutlich aufwendigere Eingriffsplanung.
Die besonderen technischen Herausforderungen der TK sind:
  • größte Herzklappe mit hochvariablen Ringdiametern von 30–65 mm,
  • sehr komplexe 3‑D-Anatomie,
  • asymmetrischer, variabel sattelförmiger Anulus mit ellipsoider Ringstruktur,
  • das Gewebe des TK-Anulus ist im Vergleich zu den linksseitigen Klappen weniger stark fibrös und steif und bietet somit weniger Halt bei der Implantation,
  • starke Deformierungsdynamik des Anulus mit hoher Größenvarianz in Systole und Diastole,
  • keine Verkalkung im Bereich der Prothesenlandezone,
  • anteroseptale Beziehung des TK-Anulus und Koch-Dreieck mit dem AV-Knoten, die zu hämodynamisch relevanten Pausen bis AV-Block III führen kann,
  • langsamer Blutfluss und niedriger Segelöffnungs- und -schließungsdruck mit Gefahr der Thrombosierung.
Die besonderen Vorteile der TK, die zu einer Entwicklungspräferenz interventioneller Klappenersatzsysteme führen, sind:
  • fehlende Obstruktionsmöglichkeit des rechtsventrikulären Ausflusstraktes,
  • einfacher großvolumiger Zugang über Femoralvenen, V. cava und rechtes Atrium,
  • niedrige Druckverhältnisse, die das Risiko der Embolisation oder Migration der Klappe verringern,
  • geringe Hämolysegefahr bei paravalvulären Lecks,
  • Platz für Klappengrößen jenseits von 29 mm, die niedrige Gradienten ermöglichen und auch eine Valve-in-Valve-Folgebehandlung begünstigen.

Transkatheter-Trikuspidalklappenersatz – innovative Devicesysteme

Von den bisher entwickelten Transkatheter-TK-Ersatz-Systemen haben es nur wenige zu „First-in-man“-Implantationen geschafft. Bei allen Systemen handelt es sich um selbstexpandierende Prothesen, die sich aber hinsichtlich Form und Verankerungsmechanismus relevant unterscheiden.
Die erste größere Compassionate-use-Serie von 30 Patienten des GATE-Systems (NaviGate Cardiac Structures, Inc., Lake Forest, CA, USA) wurde 2020 berichtet [2]. Das Implantationssystem wird über einen 42 French (F) großen transjugulären oder meist direkten rechtsatrialen Zugang implantiert. Im Vergleich dazu benötigt eine TEER einen 22- bis 25-F- und eine TAVI nur einen 14- bis 16-F-Zugang. Wenn auch etwas weniger invasiv als ein traditionell chirurgischer Ansatz, zeigten sich aufgrund der großen Schleusengröße und des rigiden Steuerungssystems relevante Blutungskomplikationen (87 % technischer Erfolg, 83 % rechtsatrialer Zugang, 13 % Blutungskomplikationen, 7 % intraprozedurale chirurgische Konversion, 10 % intrahospitale Mortalität).
Für das neuere EVOQUE Tricuspid Valve Replacement-System (Edwards Lifesciences, Irvine, CA, USA) wurde kürzlich die erste weltweite Compassionate-use-Serie von 25 Patienten berichtet [1]. Dieses System wird im Vergleich zum GATE-System über einen transvenösen, transfemoralen und signifikant kleineren 28-F-Zugang appliziert. Die Prothese (Größen 44, 48 und 52 mm) verfügt über 9 Anker, die sich von ventrikulär in den Klappensegeln fixieren. Für das berichtete Hochrisikokollektiv (mittlerer STS-Score 9 %) konnte eine hohe technische Erfolgsrate mit signifikanter klinischer Besserung gezeigt werden. Es gab keinen Fall einer intraprozeduralen chirurgischen Konversion, die 30-Tage-Sterblichkeit lag bei 0 %, und die Komplikationsrate war gering (8 % Blutungen, 12 % Schrittmacherpflicht, 4 % Dialysepflicht). Eine randomisierte Multicenterstudie (TRISCEND II, NCT04482062) zur Evaluation der Sicherheit und Performance des EVOQUE-Systems mit geplanten 775 Patienten wurde kürzlich gestartet. Sie stellt die erste randomisierte Klappenersatzuntersuchung gegen eine medikamentöse Therapie dar.
Das Intrepid-System (Medtronic, Minneapolis, MN, USA) ist für den Transkatheter-Mitral- und TK-Ersatz geeignet. Die Prothese besteht aus einem äußeren, an den Anulus formanpassungsfähigen Stent (42, 48 und 52 mm), in den ein innerer zirkulärer Stent aufgehängt ist und die trikuspide 27-mm-Klappe umschließt. Die Implantation erfolgt über einen transvenösen, transfemoralen 35-F-Zugang. Eine klinische Studie mit geplanten 15 Patienten wurde im Oktober 2020 gestartet (TTVR Early Feasibility Study, NCT04433065). Die neueste Version des Zuführungssystems konnte auf 29 F transvenös verkleinert werden, was den Leistenzugang venös noch attraktiver macht.
Neben den genannten Prothesen sind noch weitere Modelle in der Entwicklung (u. a. Topaz, TRiCares GmbH, Aschheim, Deutschland, LuX-Valve, Jenscare Biotechnology, Ningbo, China, VDYNEe, VDYNE LCC, Maple Grove, MN, USA, Trisol, Trisol Medical, Yokneam, Israel).
Bei an der TK voroperierten Patienten kann eine ballonexpandierende Prothese (Edwards Sapien 3, Edwards Lifesciences, Irvine, CA, USA oder Medtronic Melody, Medtronic, Minneapolis, MN, USA) in die vorimplantierte chirurgische Klappenprothese oder den Ring eingebracht werden.
Neben dem orthotopen Transkatheter-TK-Ersatz stellt die heterotope Implantation von Klappenprothesen in die Hohlvenen (Sapien, Edwards Lifesciences, Irvine, CA, USA, TricValve, P&F Products and Features GmbH, Wien, Österreich, Tricento, Medira, Balingen, Deutschland) einen anderen Therapieansatz dar. Die eigentliche TK-Pathologie wird aber hierbei nicht adressiert, und das Verfahren dient v. a. der palliativen Symptomreduktion und Druckminderung im venös abdominellen und Beingefäßbett.
Tab. 1
Anspruch an chirurgische und Transkatheter-TK(Trikuspidalklappe)-Therapien
Chirurgische TK-Therapie
Transkatheter-TK-Therapie
Geringstmögliche Invasivität
Laterale Minithorakotomie
Femoraler venöser Zugangsweg
„Beating heart“
Frühe Entlassung (nach 2 Tagen bei TEER)
Frühe Extubation im Operationssaal
Frühe Mobilisation
Keine/geringe Komplikationen
Keine residuelle Insuffizienz
Keine (Ersatz) oder nur geringfügige (Rekonstruktion) residuelle Insuffizienz
Geringe operative Komplikationen
Kein Gradient
Keine Zugangswegkomplikationen
Optimales Outcome
Keine rezidivierende Insuffizienz
Keine rezidivierende Insuffizienz
Ringdesign, das spätere Valve-in-Valve-Prozedur ermöglicht
Positives Remodeling bei hoher Sicherheit
Symptom- und Überlebensverbesserung
TEER „transcatheter edge-to-edge repair“

