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2022 | Buch

Neurodegeneration – 35 Fallbeispiele aus der Praxis

herausgegeben von: Dr. med. Anne-Sophie Biesalski, Prof. Dr. med. Lars Tönges

Verlag: Springer Berlin Heidelberg

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Über dieses Buch

​Dieses Buch bietet 35 klinische Kasuistiken, die unterschiedliche Symptomatiken, Patientengruppen und Verläufe bei neurodegenerativen Erkrankungen darstellen. Eine Erkrankungsgruppe, die sich sehr heterogen präsentiert und in Diagnose und Therapie gerade für den Anfänger in der neurologischen Weiterbildung komplexe Fallstricke bereithalten kann. Die Fälle sind klar und einheitlich gegliedert. Relevante Informationen zu einer Erkrankung wurden komprimiert zusammengefasst, ergänzt durch Hinweise auf hilfreiche Zusatzthemen wie den Umgang mit Erkrankten oder Tipps zur Diagnose- und Prognosevermittlung. Die Fallgeschichten werden leitliniengerecht besprochen und orientieren sich an etablierten SOPs (Standard Operating Procedures) der Neurologie. Vertiefende Multiple-Choice-Fragen zum Selbstlernen sind über die Springer Flashcards-App zugänglich und regen zum klinischen Nach- und Mitdenken an.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter

