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Erschienen in: Zentralblatt für Arbeitsmedizin, Arbeitsschutz und Ergonomie 6/2020

Open Access 08.04.2020 | Gynäkologische Tumoren | Übersichten

Endometriumkarzinom

Eine Übersicht

verfasst von: Katja Ouassou, Doris Klingelhöfer, Prof. Dr. Dörthe Brüggmann

Erschienen in: Zentralblatt für Arbeitsmedizin, Arbeitsschutz und Ergonomie | Ausgabe 6/2020

Zusammenfassung

Das Endometriumkarzinom (EC) ist weltweit die sechsthäufigste Krebserkrankung der Frau. Im Jahr 2018 wurden mehr als 380.000 Neuerkrankungen und mehr als 89.000 Todesfälle registriert. Bekannte Risikofaktoren sind das steigende Lebensalter, ein erhöhter Body-Mass-Index (BMI) und eine alleinige Hormontherapie mit Östrogenen ohne Gestagenschutz. Aufgrund der meist früheinsetzenden Symptomatik (z. B. abnormale uterine Blutungen) wird das EC häufig in einem frühen Stadium diagnostiziert, welches sich begünstigend auf die Therapie und die generelle Prognose auswirkt. Eine Früherkennungsuntersuchung wird trotz steigender Inzidenzzahlen nicht empfohlen. Präventiv wirken eine gesunde und sportlich aktive Lebensweise, eine hohe Geburtenzahl und die Verhütung mittels gestagenhaltiger Kontrazeptiva oder der Hormonspirale.

Lernziele

Nach Durcharbeiten des Übersichtsartikels kann der Leser …
  • die zwei unterschiedlichen Karzinomtypen unterscheiden,
  • diese hinsichtlich der Epidemiologie, Histologie und Prognose einordnen,
  • den Zusammenhang zwischen endo- und exogener Östrogenexposition und Karzinogenese verstehen,
  • das differenzierte diagnostische Vorgehen bei symptomatischen Patienten nachvollziehen,
  • die Inhalte des systematischen operativen Staging verstehen.

Karzinom im Überblick

Das Endometriumkarzinom (EC) ist weltweit die sechsthäufigste Krebserkrankung der Frau. Im Jahr 2018 wurden mehr als 380.000 Neuerkrankungen und mehr als 89.000 Todesfälle registriert. Während in Nordamerika und Europa die höchsten Inzidenzen verzeichnet werden, ist in Asien und Afrika das Vorkommen eher niedrig. In Deutschland beträgt das mittlere Erkrankungsalter 69 Jahre. Mit einer jährlichen Neuerkrankungsrate von mehr als 10.429 Frauen im Jahr 2018 zählt es zur vierthäufigsten Krebserkrankung der Frau. Aufgrund dieser hohen Inzidenz sind ein evidenzbasiertes Wissen über die Epidemiologie, die Pathohistologie, die Diagnostik und die therapeutischen Möglichkeiten eine essenzielle Voraussetzung, um Frauen mit einem erhöhten Erkrankungsrisiko zu identifizieren, eine möglichst frühe Diagnose zu stellen und einen Beitrag zur allgemeinen Risikosenkung zu leisten [14].
Wichtig
In Deutschland erkranken jährlich mehr als 10.000 Frauen neu an einem EC.

