Einleitung
Lebensweltliche Bedingungen, wie u. a. Betreuungsaufgaben, die Wohnsituation, Beschäftigungsverhältnisse, eingeschränkte Mobilität, begrenzte Sprachkenntnisse sowie Erfahrungen von Klassizismus, Rassismus und Diskriminierung, können sich als Barrieren in Hinblick auf die Durchführung einer gewünschten Therapie erweisen und den Therapieerfolg gefährden. Dabei können die hinderlichen Lebensumstände erst durch die Erkrankung zu einer Herausforderung geworden sein, z. B. die Betreuungssituation bei erkrankten Alleinerziehenden, oder bereits vorher als belastend erlebt worden sein, z. B. die Wohnsituation. Bei einer über 70-Jährigen Tumorpatientin mit kleiner Rente, die aufgrund von krankheitsbedingter Gangunsicherheit nun auf einen Rollstuhl angewiesen ist, stellt sich z. B. die Frage, wie Fahrten zur Chemotherapie und zu Untersuchungsterminen in Zukunft bewältigt werden können. Die Patientin wohnte bisher alleine in einer Wohnung in einem höheren Geschoss ohne Lift, die Treppe wird nicht länger zu bewältigen sein. Ähnlich bei einem über 50-Jährigen Krebspatienten ohne enge Bezugspersonen und Angehörige, der nach einer Operation zur Stabilisierung von Knochenmetastasen nur mithilfe eines Rollstuhls mobil ist. Für die gewählte Immuntherapie in Tablettenform werden Kontrolltermine notwendig sein, jedoch wohnte auch dieser Patient bisher in einer Wohnung im Obergeschoss ohne Fahrstuhl, die den neuen Mobilitätsanforderungen nicht länger gerecht wird. Obwohl die vorliegenden Überlegungen aus solchen Beobachtungen der onkologischen Behandlungssituation heraus entstanden sind, lassen sie sich unserer Ansicht nach auch auf andere Therapiefelder, die lange Behandlungsdauern mit regelmäßigen Anwesenheiten verlangen, übertragen.
Die Realisierbarkeit länger andauernder Therapien hängt maßgeblich davon ab, dass Patient*innen die gewählten Therapieoptionen in ihren Alltag einbauen können. In einem ersten Schritt bedeutet dies wiederum, dass das Behandlungsteam selbst ein hinreichendes Verständnis der sozialen Lebensrealität der Patient*innen haben muss, um mit diesen gemeinsam und in Hinblick auf die jeweiligen Besonderheiten angemessene Therapieempfehlungen zu erarbeiten und ihnen Unterstützungsangebote unterbreiten zu können, sodass die im Sinne des Shared Decision Making gemeinsam getroffenen Entscheidungen auch längerfristig umgesetzt werden können. Lebensweltliche Faktoren, die zum Auslöser eines von dem*der Behandelten nicht gewollten Therapieabbruchs werden können, wie z. B. eingeschränkte Mobilität, Pflege- und Betreuungsaufgaben, Wohn- und Arbeitsverhältnisse oder Sprachbarrieren, lassen sich als Schichten sozialer Vulnerabilität verstehen. Ziel dieser Arbeit ist es, die Gebotenheit der Berücksichtigung lebensweltlicher Faktoren bei Therapieentscheidungen normativ-ethisch zu untersuchen. Dafür erfolgt zum einen die Einordnung in die philosophisch-ethische Debatte rund um den Vulnerabilitätsbegriff, die dazu beiträgt, die Problemlage zu analysieren. Zum anderen wird der Befähigungsansatz nach Martha Nussbaum herangezogen, der die Achtung der Betroffenenautonomie mit der Möglichkeit der Unterstützung durch Dritte zusammenbringt. Anschließend werden anhand des Schichten-Konzeptes von Florencia Luna Vorschläge dafür formuliert, wie soziale Vulnerabilitäten in der Praxis erfasst werden könnten.