Parkinson-Syndrome und Differentialdiagnosen

Frontmatter
Kapitel 1. Gangstörung und Muskelschmerzen
Zusammenfassung
Das idiopathische Parkinson-Syndrom (IPS) ist die zweithäufigste neurodegenerative Erkrankung und nimmt weltweit stark zu. Es handelt sich um ein asymmetrisches, armbetontes, doparesponsives akinetisch-rigides Syndrom mit Bradykinese, Rigor und Ruhetremor. Insbesondere nicht-motorische Symptome wie z. B. Depression beeinträchtigen Personen mit IPS besonders stark in ihrer Lebensqualität und treten teilweise 20 Jahre vor motorischen Symptomen auf. Die Diagnose wird klinisch gestellt. Therapeutisch steht eine Dopaminsubstitution im Vordergrund und sollte durch Physio- und Ergotherapie sowie Logopädie und sportliche Aktivität ergänzt werden.
Raphael Scherbaum, Lars Tönges
Kapitel 2. Motorische Komplikationen, Demenz und Psychose
Zusammenfassung
Die progressive nigrostriatale Degeneration mit konsekutivem Verlust der dopaminergen Speicherkapazität und die zusätzlich gestörte Magenmotilität führen im Laufe der Parkinson-Erkrankung zu einem unzuverlässigen Ansprechen und einer verringerten Bioverfügbarkeit von Levodopa. Im fortgeschrittenen Erkrankungsstadium erfahren die Patienten motorische Fluktuationen wie wearing-off bzw. end-of-dose-Akinesie oder Dyskinesien. Die Therapiestrategie zielt auf eine möglichst kontinuierliche Dopamin-Rezeptor-Stimulation durch Dosis-Fragmentierung und Einsatz von Retardformulierungen ab. Weitere, insbesondere axiale, motorische Komplikationen wie posturale Instabilität, Dysphagie und Dysarthrie sprechen kaum auf dopaminerge Medikamente an. Nichtmotorische Symptome wie autonome Dysfunktion, Depression, Psychose, Demenz und Schlafstörung nehmen im Krankheitsverlauf an Ausmaß und Komplexität zu, deren genaue Erfassung für eine indivuell ausgerichtete Behandlung umso wichtiger erscheint.
Eun Hae Kwon
Kapitel 3. Synkopen und Blasenfunktionsstörung
Zusammenfassung
Frau Zerr stellt sich in Begleitung ihrer Tochter vor. Im letzten Jahr sei das Laufen immer schlechter geworden. Dazu komme, dass ihr beim Laufen schwindelig und auch schwarz vor den Augen werde. Sie sei daher schon mehrfach ohnmächtig geworden und gestürzt. Auf Nachfrage berichtet Frau Zerr, dass sie Probleme damit habe den Urin zu halten und neuerdings Inkontinenzvorlagen trage. Dies habe sie auf ihr Alter zurückgeführt. Die Multisystematrophie (MSA) ist eine neurodegenerative Erkrankung aus dem Kreis der atypischen Parkinsonsyndrome. Insbesondere bei ausgeprägten vegetativen Begleitsymptomen, bei cerebellärer Symptomatik und bei schlechtem Ansprechen auf eine dopaminerge Therapie ist die MSA eine wichtige Differentialdiagnose zum idiopathischen Parkinsonsyndrom.
Ann-Kathrin Kogel
Kapitel 4. Asymmetrisches Parkinson-Syndrom, posturale Instabilität und subtile Augenbewegungsstörung
Zusammenfassung
Die progressive supranukleäre Blickparese umfasst ausgehend von einer neuropathologisch klar definitierten Entität einer 4-Repeat-Tauopathie ein mannigfaltiges klinisches Spektrum. Neben der namengebenden vertikalen Blickparese und frühen posturalen Instabilität kann sich die Erkrankung u. a. durch Merkmale eines Parkinson-Syndroms, einer frontotemporalen Demenz oder eines kortikobasalen Syndroms manifestieren. In den revidierten PSP-Diagnosekriterien sind die variablen klinischen Phänotypen berücksichtigt mit dem Ziel, die verschiedenen PSP-Varianten möglichst im frühen Erkrankungsstadium im Hinblick auf die Entwicklung krankheitsmodifzierender Therapien zu erfassen. Die bisherigen Therapiestrategien sind multidisziplinär, supportiv und symptomatisch ausgerichtet.
Eun Hae Kwon
Kapitel 5. Der fremde rechte Arm
Zusammenfassung
Ein 70-jähriger Patient bietet eine rasch progrediente Gangstörung mit Steifigkeits- und Fremdheitsgefühl im rechten Arm. Klinisch zeigt sich eine dystone Fehlstellung mit Feinmotorikstörung der rechten Hand sowie ein Reflexmyoklonus. Die rigorartige Tonuserhöhung weist auf ein extrapyramidal-motorisches Syndrom hin, das Fremdheitsgefühl des rechten Armes lässt an ein Alien-Limb Phänomen denken, das oft bei einem kortikobasalen Syndrom zu finden ist. Das kortikobasale Syndrom (CBS) ist eine klinische Diagnose, die durch ein asymmetrisch hypokinetisch-rigides Syndrom sowie Apraxie, Dystonie, Myoklonus, Alien-Limb-Phänomen und Demenz gekennzeichnet ist. Dem CBS kann u. a. eine kortikobasale Degeneration, eine neurodegenerative Erkrankung aus der Gruppe der Tauopathien, zugrunde liegen. Therapeutisch erfolgen Versuche mit L-Dopa, sowie Physio-, Ergotherapie und Logopädie. Die Erkrankung schreitet üblicherweise fort und führt zu schwerer Apraxie und Immobilität innerhalb von 5–7 Jahren.
Simon Faissner
Kapitel 6. Progrediente Gangstörung und Sturzneigung
Zusammenfassung
Das vaskuläre Parkinsonsyndrom umfasst das klinische Bild eines Parkinsonsyndroms mit dem bildmorphologischen Nachweis vaskulärer Läsionen des Cerebrums. Klinisch zeigt sich ein Parkinsonsyndrom mit Betonung der unteren Extremität und frontaler Gangstörung. Im Verlauf können eine Dranginkontinenz und eine Demenz hinzutreten. Die Pathogenese ist unklar. Aktuell steht keine suffiziente Therapie zur Verfügung, das Ansprechen auf Dopaminergika ist häufig nicht zufriedenstellend. Der Krankheitsverlauf ist unterschiedlich, in der Regel besteht ein progredienter Verlauf.
Marius Sebastian Kraus
Kapitel 7. Permanentes Zittern
Zusammenfassung
Der essentielle Tremor (ET) ist eine der häufigsten Bewegungsstörungen mit einer geschätzten weltweiten Prävalenz von ca. 1 %. Das klassische Manifestationsalter liegt um das 40. Lebensjahr. Die Ursachen sind gegenwärtig nicht geklärt, es bestehen Hinweise auf eine Vererbung. Pathogenetisch wird aktuell primär von einer Neurodegeneration im Kleinhirn mit besonderer Beteiligung der Purkinjezellen ausgegangen. Der klassische ET zeigt einen bilateralen, symmetrischen Haltetremor der Arme ohne weitere neurologische Auffälligkeiten über mindestens drei Jahre. Andere Körperregionen wie der Kopf, die Stimme oder die unteren Extremitäten können betroffen sein. Zur Symptomlinderung wird als First-Line-Therapie Propranolol oder Primidon eingesetzt. Bei Therapieversagen stellt Topiramat eine mögliche Alternative dar. Bei fehlendem Ansprechen auf eine medikamentöse Therapie stellen chirurgische Verfahren wie die tiefe Hirnstimulation oder die Radiofrequenz-Ablation bzw. Ultraschall-Thalamotomie eine mögliche Therapieeskalation dar.