Definition und Histologie

Das EC ist eine maligne Neoplasie der Gebärmutter, die vom epithelialen Anteil des Endometriums ausgeht. Abnorme uterine Blutungen, einschließlich unregelmäßiger Zyklen, azyklischer Blutungen und postmenopausaler Blutungen, sind die allgemein häufigsten Symptome. 90 % der Frauen mit diagnostizierten EC wiesen zuvor diese Symptomatik auf [5, 6].
Generell wird das EC in 2 Typen kategorisiert, welche sich hinsichtlich der Epidemiologie, Genetik, Prognose und Behandlung unterscheiden:
Man unterschiedet das häufigere östrogenassoziierte Typ-1- vom östrogenunabhängigen Typ-2-Karzinom
Das östrogenassoziierte Typ-1-EC entsteht durch eine Östrogenüberstimulation und wird histopathologisch als endometrioides Adenokarzinom bezeichnet. Mehr als drei Viertel aller EC (etwa 90 %) lassen sich diesem Typ zuordnen. In den meisten Fällen handelt es sich zum Zeitpunkt der Diagnosestellung um gut differenzierte und auf den Uterus begrenzte Tumoren. Typischerweise haben endometrioide Adenokarzinome eine gute Prognose [36].
Dem östrogenunabhängigen Typ-2-EC werden mehrere Tumorarten zugeordnet, welche insgesamt seltener vorkommen. Hierzu zählen die klarzelligen und serösen Adenokarzinome sowie das Karzinosarkom. Das Typ-2-EC gilt als undifferenziert, hat ein signifikant höheres Risiko für extrauterine Erkrankungen und eine wesentlich schlechtere Prognose als das Typ-1-EC [4, 5].

Ätiologie und Risikofaktoren

Es wurden viele protektive sowie Risikofaktoren für die Entstehung des EC identifiziert [7]. Bei Frauen, die rauchen, viele Kinder zur Welt brachten, Sport treiben und mittels gestagenhaltiger Kontrazeptiva oder der Hormonspirale verhüten, reduziert sich das Risiko, an einem EC zu erkranken [5].
Risikofaktoren sind vielfach und umfassen eine endogene oder exogene Östrogenexposition des Endometriums, bestimmte Medikamente, das Alter und genetische Faktoren (Tab. 1). In der Literatur wurde vielfach der Zusammenhang zwischen einem erhöhten Östrogenspiegel und dem Auftreten eines östrogenassoziierten Typ-1-EC beschrieben. Insbesondere für das Typ-2-EC steigert ein höheres Alter und eine zuvor erfolgte Bestrahlung des Uterus (z. B. aufgrund eines Zervixkarzinoms) das Risiko für das Auftreten dieser Malignität. Im folgenden Abschnitt soll näher auf die Risikofaktoren eingegangen werden [4, 5, 8]:
Tab. 1
Gegenüberstellung der beeinflussbaren und nichtbeeinflussbaren Endometriumkarzinom(EC)-Risikofaktoren [5]
Nichtbeeinflussbare Risikofaktoren
Beeinflussbare Risikofaktoren
Zunehmendes Alter
Erhöhter Body-Mass-Index
Genetische Faktoren z. B. Lynch-Syndrom
Langzeiteinnahme von Tamoxifen
Positive Familienanamnese bezüglich EC und/oder Kolonkarzinom
Hormontherapie mit Östrogenen ohne Gestagenschutz
Infertilität, frühe Menarche, späte Menopause
Diabetes mellitus
Polyzystisches Ovarialsyndrom
Östrogenbildender Tumor

Nichtantagonisiertes Östrogen

Ein Überschuss an Östrogenen (ohne entsprechendes Ausmaß des Gegenspielers Progesteron) erhöht das Risiko für das Auftreten eines Typ-1-EC. Eine erhöhte Anzahl endogener Östrogene kommt z. B. beim polyzystisches Ovarialsyndrom, bei östrogenproduzierenden Tumoren und bei der Umwandlung von Androgenen in Östrogene im peripheren Fettgewebe vor [35].
Frauen in der Menopause leiden häufig an typischen Symptomen, wie z. B. Hitzewallungen, Schweißausbrüche und Schlafstörungen. Eine Milderung dieser Symptomatik wird mittels der Hormonersatztherapie mit Östrogenen (exogene Östrogenexposition) erreicht. Diese alleinige Hormontherapie mit Östrogenen ohne Gestagenschutz steigert jedoch das Risiko, ein EC zu entwickeln um das 20-fache. Das Risiko steigt mit der Dauer der Exposition. Bei gleichzeitiger Gabe von Progesteron wurde eine Reduktion des EC-Risikos beobachtet [3, 5, 9].
Cave
Keine postmenopausale Patientin mit Uterus darf nichtantagonisiertes Östrogen erhalten.

