Erschienen in:
23.06.2022 | Originalien
Wie erklärt sich der „geschlechtsspezifische Ruf“ von Weiterbildungsfächern?
Gründe für die geschlechtsspezifische Fachauswahl und Karriere in Weiterbildungsfächern der Wirbelsäulenchirurgie sowie einem „weiblichen“ Vergleichsfach
verfasst von:
Dr. med. Clara Berlin, Madita Molt, Prof. Dr. med. Henry Halm, Prof. Dr. med. Markus Quante
Erschienen in:
Die Orthopädie
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Ausgabe 8/2022
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Zusammenfassung
Hintergrund
Aktuell überwiegt der Anteil der Frauen in Studium und Weiterbildung, die fachspezifische Verteilung bis zur Führungsposition ist aber teilweise reziprok (Orthopädie/Chirurgie). Gibt es Unterschiede, die auf eine geschlechtsabhängige Umverteilung in Führungspositionen bereits in der Weiterbildungswahl hindeuten?
Methodik
Onlineumfrage mit Assistenzärzt/-innen der Orthopädie/Unfall(OUC)- und Neurochirurgie (NCH). Vergleich mit Gynäkologie (GYN). Statistische Auswertung, Mittelwert in Prozent, statistische Unterschiede mittels t‑ oder chi2-Test (Signifikanzniveau α = 0,05).
Ergebnisse
Rückläufer Fragebogen = 277, vollständige Teilnahme = 250. Ärztinnen: OUC:52 %, NCH:57 %, GYN:85 %. Insgesamt 49 % wurde im Studium vermittelt, dass aus geschlechtsspezifischen Gründen ein Fach ungeeignet sei (w57–76 %, m10–33 %). Häufigster Grund für ein Fach: alle = „operative Tätigkeit“, zweithäufigster Grund: OUC-w = „gutes Arbeitsklima“, OUC-m = „Niederlassung“, NCH-w = „Karriere“ und „gutes Arbeitsklima“, NCH-m = „gutes Arbeitsklima“, GYN-w = „Niederlassung“, GYN-m = „Karriere“. Häufigster Grund dagegen: OUC/GYN = „kaum Niederlassungsmöglichkeit“, NCH = „negativer Führungsstil durch Vorgesetzte“. Bei Ärztinnen in OUC/NCH hatte Vereinbarkeit von Beruf/Familie geringsten Einfluss auf Fachgebietswahl. Deren subjektive Einschätzung über Vereinbarkeit war signifikant am schlechtesten und insgesamt (OUC/NCH) signifikant schlechter als in GYN. Zwar begründen Ärztinnen in NCH die Fachgebietswahl häufiger mit Karrierezielen, Ärzte in OUC/NCH streben aber eher eine höhere hierarchische Position an.
Diskussion
Die Ergebnisse der Studie unterstreichen, dass die Fächer bereits im Studium eine geschlechtsspezifische Prägung erhalten, die deutliche Auswirkungen auf die Fachgebietswahl hat. Das diesbezügliche Image muss überdacht werden, da absehbar auch chirurgische Fächer auf mehr weibliches Fachpersonal werden zurückgreifen müssen.