Daniel Richter
Kapitel 8. Unruhige Nächte
Zusammenfassung
Beim Restless-Legs-Syndrom (RLS ) handelt es sich um eine häufige Erkrankung, die sowohl primär bzw. idiopathisch, als auch als sekundär, im Rahmen anderer Grunderkrankungen auftreten kann. Das RLS zeigt sich in sehr unterschiedlichen Schweregraden. Bei zum Teil sehr hohem Leidensdruck der Betroffenen und damit verbundener Belastung und Risiko für Folgeerkrankungen sollte bereits frühzeitig eine ausführliche Abklärung erfolgen, um mögliche kausale Faktoren behandeln zu können. Die Diagnose wird anhand klinischer Kriterien gestellt und kann durch apparative Diagnostik unterstützt werden. Eine Behandlung erfolgt primär mit dopaminergen Medikamenten. Hier sollte darauf geachtet werden die Dosierungen möglichst niedrig zu halten, um der häufigen Nebenwirkung Augmentation, d. h. ein Verstärken der Symptomatik trotz höherer Dosierungen, vorzubeugen.
Miriam Fels
Kapitel 9. Wechselspiel der Beweglichkeit
Zusammenfassung
Bei ca. 40 % der Parkinson Patienten kommt es nach ca. 5 Jahren dopaminerger Therapie zu Wirkungsfluktuationen der motorischen Funktionen. Dazu gehören hypokinetische und hyperkinetische Phänomene. Die Einteilung motorischer Phänomene orientiert sich am zeitlichen Bezug zur Medikamenteneinnahme. Steifigkeitsphasen werden als Off-Phasen bezeichnet, Phasen ausreichender Mobilität werden als On-Phasen bezeichnet. Neben den on–off Phasen treten unwillkürliche Bewegungen in Form von Dyskinesien auf, die ebenfalls nach ihrem zeitlichen Bezug zur Einnahme des L-Dopa klassifiziert werden.
In dem folgenden Bericht wird ein Patient mit einer langjährigen Parkinson-Krankheit und dem Auftreten von On-Off-Symptomatik, Freezing-Phänomen sowie Start-Hesitation beschrieben. Ausgehend vom klinischen Fall werden die möglichen Therapien und die Indikation zur Dopamin-Pumpentherapie mittels PEG-Anlage mit jejunalem Schenkel kurz diskutiert.
Maria Angela Samis Zella, Dirk Woitalla
Kapitel 10. Nächtliche Gestalten im Schlafzimmer
Zusammenfassung
Das Risiko psychotischer Symptome ist unter einer dopaminergen Therapie deutlich erhöht. Insbesondere eine Behandlung mit Dopaminagonisten gilt als Risikofaktor für die Entwicklung paranoid-halluzinatorischer Symptome. Klinisch ist die Abgrenzung einer organischen Halluzinose von einer deliranten Symptomatik häufig schwierig. Letztere zeichnet sich durch das Vorliegen einer Bewusstseinsstörung aus.
Diagnostisch hat insbesondere die Erhebung einer Fremdanamnese einen hohen Stellenwert. In der Therapie gilt es Risikofaktoren zu minimieren und Begleiterkrankungen konsequent zu behandeln. Die Anpassung einer dopaminergen Medikation sollte unter stetiger klinischer Kontrolle erfolgen um eine motorische Verschlechterung zu vermeiden. Symptomatisch kann mit Clozapin oder ggf. mit Quetiapin behandelt werden.
Felix Diederichs, Tobias Schreckenbach
Kapitel 11. Zunehmende Schulschwierigkeiten, Verschlechterung des Schriftbildes und impulsives Verhalten
Zusammenfassung
Der Morbus Wilson ist eine autosomal-rezessiv vererbte Multisystemerkrankung mit klinisch im Vordergrund stehend hepatischen oder neurologischen oder psychiatrischen Symptomen. Eine gestörte Kupferclearance führt zu einem Überschuss und einer Ablagerung von Kupfer in Zellen und somit deren Schädigung. Genetisch liegt eine pathogene Variante im ATP7B-Gen zugrunde, was zu einem fehlerhaften P-Typ-ATPase-Enzym führt, welches für den Kupfertransport aus der Zelle verantwortlich ist. Obschon ein Organsystem i. allg. die Klinik bestimmt, können andere Organe, auch außerhalb den o. g. 3 häufigsten, geschädigt sein und zu Symptomen führen. Die Klinik ist oftmals schleichend durch das über Jahre akkumulierte Kupfer, aber auch foudroyante Verläufe (häufiger hepatischer Genese) sind bekannt. Es existieren unterschiedliche Medikamente (Kupfer-Komplex- oder Chelat-Bildner), die über eine Reduktion des toxischen Kupfers wirken.
Charlotte Thiels
Kapitel 12. Epilepsie, rigorös-dystone Bewegungsstörung und Tremor mit Verlust der Mobilität
Zusammenfassung
Vor ca. 13 Jahren habe der bei Aufnahme komplett bettlägerige 61jährige Patient einen zunehmenden Tremor der linken Hand entwickelt. Unter Annahme eines essenziellen Tremors sei er zunächst mit Propranolol behandelt worden, was initial auch zu einer Besserung geführt habe. Im Verlauf sei es zu einem beidseitigen Tremor der Hände gekommen. Seit 6 Jahren habe er zudem eine langsam zunehmende rechtsbetonte dystone Beugefehlstellung der Finger und eine Schwäche zunächst im linken Arm, dann beidseits, entwickelt. Schließlich sei es zu einer weiteren Verschlechterung der körperlichen Konstitution und einer Gangstörung gekommen, was im letzten Jahr dann zum Verlust der Gehfähigkeit mit kompletter Immobilität geführt habe. Zudem habe er einen Schiefhals nach rechts entwickelt, sodass eine aktive Kopfhebung nicht mehr möglich sei. Mehrere medikamentöse Behandlungsversuche, u. a. mit Trihexyphenidyl und Levodopa, seien bislang ohne Effekt geblieben. Eine seit mehr als 40 Jahren bestehende idiopathische Epilepsie sei unter Valproat gut eingestellt.
Dorothea Lisa Hollinde, Björn Hauptmann
Kapitel 13. Schlurfender Gang und Vergesslichkeit
Zusammenfassung
Der idiopathische Normaldruckhydrozephalus (iNPH) stellt eine häufige Ursache für Gangstörungen im höheren Lebensalter dar. Die Zahlen zur Inzidenz eines iNPH schwanken zwischen 10–30/100.000 pro Jahr, der Altersgipfel liegt in der 6.–7. Lebensdekade, Männer und Frauen sind etwa gleich häufig betroffen. Neben der klassischen Symptom-Trias aus Gangstörung, kognitiver Störung und Blasenstörung können im Verlauf jedoch auch Beschwerden wie ein Ruhetremor oder Freezing-Phänomene das klinische Bild ergänzen. Diagnostisch gilt, neben der CT- oder MRT-Bildgebung mit Aufweitung der inneren Liquorräume bei fehlender kortikaler Atrophie, der Liquorablassversuch als Standard. Eine operative Shuntversorgung kann – bei sorgfältiger Patientenauswahl – eine längerfristige Verbesserung des Gangbildes, seltener auch der Kognition, zur Folge haben.
Anne-Sophie Biesalski

