Erschienen in:
14.09.2022 | Hodgkin-Lymphom | Neues aus der Forschung
kurz notiert
Kälte kontra Krebs
verfasst von:
Moritz Borchers
Erschienen in:
InFo Hämatologie + Onkologie
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Ausgabe 9/2022
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Auszug
Kälte kann das Wachstum von Tumoren verzögern, indem sie sogenanntes braunes Fettgewebe (BAT, "brown adipose tissue") aktiviert. Darauf deuten Tiermodelldaten hin, die ein Team um Takahiro Seki vom Karolinska Institutet, Solna, Schweden, vorgelegt hat [Nature. 2022;608(7922):421-8]. Verantwortlich für den Effekt scheint zu sein, dass die BAT-Aktivierung den Blutzuckerspiegel senkt und die glykolyseabhängige Energieversorgung von Tumorzellen stört. Hintergrund ist, dass BAT Glukose nutzen kann, um daraus Wärme zu generieren. Anders als die muskelabhängige Wärmeerzeugung (Zittern), können BAT-Zellen Blutzucker mehr oder weniger direkt in Wärme umsetzen (man spricht daher auch von zitterfreier Thermogenese). Im Tiermodell traten die Antitumoreffekte auf, wenn Mäuse bei 4° C gehalten wurden (typische Haltungstemperatur ist 22° C). Bei einem 18-jährigen Patienten mit Hodgkin-Lymphom, der sich deswegen einer Chemotherapie (5. Zyklus) unterzog, ließ sich zeigen, dass dessen BAT bereits durch eine Umgebungstemperatur von 22° C aktivierbar war; gleichzeitig sank die Glukoseaufnahme im Tumorgewebe. Ob es bei Menschen dadurch aber wirklich zu klinisch relevanten Antitumoreffekten kommt, bleibt abzuwarten (und: würden 22° C generell ausreichen? Wie viele Stunden pro Tag müsste man frösteln?). Der Ansatz klingt fast ein bisschen zu gut, um harter klinischer Prüfung standhalten zu können...toll wäre es aber! …