Erschienen in:
01.09.2005 | Übersichten
Genetische und molekularbiologische Aspekte des Blasenekstrophie-Epispadie-Komplexes (BEEK)
verfasst von:
PD Dr. M. Ludwig, B. Utsch, H. Reutter
Erschienen in:
Die Urologie
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Ausgabe 9/2005
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Zusammenfassung
Der Blasenekstrophie-Epispadie-Komplex (BEEK) stellt einen infraumbilikalen Mittelliniendefekt dar. Seine Inzidenz variiert in Abhängigkeit vom ethnischen Hintergrund, dem Geschlecht und der phänotypischen Ausprägung; in der Mitteleuropäischen Bevölkerung liegt sie bei 1:20.000 bis 1:80.000. Bisher konnte kein für den BEEK verantwortlicher Gendefekt identifiziert werden und assoziierte chromosomale Aberrationen oder genetische Syndrome wurden bisher nur in wenigen Kasuistiken beschrieben. Epidemiologische Daten deuten darauf hin, dass dem Krankheitsbild ein komplex genetischer bzw. multifaktorieller Erbgang zugrunde liegt. Eine spezifische teratogene Noxe für die Entstehung des BEEK beim Menschen konnte bisher nicht identifiziert werden.
Das Wiederholungsrisiko für BEEK beträgt innerhalb von Familien mit einem Betroffenen 0,5–3%. Dies entspricht einem gegenüber der Allgemeinbevölkerung 200- bis 800fach erhöhten Risiko. Aufgrund der geringen Fallzahl betroffener Geschwisterpaare und geeigneter Multiplexfamilien (mehrere Betroffene, im Idealfall über mehrere Generationen) sind klassische Kopplungsanalysen zur Suche verantwortlicher Gene nicht durchführbar. Durch die Auswahl möglichst vieler, geeigneter Kandidatengene stellen Segregationsanalysen in Verbindung mit Assoziationsstudien (viele Familien mit einem Betroffenen und gleichen ethnischen Hintergrundes) eine Alternative zur Identifikation verantwortlicher Gene bzw. genomischer Regionen dar.
Neue Untersuchungsmethoden wie die sog. Matrix-CGH (comparative genomic hybridisation) sind hier sehr viel versprechend, wie dies am Beispiel der CHARGE-Assoziation gezeigt werden konnte. In Anbetracht der geringen Inzidenz des BEEK wird eine erfolgreiche Gensuche nur durch eine intensive Kooperation der operativen und nichtoperativen Fächer erreicht werden können.