Demenzielle Syndrome und Differentialdiagnosen

Frontmatter
Kapitel 14. Vergesslichkeit und Reizbarkeit
Zusammenfassung
Die Demenz ist in der alternden Gesellschaft ein häufiges Syndrom. Die Zahl der betroffenen Patienten wird für Deutschland zwischen 1,2 und 1,8 Mio. geschätzt. Es muss von einer hohen Dunkelziffer ausgegangen werden. Die Alzheimer-Erkrankung als häufigste Ursache einer Demenz ist im frühen Stadium oft unterdiagnostiziert. Die Diagnostik stützt sich neben Anamnese und kognitiver Testung vor allem auf die kranielle Bildgebung und den Liquor-Befund. Es existieren symptomatische medikamentöse Therapien für alle Erkrankungsstadien. Diese sind nachgewiesen effektiv und meist gut verträglich. Neuropsychiatrische und vegetative Begleitsymptome kommen bei Demenz-Patienten häufig vor und können zu hohen Belastungen des Umfeldes führen, daher sollte hierauf besonders geachtet werden.
Lennard Herrmann
Kapitel 15. Nächtliche Agitation im Pflegeheim – was tun?
Zusammenfassung
Im Rahmen einer fortgeschrittenen Alzheimer-Erkrankung können Komplikationen wie psychische und Verhaltensstörungen (u. a. psychotische Symptome, Depression, Schlafstörungen, Apathie) auftreten. Die medikamentöse Therapie erfolgt symptomatisch. Es stehen Acetylcholinesterase-Hemmer (Donezepil, Galantamin und Rivastigmin) und der nichtkompetitive N-Methyl-D-Asparaginsäure (NMDA)-Antagonist Memantin zur Verfügung, die zusammenfassend als Antidementiva bezeichnet werden. Als erste Therapiestufe werden psychosoziale Interventionen empfohlen. In Situationen akuter Agitation oder Aggressivität können beispielsweise der Einsatz von Musik, körperlicher Berührung und Bewegung, also eine sensorische Stimulation, wirksam sein. Erst bei unzureichender Besserung sollte eine symptomorientierte pharmakologische Behandlung eingeleitet werden.
Sophie Stürmer
Kapitel 16. Verhaltens- und Persönlichkeitsveränderung
Zusammenfassung
Die Frontotemporale Demenz ist eine klinisch, pathophysiologisch als auch genetisch heterogene Gruppe progredient verlaufender, letaler demenzieller Erkrankungen. Im Vordergrund steht eine Wesens- oder Verhaltensänderung, ggf. auch zunächst führende Sprachstörung. Körperlich bestehen meist lange keine Beschwerden, teilweise kann sich parallel oder im Verlauf eine Motoneuronerkrankung (ALS) entwickeln. Neben der ausführlichen Eigen-, Fremd- sowie Familienanamnese steht die Bildgebung mittels cCT oder cMRT im Vordergrund. Eine Liquordiagnostik kann zur Abgrenzung gegenüber Alzheimer Demenz durchgeführt werden. Die mittlere Überlebenszeit liegt bei acht Jahren.
Alexander Gerhard, Iris Trender-Gerhard
Kapitel 17. Kognitive Störung und Gangstörung
Zusammenfassung
Die vaskuläre Demenz ist mit etwa 16 % aller Demenzfälle die zweithäufigste Demenz nach der Demenz vom Alzheimertyp. Die Prävalenz verdoppelt sich abhängig vom Alter alle 5 Jahre. Bei Patienten nach Schlaganfall ist das Risiko einer Demenz im Vergleich zu Personen ohne Schlaganfall um das bis zu 5,6-fache erhöht. In Bildgebungs-Studien wurden typische Konstellationen von vaskulären Läsionen und Begleitpathologien identifiziert, die gehäuft mit einer kognitiven Beeinträchtigung einhergehen. Für die Diagnose müssen signifikante Defizite in mindestens einer kognitiven Domäne und eine signifikante Beeinträchtigung von Alltagsfunktionen vorliegen. Die allgemeinen Behandlungsprinzipien entsprechen denen des mild cognitive impairment. Ziel der Therapie ist das Aufhalten oder Verlangsamen des voranschreitenden Verlusts kognitiver Fähigkeiten. Bislang exisitiert keine Therapie, die zur Heilung der Erkrankung führt.
Richard Dodel, Dirk M. Hermann
Kapitel 18. Progrediente kognitive Störungen und Bewegungseinschränkung
Zusammenfassung
Die Demenz mit Lewy Körpern (DLK) macht ca. 5 % aller Demenzfälle aus. Das mittlere Alter bei Diagnosestellung liegt bei 70,8 ± 9,4 Jahren. Die mittlere Überlebenszeit beträgt ca. 7 Jahre. Die Ursachen der Erkrankung sind gegenwärtig nicht geklärt. Es wird geschätzt, dass ca. 36 % der Phänotypen der DLK auf genetische Faktoren zurückgeführt werden können. Die DLK ist durch zahlreiche Lewy-Körper in Neuronen des Neokortex, des limbischen Kortex (Cingulum, Amygdala, enthorhinaler Kortex), des Hirnstammes und des Nucleus basalis Meynert charakterisiert. Wesentlich für die Diagnose einer DLK/Parkinson-Demenz ist der Nachweis einer progressiven Demenz, die mit normalen sozialen oder beruflichen Funktionen oder mit üblichen Tagesaktivitäten interferiert. Darüberhinaus werden 4 Kernmerkmale für die Diagnose der DLK beschrieben. Diese sind Fluktuierende Bewusstseinslage, Halluzinationen, REM-Schlafverhaltensstörung und Parkinson-Symptomatik. Die Behandlung der DLK orientiert sich an den Zielsymptomen.
Richard Dodel, Alexander Gerhard
Kapitel 19. Beschwerdefrei im Krankenhaus
Zusammenfassung
Das Korsakow-Syndrom gilt als chronische Verlaufsform einer abgelaufenen Wernicke-Enzephalopathie. Die Erkrankung wird häufig in Zusammenhang mit chronischem Alkoholkonsum beschrieben. Als Ursache der Erkrankung wird ein Vitamin B1-Mangel angesehen, in dessen Folge es zu einem Niedergang von Nervenzellen in Regionen wie dem Thalamus oder den Corpora mamillaria kommt. Das typische klinische Erscheinungsbild der Erkrankung beinhaltet die Symptome Desorientierung, Störung des Kurzzeitgedächtnisses („Sekundengedächtnis“) sowie Konfabulationen. Die Diagnosestellung erfolgt klinisch anhand einer passenden Anamnese und neuropsychologischen Untersuchung. In der cMRT zeigen sich Atrophien der Corpora mamillaria. Eine ergänzende SPECT/PET kann zusätzlich einen frontal betonten Hypometabolismus zeigen. Bereits unter dem Verdacht auf eine Wenicke-Korsakow-Symptomatik sollte zügig eine Thiaminsubstitution begonnen werden. Das Vollbild eines Korsakow-Syndroms ist zumeist nicht umkehrbar.
Anne-Sophie Biesalski
Kapitel 20. Ich werde verfolgt! – Die kritische zweite Nacht
Zusammenfassung
Das Delir ist ein häufiges Krankheitsbild. Die Diagnose erfolgt klinisch nach operationalisierten Kriterien, die Verlaufsbeobachtung sollte anhand klinischer Scores erfolgen. Zur differenzialdiagnostischen Einordnung und Detektion möglicher Auslöser sind Zusatzuntersuchungen durchzuführen. Zentral ist die Abgrenzung von Differenzialdiagnosen auch in Hinblick auf unterschiedliche Therapieansätze. Neben nicht-medikamentösen Maßnahmen spielen in der Behandlung eines Entzugsdelirs Benzodiazepine eine zentrale Rolle, alle anderweitigen delirante Syndrome sind pharmakologisch in erster Linie antipsychotisch zu behandeln. Bei Detektion eines konkreten Auslösers erfolgt die spezifische Therapie entsprechend der zugrunde liegenden Ursache.
Tobias Schreckenbach, Felix Diederichs

