Knorpel besitzt ein nur ein sehr geringes Heilungspotenzial. Die chirurgische Reparatur von Knorpeldefekten ist eine Domäne der regenerativen Medizin. Die traditionelle Methode der
Mikrofrakturierung
, bei der der subchondrale Knochen mit Ahlen eröffnet wird, ist de facto eine Stammzelltherapie. Die Einblutung aus dem subchondralen Knochen führt zur Bildung eines Blutgerinnsels („super clot“), das MSCs und Wachstumsfaktoren enthält und eine Geweberegeneration induziert [
36]. Allerdings ist hinlänglich bekannt, dass kein hyaliner Knorpel, sondern minderwertiger Faserknorpel entsteht und durch die Frakturierung der subchondralen Knochenlamelle intraläsionale Osteophyten und Niveauunterschiede des Defektgrundes entstehen können [
37]. Die Mikrofrakturierung, die weiterhin als Goldstandard gilt, mit der sich alle neu eingeführten Methoden vergleichen müssen, wird nur für Defekte bis zu einer Größe von 2,5 cm
2 empfohlen [
38]. Die autologe Knorpelzelltransplantation und ihre Weiterentwicklung als MACT („matrix associated autologous chondrocyte transplantation“) haben sich als erfolgreiche Methode für größere Defekte etabliert und weisen stabile Langzeitergebnisse auf. Allerdings handelt es sich um eine zweizeitige Methode (Knorpelzellbiopsie, Zellzüchtung, Implantation), die technisch aufwendig ist [
39,
40,
41]. MSCs werden entweder als Injektionstherapie angewendet oder als lokale Reparaturmaßnahme mit einem Trägermaterial in einen umschriebenen Knorpeldefekt implantiert. Bei der
Injektionstherapie
wird in erster Linie die Osteoarthrose adressiert. Es wird angenommen, dass die Modulation der inflammatorischen Komponente über Sekretion von Zytokinen und Wachstumsfaktoren den Hauptwirkmechanismus darstellt. Bei der
lokalen Anwendung
im Knorpeldefekt stehen die reparativen Vorgänge im Vordergrund. Die Möglichkeit, MSCs chirurgisch zur Knorpelregeneration einzusetzen und damit einen einzeitigen Eingriff zu ermöglichen, hat in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen [
42]. Wie bereits in der Einleitung beschrieben, haben diese Zellen das Potenzial, entlang unterschiedlicher Zelllinien zu differenzieren, wesentlich ist jedoch auch ihre Fähigkeit, Gewebereparatur und -regeneration über die Sekretion von bioaktiven Molekülen zu induzieren. Caplan et al. [
43] bezeichnen die MSCs rezent auch als „pericytes“, da sie von perivaskulären Zellen abstammen [
44]. Filardo et al. [
42] publizierten 2015 eine systematische Reviewarbeit, in der 60 Studien selektiert wurden, die das Thema Stammzelltherapie von Knorpeldefekten und Frühstadien der Osteoarthrose behandeln. MSCs wurden entweder als Injektionstherapie oder im Rahmen von chirurgischen Eingriffen appliziert. Es wurden unterschiedliche Zellquellen verwendet. Die häufigste Zellart waren Knochenmarkstammzellen. Diese wurden entweder ex vivo kultiviert oder in Form eines Konzentrats verwendet. Die kultivierten Zellen wurden überwiegend bei Injektionsbehandlungen angewendet, wohingegen das Zellkonzentrat bei der chirurgischen Therapie in Form einer „onestep procedure“ häufiger zum Einsatz kam.
Fettgewebsstammzellen
stellen eine andere Möglichkeit dar, mit einer einzeitigen Operation bzw. Zellgewinnung und Injektion in einem Schritt auszukommen. Sie werden über enzymatische Gewebeverdauung und Isolation der sog. stromal-vaskulären Fraktion (SVF), die Fettgewebsstammzellen enthält, gewonnen. Sie haben ein geringeres chondrogenes Potenzial als Knochenmarkstammzellen, allerdings sind sie aufgrund der einfachen Verfügbarkeit attraktiv für die klinische Anwendung. Stammzellen aus anderen Quellen wie peripherem Blut oder Synovia, die einer Vermehrung in der Zellkultur bedürfen, wurden nur in wenigen Fallserien untersucht.
Zusammenfassend besteht eine große Heterogenität in der Art der Zellverabreichung (intraartikuläre Injektion vs. offener chirurgische oder arthroskopische Applikation in den Defekt), Verwendung von unterschiedlichen Trägermaterialien (Kollagenmatrices, Hyaluronmatrices, Hydroxylapatit, Fibrinkleber) und Kostimulatoren (PRP). Als Outcomeparameter wurden radiologische und arthroskopische Untersuchungen verwendet, des Weiteren subjektive Scores [
45]. Während die klinischen Resultate als auch die makroskopischen und Magnetresonanztomographie (MRT)-Ergebnisse einen durchweg positiven Trend zeigten, gab es bei histologischen Auswertungen kontroversielle Ergebnisse [
42]. Auch wenn die Evidenzlage sehr gering ist, kann festgestellt werden, dass bisher keine Studie von negativen Nebenwirkungen der Anwendung von MSCs in Gelenken berichtete [
42,
45]. In dem rezenten und sehr umfassenden systematischen Review von Goldberg et al. [
45] wurden nicht nur klinische Studien, sondern auch In-vitro- und Tierstudien eingeschlossen. Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass es keine Zusammenhänge zwischen den präklinischen und klinischen Daten gibt und kaum eine Arbeitsgruppe eine Methode systematisch von In-vitro- über Tierstudie bis in die humane Anwendung untersuchte. Viel eher entwickelt sich ein Nebeneinander von synergistischer Evidenz, die durch die Patientennachfrage, das Interesse der Mediziner und regulatorische Gegebenheiten bestimmt wird. Daher müssen sowohl translationale Forschung als auch prospektive randomisierte kontrollierte Studien gefordert werden, um Klarheit über die beste Zellquelle, Art der Verabreichung und Indikationsstellung zu gewinnen.