Vulnerabilitätskonzepte in der Medizinethik
Der Vulnerabilitätsbegriff spielt eine wichtige Rolle in der Forschungsethik. In diesem Kontext ging es anfänglich darum, nicht einwilligungsfähige Subjekte vor dem Missbrauch zu Forschungszwecken zu bewahren. Eingeschränkt autonomiefähige Personengruppen sollten identifiziert und geschützt werden (vgl. Ten Have
2016, S. 52). Dieses Verständnis von Vulnerabilität war seit 1979 in verschiedenen forschungsethischen Richtlinien zu finden, erstmals im Belmont-Report (National Commission for the Protection of Human Subjects of Biomedical and Behavioral Research
1979), 1982 in den CIOMS-Guidelines (Council for International Organizations of Medical Sciences
1982) und ab 2000 in der Deklaration von Helsinki (World Medical Association
2000; vgl. Ten Have
2016, S. 37; vgl. Coors
2022, S. 4). In der Folge kam es zu problematischen Ausschlussmechanismen sogenannter vulnerabler Gruppen aus der medizinischen Forschung, wodurch die darunterfallenden Individuen auch von medizinischen Fortschritten ausgeschlossen wurden, so z. B. Schwangere (vgl. Wild
2012, S. 82 f.) und Ältere (vgl. Bozzaro et al.
2018, S. 233 f., 236). Gleichzeitig erfuhren die Betroffenen dadurch keinen ausreichenden, da nicht spezifizierten Schutz, wenn eine Studienteilnahme erfolgte (vgl. Levine et al.
2004, S. 46 f.). Der aktuelle Vulnerabilitätsdiskurs hat sich sowohl von der starken Betonung der Autonomiefähigkeit als auch von der Praxis der Zuordnung Einzelner zu gefährdeten Gruppen gelöst und ist von einem doppelten Vulnerabilitätsverständnis geprägt, wie der Ethiker Ten Have deutlich schildert:
„On the one hand, vulnerability is regarded as a general characteristic of the human condition: It expresses the fragility and finitude of human existence, and is therefore a feature shared by all human beings. On the other hand, vulnerability refers to the fact that some people are more vulnerable than others, due to natural or social conditions such as disease or poverty“ (Ten Have
2016, S. 55; vgl. Fineman
2008, S. 10; vgl. Hurst
2008, S. 191 f.; vgl. Lange et al.
2013, S. 333 f.; vgl. Bozzaro et al.
2018, S. 238).
Vulnerabilität wird einerseits verstanden als die menschliche Grundgegebenheit der Verletzlichkeit. Als leibliches und soziales Wesen ist der Mensch grundsätzlich offen gegenüber äußeren Einwirkungen und somit verletzlich:
„[…] [T]he capacity to suffer […] is inherent in human embodiment. To be vulnerable is to be fragile, to be susceptible to wounding and to suffering; this susceptibility is an ontological condition of our humanity […]. [O]ur corporeal vulnerability [can also be linked] to the inherent sociality of human life: as embodied, social beings, we are both vulnerable to the actions of others and dependent on the care and support of other people […]“ (Mackenzie et al.
2014, S. 4; vgl. Ten Have
2016, S. 13; vgl. Bozzaro et al.
2018, S. 239).
Es ist das grundlegende Verständnis von Vulnerabilität als conditio humana, das darin zum Ausdruck kommt. Zum anderen rufen spezielle Kontexte Vulnerabilität besonders hervor. Deshalb ist es möglich zu sagen, dass in Hinblick auf bestimmte Kontexte, manche Menschen
vulnerabler sind als andere: „As human beings, we all share the fundamental experience of vulnerability, albeit to varying degrees depending on our specific situations and circumstances“ (Bozzaro et al.
2018, S. 238). Die menschliche Grundvulnerabilität ist die Voraussetzung für das Auftreten kontextabhängiger Vulnerabilität (vgl. Ten Have
2016, S. 125; vgl. Martin et al.
2014, S. 62). Catriona Mackenzie, Wendy Rogers und Susan Dodds bezeichnen die beiden vorgestellten Kategorien als inhärente und situative Vulnerabilität (vgl. Mackenzie et al.
2014, S. 7). Situative Vulnerabilität kann kurzfristig, mittelfristig oder strukturell auftreten (vgl. Mackenzie et al.
2014, S. 7). Inhärente Vulnerabilität betont die geteilte Erfahrung menschlicher Verletzlichkeit, situative Vulnerabilität hebt die Weise hervor, in der Machtgefälle, Abhängigkeiten und Bedürftigkeit Vulnerabilität hervorrufen können: „[…] [T]his taxonomy acknowledges the ontological vulnerability that is inherent in the human condition while at the same time enabling the identification of context-specific forms of vulnerability“ (Mackenzie et al.