Motoneuronerkrankungen und Differentialdiagnosen

Frontmatter
Kapitel 21. Progrediente Schwäche der Arme und Gewichtsverlust
Zusammenfassung
Die Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) ist eine bislang nicht heilbare, tödlich verlaufende Erkrankung des motorischen Nervensystems. Aufgrund ihrer oft raschen Progredienz sowie der, meist unmittelbar zum Tode führenden, Beeinträchtigung der Atemmuskulatur, stellt sie eine schwerwiegende Diagnose dar. Neuropathologisch lassen sich in Motoneuronen von bis zu 95 % der untersuchten Fälle pathologische Zelleinschlüsse aus phosphoryliertem TDP43 nachweisen. Die ALS wird inzwischen als eine Multisystemdegeneration verstanden, die klinisch überwiegend – aber nicht ausschließlich – das motorische System betrifft. Ein lebensverlängernder Effekt ließ sich bislang lediglich für den Glutamatantagonisten Riluzol und zuletzt für Edaravone nachweisen. Daneben haben symptomatische Therapien, nicht-invasive Beatmung („Heimbeatmung“) und hochkalorische Ernährung einen hohen Stellenwert in der Therapie der ALS.
Anne-Sophie Biesalski
Kapitel 22. Zunehmende Dysphagie bei unklarer Diagnose
Zusammenfassung
Im Verlauf einer Amyotrophen Lateralsklerose (ALS) treten unterschiedliche Komplikationenauf. Hierzu gehören insbesondere Schluck- und Sprechstörungen sowie Gewichtsverlust, zunehmende respiratorische Insuffizienz als auch psychiatrische Komplikationen. Zentrale Bedeutung hat deshalb die multidisziplinäre Therapie der Betroffenen, die sowohl ambulant als auch klinisch eine enge Zusammenarbeit der betreuenden Fachgruppen (Neurologie, Allgemeinmedizin, Logopädie, Physiotherapie, Ergotherapie, Sozialdienst, Pulmologie etc.) erfordert. Neben der professionellen und zugleich behutsamen Aufklärung der Betroffenen und ihrer Familien sollte frühzeitig über Aspekte wie eine Patientenverfügung und die Anbindung an ein Palliativnetz gesprochen werden.
Katrin Straßburger-Krogias
Kapitel 23. Schlechter Schlaf und Albträume
Zusammenfassung
Anhand eines Fallbeispiels wird ein typischer Verlauf bei fortgeschrittener ALS-Erkrankung illustriert. Die Amyotrophe Lateralsklerose führt durch fortschreitende Paresen und Einbezug der Atemmuskulatur zu einer respiratorischen Insuffizienz. Der anamnestischen Angabe von u. a. Tagesschläfrigkeit, gestörter Nachtruhe, Albträumen oder morgendlichen Kopfschmerzen sollten entsprechende diagnostische Maßnahmen folgen. Neben der notwendigen Diagnostik werden im vorliegenden Kapitel mögliche therapeutische Ansätze thematisiert. Hierbei spielt sowohl die Heimbeatmung als auch die Behandlung der terminalen respiratorischen Insuffizienz eine Rolle. In späten Stadien der ALS sind Aspirationspneumonien häufige Komplikationen. Möglich ist die Entwicklung von Verhaltensänderungen und kognitiven Defiziten. Die ALS-Erkrankung stellt sowohl für den Patienten selber als auch für das soziale Umfeld eine hohe psychosoziale Belastungssituation dar.
Carolin Schwake
Kapitel 24. Progrediente Dysarthrie und Dysphagie
Zusammenfassung
Das klinische Bild der Amyotrophen Lateralsklerose (ALS) ist heterogen und beinhaltet vier Subformen, die das erste und zweite Motoneuron in unterschiedlicher Weise betreffen. Bei ca. 25 % aller ALS-Patienten zeigt sich ein bulbärer Beginn, der sich allmählich ausbreitet. Häufig tritt zunächst eine bulbäre Sprache auf, die progredient verläuft und schließlich zur Anarthrie führt. Zusätzlich besteht eine Dysphagie, in deren Folge es gehäuft zu Aspirationspneumonien kommen kann. Daneben entwickelt sich ungewollt meist eine erhebliche Gewichtreduktion, die einerseits auf die reduzierte Nahrungsaufnahme und andererseits auf die Malnutrition im Rahmen des Hypermetabolismus bei ALS zurückzuführen ist. Die erweiterte Diagnostik bei Verdacht auf eine Progressive Bulbärparalyse dient vorrangig dem Ausschluss der Differentialdiagnosen. Genauso wie bei der klassischen ALS sind vor allem die klinische Untersuchung, die Anamnese sowie die Elektrophysiologie wegweisend.
Laura Tomaske
Kapitel 25. Lähmung des linken Arms
Zusammenfassung
Das Flail-Arm-Syndrom ist eine seltene Variante der ALS, bei der die zweiten Motoneurone der Zervikalregion betroffen sind. Es ist charakterisiert durch proximal betonte Atrophien und Paresen der oberen Extremitäten ohne bulbäre Symptome und ohne Symptome der unteren Extremitäten. Zeichen einer Schädigung des ersten Motoneurons können vorliegen oder im Krankheitsverlauf entstehen. Als Diagnosekriterien werden die der ALS verwendet. Differentialdiagnostisch muss insbesondere eine MMN berücksichtigt werden. Der Verlauf des Flail-Arm-Syndroms ist oft langsamer progredient als der der anderen ALS-Formen und die Patienten können vergleichsweise lang ohne Beeinträchtigung anderer Extremitäten leben. Die Therapie des Flail-Arm-Syndroms erfolgt analog zur Therapie der ALS.
Anna Lena Fisse
Kapitel 26. Gangverschlechterung
Zusammenfassung
Paraneoplastische Neuropathien sind eine Sonderform immunvermittelter Neuropathien. Sie präsentieren sich klinisch sehr heterogen und können ein Guillain–Barre-Syndrom oder chronisch inflammatorisch demyelinisierende Polyradikuloneuropathie vortäuschen. Durch das Karzinom werden neuronale Autoantigene präsentiert, was zum Zusammenbruch der Immuntoleranz führt. Therapie der Wahl ist die Tumortherapie, kombiniert mit hochaktiven Immuntherapeutika. Zunächst sollten hochdosierte Steroide, Immunglobuline oder Plasmaaustauschverfahren gewählt werden. Häufig müssen diese Therapien mit Rituximab oder Cyclophosphamid ergänzt werden. Dabei ist auf eine enge interdisziplinäre onkologisch-neurologische Abstimmung zu achten. Progredient verlaufende Polyneuropathien sind eine Differentialdiagnose einer frühen oder atypisch verlaufenden ALS insbesondere, wenn es zu keinem überzeugenden Therapieansprechen kommt.
Jeremias Motte

