Skip to main content

07.10.2022 | Prostatakarzinom | Nachrichten

Rezvilutamid schlägt Bicalutamid

Erfolg mit neuem Androgenrezeptorhemmer bei Prostata-Ca.

verfasst von: Thomas Müller

print
DRUCKEN
insite
SUCHEN

Deutlich längeres progressionsfreies Überleben und Gesamtüberleben: In einer Phase-3-Studie brachte die Therapie mit dem Androgenrezeptorhemmer Rezvilutamid deutliche Vorteile gegenüber einer Behandlung mit Bicalutamid bei Männern mit metastasiertem Prostata-Ca.

Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels.

Inzwischen gibt es viele Möglichkeiten zur Therapie von Männern mit hormonnaivem Prostata-Ca., so wird in der Regel eine Androgendeprivation mit Androgenrezeptorhemmern (ARI), Docetaxel oder Abirateron kombiniert, wobei jede Kombination Vor- und Nachteile aufweist. Docetaxel sei eher ungünstig bei Männern mit schlechtem Funktionsniveau, Abirateron benötige eine Begleitmedikation mit Prednison, was wiederum für die Knochenstabilität schlecht sei, und ARI der zweiten Generation wie Enzalutamid und Apalutamid könnten durch ihre leichte Hirngängigkeit Komplikationen wie Krampfanfälle und Fatigue verursachen, geben Onkologinnen und Onkologen um Dr. Weijie Gu von der Fudan-Universität in Schanghai zu bedenken. In einer Phase-3-Studie konnten sie nun zeigen, dass der neue ARI Rezvilutamid dem älteren Wirkstoff Bicalutamid in der Wirksamkeit überlegen ist, jedoch keine erhöhte Rate von ZNS-Komplikationen aufweist.

An der Studie mit der Bezeichnung CHART nahmen 654 Patienten mit einem hochvolumigen metastasierten und hormonnaiven Prostata-Ca. teil; alle waren zuvor noch nicht mit Docetaxel behandelt worden. Beteiligt waren 72 Kliniken in China, Tschechien und Bulgarien, die Männer mussten mindestens vier Knochenmetastasen oder eine viszerale Absiedelung, aber noch eine gute Organfunktion aufweisen. Eine vorhergehende Androgendeprivation war erlaubt, aber nicht in den drei Monaten vor Studienbeginn.

Im Schnitt waren die Männer 69 Jahre alt, 90% stammten aus China, zwei Drittel hatten mehr als zehn Knochenmetastasen, ein Fünftel zeigte in der Bildgebung auch viszerale Metastasen, etwa 60% wiesen beides auf. Über 80% waren zuvor schon mit Antiandrogenen, hauptsächlich Bicalutamid, behandelt worden, etwa die Hälfte hatte auch schon eine Androgendeprivation bekommen.

Empfehlung der Redaktion

Prostatakarzinom – Themenseite

Das Prostatakarzinom ist mit Abstand die häufigste Krebserkrankung beim Mann. Im Fokus dieser Themenseite stehen Screening, Diagnostik und Therapie des Prostatakrebs: von medikamentöser Kastration über Bestrahlung bis zur Prostatektomie.

Die Männer nahmen nun zusätzlich zur Androgendeprivation entweder (erneut) Bicalutamid (50 mg/d) oder Rezvilutamid (240 mg/d) in monatlichen Zyklen.

Progressionsrisiko mehr als halbiert

Im Laufe der Nachbeobachtungsdauer von 21 Monaten kam es bei 25% mit Rezvilutamid und 39% mit Bicalutamid zur Progression. Das mediane progressionsfreie Überleben wird mit Bicalutamid auf 25,1 Monate beziffert und wurde in der Rezvilutamid-Gruppe noch nicht erreicht. Das Team um Gu kommt unter Berücksichtigung diverser Begleitfaktoren auf eine Reduktion des Progressionsrisikos um 56% unter Rezvilutamid. Nach zwei Jahren lebten noch 72% mit Rezvilutamid und 50% mit Bicalutamid progressionsfrei.

