Nicht nur eine unzureichende Zufuhr mit der Nahrung, sondern auch bestimmte Erkrankungen und manche Medikamente können zu einem Mangel führen. Achten Sie insbesondere bei Risikogruppen auf Zeichen einer Unterversorgung. Denn ein unbehandelter Mangel kann schwerwiegende Folgen haben.
Risikofaktor Ernährung
Vitamin B12 kommt nur in Lebensmitteln tierischen Ursprungs vor. Bei Menschen, die sich vegan ernähren und Vitamin B12 nicht supplementieren, ist daher ein Mangel vorprogrammiert [1]. Doch nicht nur strikte Veganer sind gefährdet. Auch Menschen, die sich vegetarisch ernähren, eine einseitige Kost oder eine sehr restriktive Diät einhalten, haben ein erhöhtes Risiko für einen Vitamin-B12-Mangel [2,3].
Schwangerschaft und Stillzeit
Aufgrund ihres erhöhten Bedarfs zählen auch Schwangere und Stillende zu den Risikogruppen für einen Vitamin-B12-Mangel. Der empfohlene Schätzwert für eine angemessene Zufuhr liegt in der Schwangerschaft mit 4,5 µg/Tag und in der Stillzeit mit 5,5 µg/Tag deutlich über dem für Nichtschwangere (4,0 µg/Tag) [4]. Eine Unterversorgung der Mutter gefährdet auch die Entwicklung und den Gesundheitszustand des Fötus bzw. des Säuglings.
Risikofaktor Alter
Besonders häufig findet sich ein Mangel an Vitamin B12 bei älteren Menschen: Von den über 65-Jährigen in Deutschland ist jeder Vierte von einem entsprechenden Defizit betroffen, in der Gruppe der 85- bis 93-Jährigen sogar jeder Dritte [5]. Für die mit zunehmendem Lebensalter steigende Prävalenz sind vor allem Resorptionsstörungen verantwortlich, etwa bedingt durch einen Mangel an Intrinsic Factor, durch eine perniziöse Anämie, durch Achlorhydrie oder aufgrund von gastrointestinalen Erkrankungen wie atrophische Gastritis oder chronische Helicobacter-pylori-Infektion [6,7]. Auch Medikamente, die von älteren Menschen häufig eingenommen werden, können eine Unterversorgung mit Vitamin B12 fördern (s. unten).
Chronische Erkrankungen und Medikamenteneinnahme
Auch eine Pankreasinsuffizienz, entzündliche Darmerkrankungen wie Morbus Crohn, eine Gastrektomie oder Darmresektion sowie ein Magen-Bypass können eine Vitamin-B12-Unterversorgung nach sich ziehen.
Besonders wachsam sollte man bei der Langzeittherapie mit Arzneimitteln sein, die die Resorption von Vitamin B12 beeinträchtigen können. Dazu zählen insbesondere Protonenpumpeninhibitoren, Antazida, H2-Rezeptor-Antagonisten und Metformin.
Kritisch sind zudem Antibiotika wie Aminoglykoside, Neomycin und Chloramphenicol, Colchicin, Colestyramin, Antiepileptika und Methyldopa.
Chronischer Alkoholkonsum und Rauchen sowie die Partydroge Lachgas (Distickstoffmonoxid), das die Vitamin-B12-Wirkung antagonisiert, sind ebenfalls Risikofaktoren für einen Vitamin-B12-Mangel [6].
Tabelle 1 fasst die wichtigsten Risikogruppen zusammen.
Tabelle 1: Personengruppen mit erhöhtem Risiko für einen Mangel an Vitamin B12 (modifiziert nach [5]). |
Ältere Menschen |
Veganer, Vegetarier |
Patienten mit starker Kalorienreduktion oder Anorexie |
Patienten mit chronischen Erkrankungen, insbesondere mit:
|
Patienten, die Protonenpumpeninhibitoren oder andere Säureblocker einnehmen |
Typ-2-Diabetes-Patienten unter Metformin-Therapie |
Schwangere, Stillende |
Raucher |
Personen, die Lachgas als Partydroge missbrauchen (Lachgas-Sniffing) |
Frühzeitig behandeln
Bei diesen Risikogruppen sollte immer an die Möglichkeit eines Vitamin-B12-Mangels gedacht werden, um durch eine frühzeitige Therapie irreversible Folgeschäden vermeiden zu können.
Entgegen früherer Annahme kann ein Mangel selbst bei Resorptionsstörungen durch eine orale Therapie wirksam ausgeglichen werden. Voraussetzung ist eine ausreichend hohe Dosierung. In Studien haben sich 1.000 µg als wirksam erwiesen. Bei Vorliegen einer schweren neurologischen Symptomatik sollte initial eine parenterale Applikation erfolgen, die anschließend durch eine orale Erhaltungstherapie fortgesetzt werden kann [8,9].