Andere neurodegenerative Syndrome

Frontmatter
Kapitel 27. Seemannsgang und Schwindel
Zusammenfassung
Die Sporadic Adult Onset Ataxia (SAOA) ist eine Ausschlussdiagnose. Die Ätiologie ist wahrscheinlich heterogen und schließt genetische Ursachen mit ein. Klinisch steht ein meist rein zerebelläres Syndrom mit zerebellär gestörter Okulomotorik, Dysarthrie, Stand- und Gang- sowie Extremitätenataxie im Vordergrund. Im Vordergrund der Therapie steht eine regelmäßige physiotherapeutische und logopädische Behandlung. Eine kausale Behandlung steht nicht zur Verfügung.
Katharina Marie Steiner, Dagmar Timmann
Kapitel 28. Früh-beginnende progrediente Gangstörung, Skoliose, Hohlfußdeformität und Diabetes mellitus
Zusammenfassung
Die autosomal-rezessiv vererbte Friedreich Ataxie ist die häufigste Heredoataxie der kaukasischen Bevölkerung. Sie beginnt typischerweise früh im Kindes- und Jugendalter und geht mit einer sensiblen Ataxie, erloschenen Muskeleigenreflexen und Pyramidenbahnzeichen sowie nicht neurologischen Symptomen wie Hohlfüßen, Skoliose, Diabetes mellitus und Kardiomyopathie einher. In der MRT ist eine Atrophie des (zervikalen) Rückenmarks bei unauffälligem Kleinhirn typisch. Eine kausale Therapie gibt es derzeit nicht. Die Behandlung ist interdisziplinär und besteht insbesondere aus Physio- und Ergotherapie, logopädischer Behandlung und einer Behandlung der internistischen und orthopädischen Manifestationen der Erkrankung. Die Erkrankung verläuft progredient und führt zu einer schweren körperlichen Behinderung.
Andreas Gustafsson Thieme, Dagmar Timmann
Kapitel 29. Stolpern beim Fußballspielen
Zusammenfassung
Die hereditäre spastische Spinalparalyse (HSP) ist eine genetische Erkrankung. Es ist von einer Prävalenz von ca. 2–10/100.000 Fällen in Europa auszugehen. Die Erkrankung verläuft oft langsam progredient, so dass die Patienten auch nach vielen Jahren zwar mit Einschränkungen, aber dennoch mobil sind. Aufgrund der extremen Fortschritte der molekulargenetischen Diagnostik sind aktuell 80 verschiedene Formen der HSP bekannt. Der Phänotyp der HSP wird klinisch in eine reine und eine komplizierte HSP Verlaufsform eingeteilt. Die Diagnose kann mit Hilfe einer molekulargenetischen Diagnostik gesichert werden. Eine kausale Behandlung ist für keine der HSP Formen bekannt. Die symptomatischen Therapien stehen deshalb im Vordergrund.
Stephan Klebe
Kapitel 30. Zunehmende Schwäche beim Treppensteigen
Zusammenfassung
Die Spinale Muskelatrophie (SMA) war lange Zeit eine nicht medikamentös behandelbare, bei Beginn im Säuglingsalter tödlich verlaufende Erkrankung des motorischen Nervensystems. Die weniger schwer betroffenen Patienten erreichen häufig das Erwachsenenalter, sind jedoch auf eine fortwährende neurologische Betreuung angewiesen. Die bereits bestehenden und noch kommenden medikamentösen Therapien sind ein Meilenstein in der Behandlung der SMA, werden jedoch zu neuen Phänotypen der Erkrankung und einem stratifizierten Vorgehen führen müssen. Die Diagnose wird meist im Kindesalter gestellt, eine korrekte Diagnosestellung bei lang bestehender Erkrankung kann jedoch auch erst im Erwachsenenalter erfolgen.
Tim Hagenacker
Kapitel 31. Junger Zappelphilipp mit einem Alkoholproblem
Zusammenfassung
Die Ursachen des sehr heterogenen Krankheitsbildes der Dystonie sind aktuell nur in Ansätzen geklärt. Ursache der seltenen autosomal-dominant vererbten Myoklonus-Dystonie sind verschiedene Mutationen im SGCE-Gen. Eine zumeist unvollständige Penetranz legt jedoch die Vermutung nahe, dass auch Umweltfaktoren eine Rolle spielen. Zum Teil gehen der Manifestation von dystonen Symptomen sensorische Störungen durch z. B. Traumata oder chronische Überlastung im betroffenen Körperteil voraus. Die Myoklonusdystonie tritt häufig schon vor dem 20. Lebensjahr mit einer fokalen oder segmentalen Dystonie auf, die vorwiegend den Kopf-Hals-Bereich und die oberen Extremitäten betrifft. Eine Besserung der Myoklonien nach Alkoholkonsum wird häufig berichtet und ist diagnostisch wegweisend. Insbesondere die tiefe Hirnstimulation stellt eine Therapieform mit guter Aussicht auf Besserung der zum Teil sehr belastenden Myoklonien dar.