Adipositas

Der überwiegende Anteil der Östrogene wird von den Ovarien produziert. Ebenso ist Fettgewebe, durch Umwandlung von Androgenen, in der Lage, Östrogene zu produzieren. Je höher der Anteil an Fettgewebe, desto höher ist der Östrogenspiegel im Körper der Frau. Adipositas ist mit einer erhöhten Inzidenz für EC assoziiert. Fall-Kontroll-Studien haben gezeigt, dass Frauen mit einem BMI >25 ein um 200–400 % gesteigertes Risiko für ein EC haben [3, 5, 10].
Cave
Ein erhöhter BMI steigert das EC-Risiko beachtlich.

Alter

Ein wichtiger Risikofaktor, welcher direkt mit der Entstehung des EC im Zusammenhang steht, ist das steigende Lebensalter. Das EC wird bei den meisten Frauen erst nach der Menopause diagnostiziert. Zum Zeitpunkt der Diagnosestellung befinden sich ca. 14 % der Frauen vor der Menopause und 5 % sind jünger als 40 Jahre [11]. Jüngere Frauen, welche ein EC entwickeln, sind eher adipös, kinderlos und entwickeln eher gut differenzierte Tumoren mit einer günstigen Zellprognose. Für junge Frauen sind daher ein hoher BMI, Nulliparität und unregelmäßige Zyklen entscheidende Risikofaktoren [12, 13].
Wichtig
Das EC ist nicht nur ein Karzinom der postmenopausalen Patientin!

Genetische Prädisposition

Frauen, welche an einem Lynch-Syndrom (hereditäres nichtpolypöses kolorektales Karzinom) leiden, haben ein erhöhtes Risiko an einem Kolonkarzinom, Ovarialkarzinom und Typ-1-EC zu erkranken. Es handelt sich um ein autosomal dominant vererbtes Syndrom, welches durch eine Mutation in den Mismatch-Reparaturgenen verursacht wird (typischerweise MLH1, MSH2, PMS2 oder MSH6). In Abhängigkeit vom Ausmaß der Genmutation haben Frauen mit Lynch-Syndrom ein 40- bis 70 %iges Risiko, ein EC zu entwickeln [4, 5, 14].

Einnahme von Tamoxifen

Tamoxifen ist ein Medikament zur Prävention und Behandlung des Mammakarzinoms. Es verhält sich im Endometrium wie ein milder Östrogenagonist. Einerseits senkt die Einnahme von Tamoxifen signifikant das Brustkrebsrisiko und das Brustkrebsrezidiv, andererseits ist deren Einnahme mit einem steigenden Vorkommen von EC assoziiert. Postmenopausal sollten Frauen unter Tamoxifentherapie über das mögliche Risiko einer Endometriumhyperplasie und eines EC informiert werden. Abnormale Blutungen sollten umgehend untersucht werden [5, 15].

Diagnostik

Früherkennung

Eine generelle EC-Früherkennungsuntersuchung bei asymptomatischen Patienten mittels transvaginaler Sonographie wird derzeit laut Leitlinie nicht empfohlen, da durch diese Intervention nicht die EC-assoziierte Mortalität gesenkt werden konnte. Gleiches gilt auch für die Hochrisikogruppen (Adipositas, polyzystisches Ovarialsyndrom, Lynch-Syndrom, Tamoxifentherapie; [4, 5]).

