14.10.2022 | Liposuktion | Medizinrecht
Internist nach chirurgischen Eingriffen mit Todesfolge verurteilt
Mangelhafte Aufklärung hat strafrechtliche Konsequenzen
verfasst von:
Victoria Hahn, Tim Hesse
Erschienen in:
Journal für Ästhetische Chirurgie
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Ausgabe 4/2022
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Zusammenfassung
Die in den §§ 630d und 630e BGB getroffenen Regeln zur ärztlichen Aufklärung sind grundsätzlich auch für die Beurteilung der strafrechtlichen Haftung – insbesondere für die Beurteilung der Rechtswidrigkeit ärztlicher Eingriffe – maßgebend. Vorsätzlich kann ein Operateur auch dann handeln, wenn er sich über die Rechtmäßigkeit bzw. Strafbarkeit des eigenen Verhaltens keinerlei Gedanken macht. Der für die Strafbarkeit wegen einer Körperverletzung mit Todesfolge erforderliche qualifizierte Zusammenhang zwischen Verletzung und Tod wird nicht dadurch unterbrochen, dass die verletzte Person im Zuge von Rettungsbemühungen durch diese zu Tode kommt – zumindest dann nicht, wenn die möglicherweise todesursächlich gewordene Gabe eines Medikaments in der konkreten (Rettungs‑)Situation geboten oder auch nur vertretbar war. Vor dem Hintergrund dieser Grundsätze wurde ein Facharzt für Innere Medizin wegen Körperverletzung mit Todesfolge in 2 Fällen verurteilt. Er hatte ambulante kosmetische Operationen durchgeführt, bei denen Patientinnen Körperfett im Wege des Absaugens entnommen wurde (Liposuktion) bzw. ein Teil der entnommenen Fettzellen anschließend wieder in andere Körperregionen eingeführt („appliziert“) wurde (Lipotransfer). Den Eingriffen lag keine medizinische Indikation zugrunde. Zwei Patientinnen kamen infolge der Operationen zu Tode. Der Arzt hätte im Vorfeld der Operationen rechtzeitig und eindringlich über die Risiken der Entnahme und Applikation größerer Mengen Körperfett und die damit einhergehenden Gefahren aufklären müssen. Zudem hätte er darauf hinweisen müssen, dass die Eingriffe zur Minimierung des damit jeweils einhergehenden Risikos auf mehrere Eingriffe hätten verteilt werden können. Er hat dies jedoch unterlassen und vielmehr eine Verharmlosung der Risiken vorgenommen. Aus der unzureichenden Aufklärung folgte die Unwirksamkeit der von den beiden verstorbenen Patientinnen erteilten Einwilligung in die mit den Operationen verbundenen, den Tatbestand der Körperverletzung erfüllenden Eingriffe.