2014, S. 7). Um den Begriff der Vulnerabilität zu verstehen, sind beide Ansätze – Vulnerabilität als conditio humana und als kontextspezifische Erscheinung – in ein umfassendes Konzept zu integrieren, wie z. B. von Angela K. Martin, Nicolas Tavaglione und Samia Hurst vorgeschlagen:
„Any definition of particularly vulnerable individuals in need of special protection needs to be embedded into a larger understanding of vulnerability: that is, vulnerability as a permanent intrinsic property of all beings with certain types of interest, but with different likelihoods of manifestation“ (Martin et al.
2014, S. 62).
Gemäß Martin, Tavaglione und Hurst wird die menschliche Grundvulnerabilität in manchen Situationen, bei manchen Individuen manifest, bei anderen oder unter anderen Umständen wiederum nicht. Die Notwendigkeit besonderer Schutz- oder Unterstützungsmaßnahmen ist demnach individuell und situationsabhängig zu prüfen (Martin et al.
2014, S. 62).
Vulnerabilität ist grundsätzlich von Potentialität gekennzeichnet, da es immer um den
möglichen Eintritt von
negativen Auswirkungen für die Betroffenen geht (vgl. Ten Have
2016, S. 14). Bestehende Vulnerabilität weist auf die besonders hohe Wahrscheinlichkeit hin, Schaden, Nachteile oder Erschwernisse zu erfahren:
„[…] [V]ulnerability is a conditional notion. It expresses a potentiality. […] Vulnerability means that there is the possibility of harm, injury, exploitation or abuse but it does not imply that these negative effects are actually happening or have occurred“ (Ten Have
2016, S. 8).
Dies schafft gleichzeitig den Spielraum für schützende Eingriffe: „Because vulnerability is a potentiality there is also room for intervention“ (Ten Have
2016, S. 14).
In ihrem 2008 veröffentlichten Artikel „Vulnerability in Research and Health Care. Describing the Elephant in the room?“ (Hurst
2008) untersucht Samia Hurst Vulnerabilitätskonzepte im Bereich des Gesundheitswesens und der Forschung. Um Forschungsteilnehmende zu schützen, bedürfe es mit Blick auf die Missbrauchsprävention mehr als die informierte Einwilligung (vgl. Hurst
2008, S. 193). Hurst schlägt vor, Vulnerabilität offener als nur als eingeschränkte Einwilligungsfähigkeit zu bestimmen, nämlich als „an identifiably increased likelihood of incurring additional or greater wrong“ (Hurst
2008, S. 195). Eine vulnerable Person ist demnach eine, die in einem je speziellen Setting eine größere Wahrscheinlichkeit aufweist, mehr oder größeren Schaden zu erleiden als andere Personen in derselben Situation. Damit eröffnet sich eine große Bandbreite möglicher Anwendungsfälle des Vulnerabilitätsbegriffs: „If we accept the proposed definition, it is not surprising that vulnerability proves hard to define: it is as multiple as potential wrongs and as sources of greater likelihood of suffering them“ (Hurst
2008, S. 197). Zur feineren Analyse konkreter Anwendungsfälle schlägt Florencia Luna ein Konzept von Verletzlichkeitsschichten (layers of vulnerability) vor, das insbesondere die Kontextabhängigkeit und Dynamik von Vulnerabilität hervorhebt:
„[…] [One] acquires a layer of vulnerability; […] [one] is vulnerable in some particular aspect that is the result of the interaction of her particular circumstances and her own characteristics. If this is so, vulnerability should not be understood as a permanent and categorical condition, a label that is attached to someone given certain conditions (such as lack of power or incapability) that persists throughout its existence. It is not a black or white concept, that is, a fixed label that includes or excludes a particular group. Rather it should be seen as layered and inessential“ (Luna
2009, S. 129).
Bzgl. der Vulnerabilitätsschichten ist demnach nicht an sich absetzende, feste Sedimentschichten zu denken, sondern vielmehr an bewegliche und austauschbare Stoffschichten. Mit ihrem Konzept wendet sich Luna gegen das bloße Zuordnen von Menschen zu vulnerablen Gruppen, wie sie es in gängigen ethischen Richtlinien – z. B. dem Belmont Report
1 und den CIOMS-Guidelines
2 – vorfand (Luna
2009, S. 124). Verschiedene lebensweltliche Herausforderungen von Patient*innen im Rahmen einer Therapie können mithilfe von Lunas Konzept als Schichten von Verletzlichkeit verstanden und erfasst werden, die sich summieren können (vgl. Luna
2009, S. 123).
