Amyloid-Angiopathie per Transfusion übertragbar?

Wer Blut von Personen bekommt, die später multiple Hirnblutungen erleiden, muss ebenfalls mit einem erhöhten Risiko für intrazerebrale Blutungen rechnen. Möglicherweise lässt sich eine zerebrale Amyloidangiopathie per Bluttransfusion übertragen. Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Ein Molekül, das sich prionartig ausbreitet, dazu noch in den Blutgefäßen ablagert und daher leicht bei Transfusionen übertragen werden könnte – das möchte keiner infundiert bekommen. Möglicherweise passiert das aber häufiger als gedacht: So lösen Beta-Amyloid-Aggregate bekanntlich nicht nur Morbus Alzheimer aus, sondern auch die zerebrale Amyloid-Angiopathie (CAA), sofern sich die Proteine in den Hirngefäßen ansammeln. Stellt das Blut von Menschen, die später an einer CAA erkranken und vielleicht schon massiv Beta-Amyloid in ihren Gefäßen ablagern, bei Transfusionen also eine Gefahr dar? Die Analyse von schwedischen und dänischen Registern deutet in diese Richtung: Erhalten Menschen Blut von Spendern, die später multiple Hirnblutungen erleiden und daher vermutlich eine CAA aufweisen, so steigt ihr eigenes Risiko für intrazerebrale Blutungen (ICB) um mehr als das Doppelte. Stammt das Blut hingegen von Menschen mit einer isolierten Hirnblutung, ist das Risiko ebenso wenig erhöht wie bei Blut von Personen, die später multiple ischämische Schlaganfälle entwickeln. Zu diesem Schluss kommt ein Team um Dr. Jingcheng Zhao vom Karolinska-Institut in Stockholm nach Analyse der Krankengeschichten von rund 1,1 Millionen Menschen, die in Schweden und Dänemark seit den 1970er-Jahren Bluttransfusionen erhalten haben. Übertragung prinzipiell möglich Der Verdacht, dass transferiertes Beta-Amyloid Krankheiten auslösen kann, ist nicht neu. In Tierversuchen war dies möglich, auch gibt es dokumentierte Fälle von CAA und Alzheimer nach dem Transfer von humanem Wachstumshormon und menschlichen Hirnhäuten, allerdings sind solche Fälle extrem selten, zudem ist in der Regel ein direkter Kontakt von kontaminiertem Material mit dem Hirngewebe erforderlich. So waren in Tierversuchen bei peritonealer Injektion rund 1000-fach höhere Beta-Amyloid-Konzentrationen nötig als bei intrazerebraler Injektion, um eine CAA-ähnliche Erkrankung zu erzeugen. Um das CAA-Risiko durch Transfusionen zu ermitteln, haben Zhao und Mitarbeitende elektronisch verfügbare Angaben von rund 760.000 Schweden und 330.000 Dänen aus Blutdatenbanken überprüft. Ausgeschlossen wurden Menschen mit ICB oder Hirntumor in der Historie. Anhand umfassender nationaler Gesundheitsdatenbanken konnten sie schauen, was mit Spendern und Empfängern anschließend geschah. Im Median ließ sich deren Schicksal über knapp sechs Jahre nachverfolgen, für rund 10% lagen Angaben zu über 20 Jahren vor. Die Empfänger waren zum Zeitpunkt der Transfusion im Mittel 65 Jahre alt, der Frauenanteil erreichte knapp 60%. Rund 1% hatte Blut von Spendern erhalten, die später eine isolierte ICB entwickelten, insgesamt 1300 Personen (0,1%) von solchen mit multiplen ICB. Verdoppelte Inzidenz von Hirnblutungen Von den Empfängern entwickelten rund 7000 später eine spontane ICB und 750 multiple ICB. Pro 1000 Personenjahre kam es zu etwa 1,1 Hirnblutungen, wenn die Spender frei von ICB blieben, ähnlich hoch war die Inzidenz bei einer isolierten ICB. Stammte das Blut jedoch von einer Person mit multiplen ICB, lag die Inzidenz bei 3,2 (Schweden ) und 2,8 (Dänemark) pro 1000 Patientenjahre, was sich jeweils in eine 2,7- und 2,3-fach erhöhte Rate übersetzt. Allerdings hatten in beiden Kohorten zusammen nur 24 Personen, die Blut von Spendern mit multiplen ICB erhalten hatten, selbst eine ICB entwickelt. Letztlich basiert der Verdacht auf eine CAA-Übertragung per Transfusion auf lediglich zwei Dutzend Betroffener. Wurden davon Personen ausgeschlossen, die bereits innerhalb von fünf Jahren nach der Transfusion eine Hirnblutung entwickelten, das waren mehr als die Hälfte, schwächte sich der Zusammenhang etwas ab, blieb aber bestehen. Ähnlich stark wie eine multiple ICB erhöht den Daten zufolge eine isolierte ICB plus Demenz das Hirnblutungsrisiko bei den Empfängern. Kein Zusammenhang gab es jedoch zwischen isolierten oder multiplen ischämischen Schlaganfällen bei Spendern und Hirnblutungen bei Empfängern. Die Analyse gibt einige Rätsel auf: Auf der einen Seite geht eine vermutete CAA bei Spendern konsistent mit einem erhöhten Risiko für Hirnblutungen bei Empfängern in beiden Kohorten einher, zugleich besteht kein Zusammenhang zwischen ischämischen Infarkten von Spendern und Hirnblutungen bei Empfängern, was für einen spezifischen Effekt spricht. Stutzig macht allerdings die Beobachtung, dass die meisten Hirnblutungen in den ersten fünf Jahren nach der Transfusion auftraten. Bei CAA-Übertragungen durch verpflanzte Hirnhäute wurden deutlich längere Intervalle beobachtet. Das Wichtigste in Kürze Frage: Lässt sich eine zerebrale Amyloid-Angiopathie (CAA) durch Bluttransfusionen übertragen? Antwort: Erhalten Menschen Blut von Spendern, die später multiple Hirnblutungen erleiden und damit vermutlich eine CAA aufweisen, steigt ihr Hirnblutungsrisiko einer schwedisch-dänischen Analyse zufolge um mehr als das Doppelte. Bedeutung: Möglicherweise lässt sich eine CAA per Bluttransfusion übertragen. Einschränkung: Daten basieren auf nur 24 Fällen von Hirnblutungen nach Bluttransfer von späteren CAA-Kranken. Davon entwickelten die meisten eine Hirnblutung in den ersten fünf Jahren nach einer Transfusion, was wiederum gegen einen Zusammenhang mit der Transfusion spricht.

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