Auch bei der Sterberate gab es Vorteile für den neuen ARI: Im Bicalutamid-Arm starben im bisherigen Studienverlauf 28%, in der Gruppe mit Rezvilutamid 18% der Männer, für das Gesamtüberleben ließ sich in beiden Gruppen noch kein Medianwert ermitteln, aber ein um 42% reduziertes Sterberisiko unter Rezvilutamid. Vorteile für den neuen ARI deuteten sich in sämtlichen Subgruppen an, ein besonders hoher Nutzen zeigte sich bei einem ECOG-Funktionsstatus von 0, hier war das Progressionsrisiko unter Rezvilutamid um 80% reduziert.

Auch bei den meisten sekundären Endpunkten ergaben sich Vorteile der Rezvilutamid-Behandlung, etwa der Zeit bis zur PSA-Progression, der Dauer bis zur nachfolgenden Therapielinie oder den nächsten knochenbezogenen Ereignissen.

Ernste Nebenwirkungen traten unter Rezvilutamid etwas häufiger auf als unter Bicalutamid (bei 28% versus 21%), hauptsächlich waren dies Hypertonie, Hypertriglyzeridämie, Anämie und Hypokaliämie. Krampfanfälle und ausgeprägte Fatigue wurden mit dem neuen ARI nicht beobachtet.

Das Wichtigste in Kürze

Frage: Wie wirksam ist der neuer Androgenrezeptorblocker Rezvilutamid bei Männern mit hormonnaivem, hochvolumigem metastasiertem Prostata-Ca?

Antwort: Kombiniert mit einer Androgendeprivation ergaben sich im Vergleich mit Bicalutamid in einer Phase-3-Studie Vorteile beim progressionsfreien Überleben und Gesamtüberleben, ohne dass es zu ZNS-Komplikationen kam.

Bedeutung: Rezvilutamid könnte sich als neue Option gegen Prostata-Ca. erweisen.

Einschränkung: Ausschluss von Männern, die bereits mit Docetaxel behandelt worden waren.
print
DRUCKEN
Literatur

Gu W et al. Rezvilutamide versus bicalutamide in combination with androgen-deprivation therapy in patients with high-volume, metastatic, hormone-sensitive prostate cancer (CHART): a randomised, open-label, phase 3 trial. Lancet Oncology 2022; DOI: https://doi.org/10.1016/S1470-2045(22)00507-1

Weiterführende Themen

Passend zum Thema

ANZEIGE

Bei Immuntherapien das erhöhte Thromboserisiko beachten

Unter modernen Systemtherapien versechsfacht sich das VTE-Risiko. Warum diese Daten relevant für die Behandlung krebsassoziierter Thrombosen sind, erläutert Prof. F. Langer im Interview. So kann es durch Immuntherapien zu inflammatorischen Syndromen z.B. im GI-Trakt kommen. Nebenwirkungen wie Durchfall oder Mukositis haben dann Einfluss auf die Wirksamkeit oraler Antikoagulantien. Aber auch in punkto Blutungsrisiko ist Vorsicht geboten. Wann hier bevorzugt NMH eingesetzt werden sollten, erläutert Prof. Langer im Interview.

ANZEIGE

CAT-Management ist ganz einfach – oder doch nicht?

Krebsassoziierte venöse Thromboembolien (CAT) haben in den vergangenen Jahren stetig zugenommen. Was hat der Anstieg mit modernen Antitumortherapien zu tun? Venöse Thromboembolien sind relevante Morbiditäts- und Mortalitätsfaktoren in der Onkologie. Besonders hoch sind die Risiken bei Tumoren des Abdominalraums. Eine antithrombotische Primärprophylaxe ist daher gerade bei gastrointestinalen (GI-) Tumoren auch im ambulanten Setting wichtig.

ANZEIGE

Management von Thromboembolien bei Krebspatienten

Die Thromboembolie ist neben Infektionen die zweithäufigste Todesursache bei Krebspatienten. Die Behandlung der CAT (cancer associated thrombosis) ist komplex und orientiert sich am individuellen Patienten. Angesichts einer Vielzahl zur Verfügung stehender medikamentöser Behandlungsoptionen finden Sie hier Video-Experteninterviews, Sonderpublikationen und aktuelle Behandlungsalgorithmen zur Therapieentscheidung auf Basis von Expertenempfehlungen.

LEO Pharma GmbH