Fazit für die Praxis

  • Neben dem Schweregrad der Trikuspidalklappeninsuffizienz (TI) müssen die RV(rechter Ventrikel)-Funktion und der Lungendruck/-widerstand bei jeder Vorstellung mit beurteilt werden.
  • Entscheidend sind der Progress der Erkrankung und somit der Zeitpunkt der Umstellung einer medikamentösen auf eine interventionelle Therapie: Patienten müssen rechtzeitig in einem spezialisierten Zentrum für die weitere Therapieevaluation vorgestellt werden, bevor es zur irreversiblen RV-Schädigung kommt.
  • Neue Therapieoptionen (minimal-invasive Operation, Transkatheter-TK[Trikuspidalklappe]-Reparatur/-Ersatz) erlauben in naher Zukunft einen patientenindividualisierten Therapieansatz mit dem Ziel einer klinisch symptomatischen und auch prognostischen Verbesserung.
  • Die stetige Verbesserung der multimodalen Bildgebungstools trägt entscheidend zu einem optimalen Prozedurergebnis bei.

Einhaltung ethischer Richtlinien

Interessenkonflikt

R.S. von Bardeleben ist unbezahlter Principal Investigator und Mitglied von ECA für internationale Klappenstudien von Abbott, Edwards Lifesciences. Er erhält Vortragshonorare und ist im Advisory Board für Klappenentwicklungen der genannten Firmen. M.M. Hell, H. Treede und T. Münzel geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Für diesen Beitrag wurden von den Autoren keine Studien an Menschen oder Tieren durchgeführt. Für die aufgeführten Studien gelten die jeweils dort angegebenen ethischen Richtlinien.
Open Access Dieser Artikel wird unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz veröffentlicht, welche die Nutzung, Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung und Wiedergabe in jeglichem Medium und Format erlaubt, sofern Sie den/die ursprünglichen Autor(en) und die Quelle ordnungsgemäß nennen, einen Link zur Creative Commons Lizenz beifügen und angeben, ob Änderungen vorgenommen wurden.
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Zurück zum Zitat Fam NP, von Bardeleben RS, Hensey M et al (2021) Transfemoral transcatheter tricuspid valve replacement with the EVOQUE system: a multicenter, observational, first-in-human experience. JACC Cardiovasc Interv 14:501–511CrossRef Fam NP, von Bardeleben RS, Hensey M et al (2021) Transfemoral transcatheter tricuspid valve replacement with the EVOQUE system: a multicenter, observational, first-in-human experience. JACC Cardiovasc Interv 14:501–511CrossRef
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Metadaten
Titel
Moderne Therapieoptionen der Trikuspidalklappeninsuffizienz
Von den leitliniengerechten chirurgischen Reparatur- und interventionellen Segeltherapiestrategien zum interventionellen Trikuspidalklappenersatz
verfasst von
PD Dr. Michaela M. Hell
Prof. Dr. Hendrik Treede
Prof. Dr. Thomas Münzel
Dr. Ralph Stephan von Bardeleben
Publikationsdatum
13.01.2022
Verlag
Springer Medizin
Erschienen in
Die Kardiologie / Ausgabe 1/2022
Print ISSN: 2731-7129
Elektronische ISSN: 2731-7137
DOI
https://doi.org/10.1007/s12181-021-00523-3

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