Zusammenfassung
Ess- und Gewichtsstörungen sind mit einer Vielzahl von komorbiden Störungen assoziiert (Kap.
24–
26 in diesem Buch). So liegen deutliche Hinweise für einen Zusammenhang von Übergewicht bzw. Adipositas, Essstörungen und der Alkoholkonsumstörung vor. Insbesondere die Binge-Eating-Störung (BES) und die Bulimia nervosa (BN), also jene Essstörungen, die mit Essanfällen verbunden sind, scheinen mit Alkoholkonsum assoziiert zu sein, während Anorexia nervosa (AN) in den Studien nicht bzw. in geringerem Ausmaß mit Alkoholkonsumstörungen assoziiert ist (Bahji et al. 2019). Ein Großteil der Forschung bezieht sich dabei auf die Komorbidität von klinisch diagnostizierten Substanzkonsumstörungen und Ess- und Gewichtsstörungen. Untersuchungen auf Symptomebene leisten jedoch wichtige Erkenntnisse. So zeigten z. B. mehrere Studien einen negativen Zusammenhang zwischen der Trinkhäufigkeit von Alkohol und dem BMI, jedoch einen positiven Zusammenhang zwischen der Intensität des Konsums („binge drinking“) und dem BMI. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen legen nahe, dass die auf Diagnose-Ebene beobachteten Komorbiditäten zwischen Ess- und Gewichtsstörungen und Substanzkonsumstörungen darauf zurückzuführen sein könnten, dass die pathologischen Verhaltensmuster auf den gleichen Mechanismen beruhen und auf gleiche zugrunde liegende Vulnerabilitätsfaktoren zurückgeführt werden könnten. Vor diesem Hintergrund soll in diesem Kapitel ein Überblick über den aktuellen Forschungstand zur Bedeutung von Mechanismen abhängigen Verhaltens bei der Entstehung von Ess- und Gewichtsstörungen gegeben werden. Weiterhin soll auf das Konzept der „food addiction“ eingegangen werden. Schließlich werden Therapieoptionen diskutiert.