Lorenz Müller
Kapitel 32. Schlafattacken, Hirnstammsyndrom und Gangstörung
Zusammenfassung
Die IgLON5- Enzephalitis ist eine Tauopathie mit gleichzeitigem Nachweis von IgLON5-Antikörpern im Blut und zumeist im Liquor. In der Mehrzahl der Fälle sind Männer im höheren Alter (6.–8. Lebensdekade) betroffen. Klinisch besteht eine heterogene Beschwerdesymptomatik mit Gangstörung, Schlafattacken sowie eine Hirnstammsymptomatik. In einzelnen Fallberichten werden jedoch auch Ataxie, Chorea, kraniozervikale Dystonien, Myokymien, kognitive Einschränkungen mit Halluzinationen sowie Zeichen der neuromuskulären Übererregbarkeit (z.B. Faszikulationen) beschrieben. Daneben stellen zentrale Ventilationsstörungen eine lebensbedrohliche Komplikation dar. Bislang existiert keine standardisierte Therapie. Probatorisch sollten Kortikosteroide als auch intravenös applizierte Immunglobuline eingesetzt werden.
Thomas Grüter, Ilya Ayzenberg
Kapitel 33. Psychiatrische und motorische Auffälligkeiten
Zusammenfassung
Morbus Huntington ist eine genetische Erkrankung mit autosomal-dominantem Erbgang, die auf eine CAG-Expansion (Trinukleotid-Erkrankung) auf dem Huntingtin-Gen auf Chromosom 4p zurückzuführen ist. Den, häufig zur neurologischen Vorstellung führenden, Hyperkinesien können psychiatrische Auffälligkeiten schon Jahre vorausgehen. Eine besondere Rolle im Rahmen der Diagnostik spielen die ausführliche Familienanamnese sowie genetische Aufklärung und Diagnostik auch bei Geschwistern und Kindern der Betroffenen. Es existiert keine kausale Therapie, wobei Studien zur Wirksamkeit von „Gene-silencing“ aktuell laufen. Bislang erfolgt die Therapie der Erkrankung symptomatisch. Die Krankheit verläuft konstant progredient. 15 Jahre nach Krankheitsmanifestation leben noch ein Drittel der Patienten.
Sarah Maria von Hein
Kapitel 34. Affektlabilität, vermehrte Reizbarkeit und Bewegungsunruhe mit Gewichtsverlust
Zusammenfassung
Im Verlauf der Huntington-Erkrankung kommt es häufig zu einer Vielzahl von Beschwerden. Zu den, meist früh im Krankheitsverlauf auftretenden psychiatrischen Störungen wie Depression, Angststörung und Impulskontrollstörung, treten im Verlauf Hyperkinesien hinzu, die mit Voranschreiten des Krankheitsprozesses unterschiedlich stark ausgeprägt sein können. Daneben können starker Gewichtsverlust wie auch Schluckstörungen die Erkrankung verschlechtern. Eine kausale Therapie existiert bislang nicht. Neben der medikamentösen Therapie spielen ergo-und physiotherapeutische sowie logopädische Maßnahmen und eine individuelle Hilfsmittelversorgung eine wichtige Rolle. Die Anbindung an ein spezialisiertes Huntington-Zentrum ist empfohlen.
Carsten Saft
Kapitel 35. Progrediente Demenz und Myoklonien
Zusammenfassung
Die sporadische Form der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit ist eine seltene neurodegenerative Erkrankung. Es handelt sich um eine Prionerkrankungen, bei der es durch pathologische Ablagerung fehlgefalteter Proteine (Prione) zur Apoptose der Nervenzellen und dem pathologischen Bild einer spongiösen Schädigung des Gehirns kommt. Der Erkrankungsgipfel liegt zwischen dem 60. und 70. Lebensjahr. Klinisch stehen eine rasch progrediente demenzielle Entwicklung mit Hinzukommen neurologischer Symptome wie Ataxie, Pyramidenbahnzeichen, Myoklonus, Rigor und ggf. kortikaler Blindheit im Vordergrund. Eine definitive Diagnose der Erkrankung ist nur neuropathologisch durch eine Hirnbiopsie oder im Rahmen der Autopsie möglich. Zur klinischen Diagnosefindung sollten wiederholte EEG-Untersuchungen, Liquordiagnostik (z. B. Referenzzentrum Göttingen) sowie eine MRT-Bildgebung durchgeführt werden. Bislang ist keine kausale Therapie der Erkrankung bekannt. Die Krankheit verläuft immer tödlich.
Anne-Sophie Biesalski
Backmatter
Metadaten
Titel
Neurodegeneration – 35 Fallbeispiele aus der Praxis
herausgegeben von
Dr. med. Anne-Sophie Biesalski
Prof. Dr. med. Lars Tönges
Copyright-Jahr
2022
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
Electronic ISBN
978-3-662-63309-0
Print ISBN
978-3-662-63308-3
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-662-63309-0

