Erschienen in:
01.11.2009 | Blitzlicht
Trauma
verfasst von:
Prof. Dr. Hans-Ludwig Kröber
Erschienen in:
Forensische Psychiatrie, Psychologie, Kriminologie
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Ausgabe 4/2009
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Auszug
Der Begriff des Trauma erfreut sich bei Psychiatern, Psychologen und Cotherapeuten seit Jahren enormer Beliebtheit; die Zuschreibung von Traumen erfolgt ähnlich begeistert und einfallsreich wie früher in Therapien die Traumdeutung. Man kann zweifeln, ob die schlichte deutsche Übersetzung des Wortes, nämlich Verletzung, eine ähnliche Karriere hätte machen können. In Wahrheit, in der Behandlungs- und Forschungspraxis, ist Trauma auch gar keine (psychische) Verletzung, sondern allein ein Ereignis, das möglicherweise seelisch belastend sein könnte. Ob es wirklich bei einer bestimmten Person belastend, ja verletzend war, wird oftmals gar nicht nachgeprüft. Entsprechend werden in manchen Forschungsprojekten, z. B. bei Straftätern, kritische, potentiell belastende Lebensereignisse abgefragt, und wenn es derer viele gegeben hat, ist die dramatische Kunde, dass sie mehrheitlich massiv traumatisiert seien. Zu sichern ist aber nur, dass sie – bekanntermaßen – häufig unter sehr viel instabileren, belastenden Bedingungen aufgewachsen sind, und dass sie beispielsweise sehr viel mehr Gewaltsituationen – innerfamiliär und an entsprechenden „hot spots“ – erlebt haben. In der Engführung des Trauma-Konzepts (Belastung = Verletzung) fällt heraus, dass solche Lebensereignisse nicht nur „verletzen“ können, sondern dass sie belehren, trainieren, zu Reaktionsstilen führen, die keineswegs überwiegend pathologisch sein müssen; Belastungen führen zu Reaktionen, oftmals adäquaten Anpassungen, zur Herausbildung von Fähigkeiten und Fertigkeiten. Insofern war die frühere Life-Event-Forschung, die aus dem Stress-Konzept abgeleitet war, sehr viel offener; sie wusste, dass ein und dasselbe Ereignis bei dem einen positiven, bei dem anderen negativen Stress bedeuten kann. So ist beispielsweise auch die Eheschließung, nicht zuletzt die wiederholte Heirat, ein „stressful life event“, das dann bei manchen auch nach einiger Zeit eine psychotherapeutische Behandlung nach sich zieht, aber eben nicht im engen Sinne verursacht. …