Untersuchungsstrategie symptomatischer Patienten

Tritt bei Frauen eine abnorme prämenopausale uterine Blutung auf, erfolgt zunächst eine gynäkologische Untersuchung, eine transvaginale Sonographie und eine Zytologie der Zervix, um andere Malignome als Blutungsursache auszuschließen. Bei unauffälliger Zytologie, einem homogen scharf abgrenzbaren Endometrium (<20 mm) sowie keinen vorhandenen EC-Risikofaktoren, sollte zunächst eine systemische oder lokale hormonelle Therapie stattfinden. Versagt diese konservative Therapie oder zeigt sich in der Erstuntersuchung ein auffälliges Endometrium (inhomogen, unscharf abgegrenzt, Polypen, >20 mm), liegt eine suspekte Zytologie bei gleichzeitig vorhandenen EC-Risikofaktoren vor (hoher BMI, Lynch-Syndrom etc.) – in diesem Fall sollte eine histologische Abklärung erfolgen. Diese kann mittels Biopsie oder Kürettage erfolgen. Allgemein favorisiert wird die Kombination aus fraktionierter Kürettage und Hysteroskopie [4, 5, 16].
Erstmalig auftretende postmenopausale uterine Blutungen bei einer Endometriumdicke ≤3 mm werden nach 3 Monaten im Rahmen einer klinischen und sonographischen Untersuchung kontrolliert. Im Fall einer persistierenden bzw. rezidivierenden uterinen Blutung oder einer Endometrium-Dickenzunahme ist eine unverzügliche histologische Abklärung indiziert. Lässt sich kein verwertbares zytologisches Material gewinnen oder liegt ein auffälliger Endometriumbefund vor (Endometrium >3 mm, nicht abgrenzbar, inhomogen oder unscharf begrenzt), sollte eine histologische Abklärung erfolgen [4, 5, 16].
Wichtig
Jede Blutungsanomalie oder rezidiv assoziierte Symptomatik sollte – vor allem bei postmenopausalen Patientinnen oder prämenopausalen Frauen mit Risikoprofil für ein EC – umgehend gynäkologisch abgeklärt werden.

Operative Therapie – operatives Staging

Die Auswahl der geeigneten Therapie erfolgt interdisziplinär unter Zusammenführung der gynäkologischen Onkologie, der Strahlentherapie, der Anästhesiologie und der Pathologie. Unter Berücksichtigung des Allgemeinzustands, der Lebenssituation, dem Stadium der Erkrankung und der Risikofaktoren wird die Therapieentscheidung individuell und gemeinsam mit dem Patienten getroffen. Ein systematisches operatives Staging ist hierbei ein wichtiger und entscheidender Verfahrensschritt. Es erfolgt auf der Grundlage der FIGO-Klassifikation von 2010. Zunächst erfolgt eine eingehende körperliche Untersuchung (v. a. supraklavikulärer Lymphknotenstationen), eine Röntgenaufnahme in 2 Ebenen und eine Abdominalsonographie (Ausschluss einer Harnstauung und einer Metastasierung in die parenchymatösen Oberbauchorgane). Eine ergänzende Zystoskopie und Rektoskopie können fakultativ zum Ausschluss eines organüberschreitenden Wachstums im kleinen Becken (Stadium FIGO IVA) durchgeführt werden.
Ein umfassendes operatives Staging beinhaltet die Exploration des Abdomens, die Hysterektomie, die beidseitige Adnexexstirpation und die Entfernung der pelvinen und paraaortalen Lymphknoten. Die Adnexexstirpation ist für die Stadieneinteilung und im Hinblick auf die spätere Östrogenproduktion wichtig. Eine intraoperative Schnellschnittdiagnostik ist ein nützliches Verfahren, um prognostisch ungünstige Pathologien zu identifizieren. Der Grundsatz des operativen Stagings gilt für die meisten Patienten. Nur in Ausnahmefällen, z. B. bei multimorbiden inoperablen Patienten oder bei prämenopausalen Patienten mit noch nicht abgeschlossener Familienplanung, kann hiervon abgewichen werden [5, 16, 17].
Die Laparoskopie gilt als Methode der Wahl
Traditionell wurde das operative Staging des EC über eine offene Laparotomie ausgeführt. Die Laparotomie und die Laparoskopie wurden in zahlreichen randomisierten Studien miteinander verglichen. Auf der Grundlage dieser Ergebnisse gilt die Laparoskopie als die Methode der Wahl. Der intraoperative Blutverlust war signifikant geringer, die Dauer des Krankenhausaufenthalts kürzer, und in der anfänglichen Phase der Erholung zeigten die Patienten eine größere Verbesserung der Lebensqualität. Vor allem adipöse und multimorbide Patienten profitieren von dem minimal-invasiven laparoskopischen Operationsverfahren. Hinsichtlich der Rezidivrate konnte kein signifikanter Unterschied zwischen der Laparotomie und der Laparoskopie festgestellt werden. Eine Hysterektomie über den vaginalen Zugang schließt eine umfassende abdominale Chirurgie einschließlich der Lymphonodektomie aus. Bei Patienten, welche aufgrund ihres Alters, BMI oder verschiedener Grunderkrankungen ein hohes operatives Risiko tragen, überwiegen die potenziellen Vorteile [3, 5, 16].
Der kurative Therapieansatz für das EC stellt die totale Hysterektomie mit beidseitiger Adnexektomie dar. Diese Vorgehensweise kann bei prämenopausalen Frauen – insbesondere bei nicht abgeschlossener Familienplanung – nicht erwünscht sein. In diesen Fällen müssen die Patientinnen durch Spezialisten zu ihren Therapieoptionen beraten werden. Diese können z. B. bei einem Endometriumkarzinom pT1a G1 (Grad 1) eine medikamentöse Therapie (Medroxyprogesteronazetat oder Megestrolazetat) oder eine Hormonspirale umfassen und sind von einem engmaschigen Follow-up begleitet.

