Erschienen in:
21.04.2020 | Pathologie | Geschichte der Pathologie
Virchow-Medaillenträger und Ehrenmitglieder der DGP und ihr Verhältnis zum Nationalsozialismus
Eine Querschnittsstudie
verfasst von:
Mathias Schmidt, Christina Gräf, Dominik Groß
Erschienen in:
Die Pathologie
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Ausgabe 4/2020
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Zusammenfassung
Die vorliegende Studie richtet den Fokus auf den Kreis der Pathologen, die (1) von der Deutschen Gesellschaft für Pathologie (DGP) zu Ehrenmitgliedern oder zu Trägern der Rudolf-Virchow-Medaille ernannt wurden und (2) das „Dritte Reich“ als erwachsene Personen erlebt haben. Sie untersucht insbesondere das Verhältnis der Ausgezeichneten zum Nationalsozialismus und damit zugleich die Kriterien der Fachgesellschaft bei der Vergabe derartiger Ehrungen. Konkret gilt es zu klären, welche Rolle die DGP-Verantwortlichen beim Auswahlprozess der politischen Haltung bzw. Erfahrung der Kandidaten in der NS-Diktatur beimaßen: Finden sich unter den Geehrten NS-Opfer, deren repressive Erfahrungen und Lebensschicksale man auf diese Weise würdigen wollte? Ebenso interessiert die Gegenfrage: Wurden Pathologen geehrt, die sich im „Dritten Reich“ (partei)politisch zum Nationalsozialismus bekannt hatten?
Insgesamt erfüllen 9 Virchow-Medaillenträger und 3 Ehrenmitglieder die Einschlusskriterien. Keine der betreffenden Personen gehört zum Kreis der Pathologen, die im „Dritten Reich“ Unrecht erlitten hatten bzw. als NS-Opfer bezeichnet werden können. Demgegenüber waren 4 der 9 deutschen Virchow-Medaillenträger bzw. eines der 3 Ehrenmitglieder der NSDAP und z. T. weiteren NS-Organisationen beigetreten. Offenkundig war die frühere Nähe zum Nationalsozialismus bei der Auswahl der Ehrenmitglieder und Virchow-Medaillenträger kein maßgeblicher Gesichtspunkt und insbesondere kein Ausschlusskriterium.
Besagte Ergebnisse korrespondieren mit den Resultaten einer parallel durchgeführten Studie, in der die politische Vergangenheit der bis 1986 berufenen deutschen DGP-Vorsitzenden untersucht wurden. Diese ergab, dass sich zwei Drittel derselben im „Dritten Reich“ der Partei der Nationalsozialisten angeschlossen hatten.