Erschienen in:
15.09.2015 | Versorgungslandschaft
Schwerpunktthema
Neurologie 2020 — Versorgungslandschaft im Wandel
verfasst von:
Verlag Urban & Vogel
Erschienen in:
NeuroTransmitter
|
Sonderheft 13/2015
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Auszug
Ein versorgungspolitisches Schwerpunktthema wird die Berufspolitik in den nächsten Jahren thematisch kontinuierlich begleiten und die Versorgungsstrukturen ambulant wie stationär nachhaltig verändern. Es handelt sich um die Frage, wer künftig die Grundversorgung der Patienten leistet und wie und an welchen Institutionen spezialisierte und hochspezialisierte Leistungen erbracht werden. Der medizinische Fortschritt in Diagnostik und Therapie führt unweigerlich zu einer Zunahme der Behandlungskomplexität, dem die Versorgungsstrukturen Rechnung tragen müssen. In dem Maße, in dem hochspezialisierte Zentren besondere Leistungsangebote erbringen, braucht es Zentren, die die wohnortnahe Grundversorgung sicherstellen und bedarfsgerecht Zuweisungen ermöglichen. Hinzu kommt der Trend zur Ambulantisierung. Viele Erkrankungen werden stationär gar nicht mehr gesehen, weil die Versorgung ambulant in Praxen oder Spezialambulanzen erfolgt. Andererseits sind die Notfallambulanzen in neurologischen Kliniken von Patienten überlaufen, die eigentlich in Praxen versorgt werden sollten (Seite 22). Die hiermit verbundenen Herausforderungen etwa in der Gestaltung der Weiterbildung einerseits und die Notwendigkeit einer intelligenten Vernetzung andererseits sind offensichtlich. Die Schaffung neuer Versorgungssektoren wie die „Ambulante Spezialfachärztliche Versorgung“ und die Förderung der Telemedizin leisten dieser Entwicklung weiteren Vorschub. Eine derartige Differenzierung von Versorgungsstrukturen sehen wir beispielsweise im ambulanten Bereich in der MS-Behandlung (Seite 20). Konnte bis 2006 zur Zeit der fast ausschließlichen „Spritzentherapien“ praktisch jede neurologische Praxis MS-Patienten behandeln, können heute nur wenige Praxen das gesamte Spektrum der Immuntherapien anbieten. Dies hat einerseits mit den besonderen Strukturvoraussetzungen im Hinblick auf die Überwachungserfordernisse von Infusionstherapien zu tun, andererseits fehlt besonders in strukturschwächeren Regionen einfach die Zeit für aufwändige Therapien, weil der Versorgungsdruck durch steigende Prävalenzen neurologischer Krankheiten kaum noch Luft für die Grundversorgung lässt. Der medizinische Fortschritt macht auch in der Schlaganfallversorgung einen Strukturwandel erforderlich (Seite 17). Die leitliniengerechte Akutversorgung von Schlaganfallpatienten mit Etablierung der mechanischen Thrombektomie wird künftig nur noch in sogenannten neurovaskulären Netzwerken sichergestellt werden können. Ähnliche Beispiele ließen sich im Bereich der Parkinson- oder Demenzversorgung beschreiben. Beispiele für die Notwendigkeit einer fächer- und berufsgruppenübergreifenden Vernetzung finden sich auch in der Palliativmedizin (Seite 27) oder in der Neuropsychologie (Seite 25). …