3 Gleichzeitig wird durch die Anwendung des Schichten-Konzeptes der Gefahr von Exklusions- und Diskriminierungstendenzen vorgebeugt, da die pauschale Zuordnung zu vulnerablen Gruppen entfällt. Keinesfalls sollte nämlich schon im Voraus eine Empfehlung gegen eine bestimmte Form der Therapie nur anhand der vorherigen Zuordnung des*der Patient*in zu einer bestimmten Gruppe, z. B. der Alleinstehenden oder der von Wohnungsunsicherheit Betroffenen, erfolgen. Ebenso gilt es, sogenannte pathogene Vulnerabilitäten zu vermeiden: „Pathogenic vulnerabilities may […] arise when a response intended to ameliorate vulnerability has the paradoxical effect of exacerbating existing vulnerabilities or generating new ones“ (Mackenzie et al.
2014, S. 9). Dies wäre beispielsweise der Fall, wenn besondere Hilfsbedarfe für alle sichtbar gekennzeichnet werden würden und infolgedessen für die Betroffenen die erhöhte Gefahr bestünde, innerhalb eines besonders sensiblen Rahmens Diskriminierungs- und Stigmatisierungserfahrungen zu erleiden.
Martha Nussbaums Befähigungsansatz
Es ist deutlich geworden, dass der Vulnerabilitätsbegriff ein changierender und gleichzeitig normativer Begriff ist. Wie genau lässt sich nun dessen Normativität ausbuchstabieren? Dazu wird im Folgenden der Befähigungsansatz (Capabilities Approach) nach Martha Nussbaum herangezogen. Dieser bringt die Forderung nach Achtung der Autonomie des*der Einzelnen mit der Forderung nach gesellschaftlicher Unterstützung für die Befähigung zu einem guten Leben zusammen. Ein gutes Leben zu ermöglichen – das heißt nach Nussbaum ein florierendes und der Würde angemessenes Leben – ist das übergeordnete Ziel des Befähigungsansatzes. In Nussbaums Ansatz geht es darum, allen Menschen den Zugang zu bestimmten Möglichkeitsräumen zu gewährleisten, die ein gutes Leben erlauben, z. B. die Möglichkeit von Gesundheit, den Zugang zu Bildung, politische Teilhabe und Freizeit (vgl. Nussbaum
2011, S. 18, 30, 33 f.). Nussbaum nennt insgesamt zehn Basis-Befähigungen, die Menschen innerhalb einer Gesellschaft die Freiheit bieten würden, sich zu entfalten. Eine der von ihr vorgeschlagenen zehn Basis-Befähigungen (Central Capabilities) ist auch körperliche Gesundheit: „Bodily health: Being able to have good health“ (Nussbaum
2011, S. 33). Ob diese Möglichkeiten letztendlich genutzt werden, unterliegt der Entscheidungsfreiheit des*der Einzelnen (vgl. Nussbaum
2011, S. 25). Auch innerhalb der Durchführung einer onkologischen Behandlung ist das Ziel nicht, einen Therapieabbruch um jeden Preis zu verhindern. Dem Befähigungsansatz zufolge muss es somit im Rahmen eines würdevollen, guten Lebens als geboten begriffen werden, den Patient*innen die Durchführung der von ihnen im Austausch mit dem*der behandelnden Ärzt*in gewählten onkologischen Therapie
zu ermöglichen. Der Befähigungsansatz selbst gibt keine Richtlinien an die Hand, wie dies zu erreichen ist (vgl. Ruger
2010b, S. 58, 62). Vielmehr weist er auf die
Frage hin, wie die Befähigung zu Gesundheit (health capability) im jeweiligen Fall gewährleistet werden könnte. Die nicht-körperlichen Barrieren, die der Möglichkeit von Gesundheit im Wege stehen, sind aber gerade
soziale Vulnerabilitäten. Diese nicht aktual werden zu lassen, ist somit eine grundlegende Bedingung der Möglichkeit von Gesundheit. Soziale Gerechtigkeit im Sinne des Befähigungsansatzes im Bereich Gesundheitsversorgung zu schaffen meint somit auch, allen Menschen echte Wahlfreiheit bezüglich der Durchführung der gemeinsam mit den Ärzt*innen im Sinne des Shared Decision Making abgestimmten Therapie zu ermöglichen (vgl. Ruger