Adjuvante Therapie

Laut aktuellen Empfehlungen erfolgen die zusätzlichen adjuvanten Maßnahmen stadiengerecht. Für Patienten mit einer niedrigen Rezidivrate (pT1a, pNx/pN0 G1-2) gilt die gründliche Operation als kurativ. Bei fortgeschrittenen Befunden (pT1a [mit Myometriumbefall] pNx/pN0 G3, pT1b pNx/pN0 G1‑2, pT1b pN0 G3 und pT2 pN0) ist die postoperative interne Bestrahlung (Brachytherapie) indiziert. Zusätzlich zur systematischen medikamentösen Therapie kann bei metastasierenden Formen (Stadium III–Iva) die externe postoperative Beckenbestrahlung in ein adjuvantes Gesamtkonzept integriert werden [4, 5].

Prävention

Ein generelles präventives Screening des EC existiert derzeit nicht. Prinzipiell sollten die beeinflussbaren Risikofaktoren, wie z. B. ein hoher BMI und ein exogener Östrogenüberschuss, so weit wie möglich reduziert werden. Patienten sollten ein Normalgewicht anstreben und zu einer gesunden und sportlich aktiven Lebensweise ermutigt werden. Dies ist vor allem vor dem Hintergrund der nichtbeeinflussbaren Risikofaktoren, wie z. B. das steigende Lebensalter und genetische Prädispositionen, umso wichtiger [5, 18].

Prognose

Die Prognose des EC wird vorrangig durch das Stadium der Erkrankung und den histologischen Befund bestimmt. Erfreulicherweise haben die meisten EC eine günstige Prognose, da die Mehrheit der Patienten an einem Typ-1-EC erkranken, welches mit einem geringen Tumorstadium assoziiert ist [4]. Nur etwa 10 % aller EC sind seröse Adenokarzinome. Diese Karzinome haben eine hohe Mortalität; knapp 40 % der Patienten, welche an einem EC leiden, sterben an diesem serösen Adenokarzinom [19]. Das klarzellige Adenokarzinom ist ebenfalls selten und kann eine ähnlich schlechte Prognose haben. Die Prognose hängt jedoch wesentlich von der Infiltration des Myometriums und der benachbarten Gefäße ab. Die 5‑Jahres-Überlebensrate beträgt bei intramukosalen klarzelligen Adenokarzinomen 90 %. Bei tiefer Infiltration des Myometriums sinkt die 5‑Jahres-Überlebensrate auf 15 % [20].