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Wenn unter einer medikamentösen Hochdrucktherapie der diastolische Blutdruck in den Keller geht, steigt das Risiko für schwere kardiovaskuläre Ereignisse: Darauf deutet eine Sekundäranalyse der SPRINT-Studie hin.

Frühe Alzheimertherapie lohnt sich

25.04.2024 AAN-Jahrestagung 2024 Nachrichten

Ist die Tau-Last noch gering, scheint der Vorteil von Lecanemab besonders groß zu sein. Und beginnen Erkrankte verzögert mit der Behandlung, erreichen sie nicht mehr die kognitive Leistung wie bei einem früheren Start. Darauf deuten neue Analysen der Phase-3-Studie Clarity AD.

Viel Bewegung in der Parkinsonforschung

25.04.2024 Parkinson-Krankheit Nachrichten

Neue arznei- und zellbasierte Ansätze, Frühdiagnose mit Bewegungssensoren, Rückenmarkstimulation gegen Gehblockaden – in der Parkinsonforschung tut sich einiges. Auf dem Deutschen Parkinsonkongress ging es auch viel um technische Innovationen.

Demenzkranke durch Antipsychotika vielfach gefährdet

23.04.2024 Demenz Nachrichten

Wenn Demenzkranke aufgrund von Symptomen wie Agitation oder Aggressivität mit Antipsychotika behandelt werden, sind damit offenbar noch mehr Risiken verbunden als bislang angenommen.