2010b, S. 134). Damit möchten wir ausdrücklich nicht behaupten, dass Patient*innen derzeit zu der Ausführung zu ihrer Lebenssituation nicht passender Therapien genötigt werden würden, sondern dass es unserer Erfahrung nach häufig vorkommt, dass trotz gemeinsamer Entscheidungsfindung im Sinne des Shared Decision Making von Patient*innen und Ärzt*innen die zusammen gewählte Therapie aufgrund lebensweltlicher Barrieren doch nicht – entgegen den Wünschen des*der zu Behandelnden – aufrechterhalten werden kann. Für solche Fälle braucht es individuelle Unterstützungs- und Hilfsangebote: „[…] [T]he capability approach expresses the idea of human heterogeneity – that individuals have varying needs for resources in order to achieve the same level of capability […]“ (Ruger
2010b, S. 58). Echte Wahlfreiheit bedeutet hierbei die Möglichkeit der Wahl zwischen Handlungsoptionen, die von einem Individuum in seiner*ihrer Lebensumgebung ausgewählt werden können, ohne dass sie nur pro forma existieren, weil andernfalls z. B. soziale Ächtung droht. Insofern bezieht der Befähigungsansatz die sozialen und lebensweltlichen Faktoren der Patient*innen mit ein. Zugleich vermeidet der Ansatz paternalistische Tendenzen, da die Menschen befähigt werden, zu wählen, aber keine Wahl vorgeschrieben wird.
Jennifer Prah Ruger formuliert die von Nussbaum vorgeschlagene Kategorie der Befähigung zu Gesundheit (health capability) aus und macht die Anwendung des Befähigungsansatzes auf den Bereich Gesundheit zum integralen Bestandteil ihrer Theorie der Gesundheitsgerechtigkeit:
„First, this theory is rooted in a particular view of the good life: human flourishing, which values health intrinsically and more highly than non-intrinsic or solely instrumental social goods, such as income. This view gives special moral importance to a concept here called ‚health capability‘. Health capability [is] a person’s ability to be healthy […]. […] Capability describes what individuals are able to do and be, offering a realistic sense of their real freedom to pursue the lives they value“ (Ruger
2010b, S. 3; vgl. Ruger
2010b, S. XXVI).
Durch den Befähigungsansatz wird es möglich, soziale Faktoren als förderliche oder hinderliche Elemente in die Gesundheits-Debatte miteinzubeziehen. Laut Ruger hängt die Möglichkeit von Gesundheit (health capability) von einer ganzen Reihe innerer und äußerer Faktoren ab, die sich gegenseitig beeinflussen:
„Ruger places health capability at the intersection of micro-, mezzo- and macro biopsychosocial forces, whereby individual health capability is shaped by: biological forces (e.g. genetics, personality); socio-cultural forces (e.g. social networks, culture and norms, life circumstances); public health and healthcare systems; and the broader social, economic, political and economic environment“ (Pithara
2020, S. 154; vgl. Ruger
2010a, S. 47, Abb. 1).
In diesem Kontext nennt Ruger als mögliche Barrieren für den Zugang zu Gesundheitsversorgung von hoher Qualität u. a. einen fehlenden oder unzureichenden Versicherungsstatus, Armut, geographische Verfügbarkeit bzw. schwere Erreichbarkeit der Versorgungsangebote, soziokulturelle und sprachliche Missverständnisse zwischen Behandelnden bzw. Pflegenden und Patient*innen sowie Unkenntnis oder Fehlinformation über Bedarfe und Leistungen (vgl. Ruger
2010b, S. 151). Ähnliche Faktoren könnten in der onkologischen Behandlung als hinderlich auftreten. Um die negativen Auswirkungen der belastenden sozialen und lebensweltlichen Faktoren auf die Durchführung der Therapie zu reduzieren oder sogar aufzuheben, sind passgenaue Hilfs- und Unterstützungsangebote notwendig.
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