Tumornachsorge

Die Nachsorgeuntersuchung des EC wird in den ersten 2 Jahren alle 3 bis 6 Monate, nach 3 Jahren alle 6 Monate und im Anschluss daran jährlich empfohlen. Jeder Nachsorgetermin sollte eine umfassende Patientenanamnese beinhalten. Des Weiteren sollte jegliche rezidivassoziierte Symptomatik (z. B. vaginale Blutung, Beckenschmerzen, Gewichtsverlust oder Trägheit) abgeklärt werden. Zusätzlich wird eine Spekulum‑, Becken- und Rektovaginaluntersuchung empfohlen. Eine Computertomographie (CT) oder Positronen-Emissions-Tomographie(PET)/CT des Thorax, des Abdomens oder des Beckens wird nur bei Verdacht einer rezidivierenden Erkrankung und nicht als Routineuntersuchung empfohlen [21].

Arbeitsmedizinische Relevanz

Mit einem durchschnittlichen Erkrankungsalter von 69 Jahren spielt das EC für Arbeitnehmer auf den ersten Blick eine untergeordnete Rolle. Nur etwa 14 % der EC betreffen Frauen vor der Menopause. Zukünftig lassen jedoch die stetig steigenden Inzidenzzahlen auf eine zunehmende Anzahl an EC erkrankter Frauen im erwerbsfähigen Alter schließen. Aufgrund der meist guten Prognose streben diese Frauen in der Regel einen beruflichen Wiedereinstieg an. Der Arbeitsmediziner kann hier wichtige Hilfestellungen leisten, mögliche psychosoziale Belastungen erkennen und auf Rehabilitationsangebote verweisen. Neben der beruflichen Rehabilitation ist das präventionsorientierte Handeln des Arbeitsmediziners wichtig. In der arbeitsmedizinischen Sprechstunde sollten Frauen mit einem erhöhten Erkrankungsrisiko (z. B. erhöhter BMI) aufgeklärt werden. Über gezielte Fragestellungen nach EC-spezifischer Symptomatik (z. B. abnorme uterine Blutungen, unregelmäßige Zyklen) kann der Arbeitsmediziner betroffene Frauen identifizieren und diese anhalten, diese Beschwerden gynäkologisch abklären zu lassen. Hier wird die Wichtigkeit der interdisziplinären Arbeitsweise der Arbeitsmedizin deutlich.

Fazit für die Praxis

  • Ausgangspunkt für die Entstehung eines Endometriumkarzinoms (EC) sind maligne Zellen, welche sich im Endometrium des Uterus formieren.
  • Zu den bekannten Risikofaktoren zählen: Adipositas, steigendes Lebensalter, Einnahme von nichtantagonisierten Östrogenen, Tamoxifentherapie und genetische Prädispositionen.
  • Mehr als drei Viertel aller EC lassen sich dem östrogenassoziiertenTyp-1-EC zuordnen.
  • Zum Zeitpunkt der Diagnosestellung handelt es sich in den meisten Fällen um gut differenzierte und auf den Uterus begrenzte Tumoren.
  • EC können erfolgreich behandelt werden, wenn sie in einem möglichst frühen Stadium diagnostiziert werden.
  • Gegenwärtig existiert kein generelles präventives Screening.

Einhaltung ethischer Richtlinien

Interessenkonflikt

K. Ouassou, D. Klingelhöfer und D. Brüggmann geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Für diesen Beitrag wurden von den Autoren keine Studien an Menschen oder Tieren durchgeführt. Für die aufgeführten Studien gelten die jeweils dort angegebenen ethischen Richtlinien.
Open Access Dieser Artikel wird unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz veröffentlicht, welche die Nutzung, Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung und Wiedergabe in jeglichem Medium und Format erlaubt, sofern Sie den/die ursprünglichen Autor(en) und die Quelle ordnungsgemäß nennen, einen Link zur Creative Commons Lizenz beifügen und angeben, ob Änderungen vorgenommen wurden.
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Literatur
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Metadaten
Titel
Endometriumkarzinom
Eine Übersicht
verfasst von
Katja Ouassou
Doris Klingelhöfer
Prof. Dr. Dörthe Brüggmann
Publikationsdatum
08.04.2020
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
Erschienen in
Zentralblatt für Arbeitsmedizin, Arbeitsschutz und Ergonomie / Ausgabe 6/2020
Print ISSN: 0944-2502
Elektronische ISSN: 2198-0713
DOI
https://doi.org/10.1007/s40664-020-00395-6

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