Zöliakie-Kranke entwickeln vermehrt Reizdarm-Syndrom

Menschen mit endoskopisch gesicherter Zöliakie-Diagnose tragen ein deutlich erhöhtes Risiko, später auch noch die Diagnose Reizdarm-Syndrom zu erhalten. Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Ähnlich wie durch Infektionen oder entzündliche Darmerkrankungen kann ein Reizdarm-Syndrom (RDS) wohl auch durch eine Zöliakie getriggert werden: Darauf deutet zumindest eine Studie mit mehr als 27.000 Zöliakiekranken aus Schweden hin. Die Betroffenen hatte im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung ein mehr als verdreifachtes Risiko für eine spätere RDS-Diagnose. Risiko mehr als verdreifacht Für die Studie wurden 27.262 Personen ab dem Zeitpunkt einer Histologie-basierten Zöliakiediagnose sowie 132.922 nach Alter und Geschlecht passende Kontrollen aus der Allgemeinbevölkerung durchschnittlich elf Jahre lang nachbeobachtet. Um einen Überwachungsbias zu vermeiden, wurden nur RDS-Diagnosen mit einem Mindestabstand von einem Jahr zur Zöliakiediagnose berücksichtigt. Eine solche Diagnose bekamen in der Zöliakiegruppe 2,7%, in der Kontrollgruppe waren es nur 0,9%. Damit entfiel auf 60 Zöliakiepatienten im Lauf von zehn Jahren eine zusätzliche RDS-Diagnose. Unter Berücksichtigung weiterer Einflussfaktoren (Bildungsniveau, Herkunftsland, Charlson-Comorbidity-Index, frühere stationäre Behandlungen) entsprach dies einer Risikosteigerung auf das 3,1-Fache, mit ähnlichen Werten für RDS vom Diarrhö- und vom Nicht-Diarrhö-Typ (adjustierte Hazard Ratio, aHR 3,0 und 3,2). Ein erhöhtes RDS-Risiko bei Zöliakie fand sich unabhängig von Alter, Geschlecht und Kalenderjahr. Das relative Risiko, neu ein RDS zu entwickeln, ging zwar mit dem zeitlichen Abstand zur Zöliakiediagnose zurück, es war aber auch zehn Jahre danach noch doppelt so hoch wie in der Allgemeinbevölkerung (aHR 2,0). Nach 15 Jahren hatten 3,2% der Zöliakiepatienten und 1,1% der Kontrollen ein RDS diagnostiziert bekommen. Bestätigung in Geschwisteranalyse Gestützt wird das Ergebnis durch die Gegenüberstellung von 19.211 Zöliakiekranken und 32.000 Geschwistern: Erstere hatten ab dem ersten Jahr nach ihrer Diagnose ein 2,4-mal und ab dem zehnten ein 1,7-mal so hohes RDS-Risiko wie ihre gesunden Geschwister. Erwartungsgemäß wurde bei Patienten mit persistierender Dünndarmzotten-Atrophie seltener ein RDS neu erkannt als bei Betroffenen mit Abheilung der Mukosa: Eine RDS-Diagnose setzt üblicherweise den Ausschluss einer organischen Erkrankung voraus. Mehr RDS-Diagnosen vor der Zöliakiediagnose Ein deutliches Plus an RDS-Diagnosen im Vergleich zur Kontrollgruppe, nämlich um 260%, ließ sich auch schon in der Zeit vor einer Zöliakiediagnose feststellen. Die Studiengruppe um Karl Mårild von der Sahlgrenska-Academie in Göteborg vermutet allerdings, dass es sich hierbei größtenteils um unspezifische und nicht erkannte Symptome einer noch nicht voll entwickelten Zöliakie handelt. Dafür spreche auch, dass nur bei einem Viertel der Zöliakiekranken eine vorausgegangene RDS-Diagnose auch nach der Zöliakiediagnose noch dokumentiert wurde. Mårild et al. raten daher dringend, bei einem RDS-Verdacht auch auf eine Zöliakie zu screenen. Diese Empfehlung wird auch in der deutschen Zöliakie-Leitlinie gegeben. Das Wichtigste in Kürze Frage: Erhöht eine Zöliakie das Risiko für ein späteres Reizdarm-Syndrom (RDS)? Antwort: Nach einer Zöliakiediagnose ist das Risiko für ein RDS mehr als verdreifacht. Bedeutung: Eine Zöliakie könnte als Trigger für ein RDS wirken. Einschränkung: Gehäufte RDS-Diagnosen schon vor einer Zöliakiediagnose könnten auf erste Gluten-induzierte Beschwerden zurückgehen.

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