Fragmentierte Versorgung bei Multimorbidität kann Prognose verschlechtern

Je mehr Erkrankungen Patientinnen und Patienten haben, desto mehr Arztpraxen und Kliniken suchen sie oft auf. Stark fragmentierte ärztliche Leistungen können jedoch zu einer suboptimalen Behandlung führen, wie eine große Studie nahelegt. Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Personen mit Multimorbidität nutzen häufig alle Sektoren der Gesundheitsversorgung. Sind jedoch zu viele medizinische Einrichtungen beteiligt, kann dies zu vielen Terminen, Dopplungen, widersprüchlichen Informationen oder unklaren Zuständigkeiten führen. In einer dänemarkweiten Studie wurde jetzt sektorübergreifend untersucht, ob solch eine fragmentierte Versorgung die Prognose der Behandelten beeinflusst. Für die registerbasierte Kohortenstudie wurden alle Gesundheitskontakte zu dänischen Hausarztpraxen und Kliniken innerhalb eines Jahres erfasst. Einbezogen wurden 4,7 Millionen Patientinnen und Patienten. Dr. Anders Prior von der Universität Aarhus und sein Team ermittelten die Anzahl der Kontakte, der beteiligten Anbieter, der Anbieterwechsel sowie der Aufenthalte in verschiedenen Kliniken. Auch wie sich die Kontakte auf verschiedene Einrichtungen verteilten und ihre Reihenfolge wurden berücksichtigt. Starke Fragmentierung, erhöhte Mortalität Mit zunehmender Morbidität der Teilnehmenden stieg auch die Anzahl der beteiligten Gesundheitsdienstleister, der Anbieterwechsel und der Aufenthalte in verschiedenen Kliniken. Bei Personen mit drei im Vergleich zu sechs Erkrankungen waren im Durchschnitt 4,0 vs. 6,9 Anbieter beteiligt und es kam zu 6,6 vs. 13,7 Anbieterwechseln. Der Anteil der Kontakte zur eigenen Hausarztpraxis blieb über alle Morbiditätsgrade hinweg stabil. Eine stark fragmentierte Versorgung ging nach Adjustierung auf demografische Merkmale, sozioökonomische Faktoren und Morbidität mit höheren Raten potenziell unangemessener Medikamente und einer erhöhten Mortalität einher. Die stärksten Assoziationen mit diesen beiden Nachteilen beobachteten die Forschenden bei mindestens 20 Kontakten im Vergleich zu keinem, mit einem fast auf das Dreifache erhöhten Risiko, sowie bei mindestens 20 Klinikstationen im Vergleich zu keiner, mit einem auf knapp das Elffache gesteigerten Risiko. Eine Hauptanlaufstelle verbessert Prognose Wenn weniger als 25% der Kontakte auf den gewohnten Anbieter wie den Hausarzt entfielen, korrelierte das verglichen mit voller Kontinuität bei der Versorgung mit einem um fast 50% erhöhten Risiko für eine potenziell unangemessene Medikation und einem um etwa das Zweieinhalbfache gesteigerten Mortalitätsrisiko. Bei den Assoziationen zwischen Grad der Fragmentierung und Prognose gab es keine eindeutigen Wechselwirkungen mit der Anzahl der Erkrankungen. „Diese Studie legt nahe, dass die Fragmentierung der Gesundheitsversorgung ein unabhängiger Risikofaktor für eine schlechte Prognose sein könnte“, lautet das Fazit von Prior et al. Mehrere Aspekte der Fragmentierung wie die Anzahl der Kontakte und Anbieter sowie die Verteilung der Versorgung auf diese könnten daran beteiligt sein. Günstig seien häufiger Kontakt zum gewohnten Anbieter, wenige Übergänge und eine gute Koordination, etwa das zeitnahe Austauschen von Informationen zwischen den Ärzten und Ärztinnen. Das Wichtigste in Kürze Frage: Geht eine fragmentiertere Versorgung bei multimorbiden Patienten und Patientinnen mit einer schlechteren Prognose einher? Antwort: Eine stark fragmentierte Versorgung geht mit höheren Raten von Verordnungen potenziell unangemessener Medikamente und erhöhter Mortalität einher. Bedeutung: Die Fragmentierung der Gesundheitsversorgung könnte der Studie zufolge ein unabhängiger Risikofaktor für eine schlechte Prognose sein. Einschränkung: Die Maßstäbe für unangemessene Medikation funktionieren für den Anbietervergleich in großen Kohorten, auf Patientenebene wäre jedoch eine individuelle Bewertung der Therapie nötig.

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