Erschienen in:
29.09.2023 | Originalarbeit
Traumaspuren, Körperengramme und das Schutzprinzip
Behandlungstechnische Überlegungen jenseits des Lustprinzips
verfasst von:
Dr. Sebastian Leikert
Erschienen in:
Forum der Psychoanalyse
|
Ausgabe 4/2023
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Zusammenfassung
Das Schutzprinzip beschreibt die Logik, durch die das psychische Geschehen bestimmt wird, wenn – jenseits des Lustprinzips – nicht mehr Konflikte, sondern Traumata die unbewusste Dynamik dominieren. Das Trauma beschädigt und durchschlägt symbolische Strukturen und schreibt sich ins Körperselbst ein. Die Erinnerung an diese Beschädigung manifestiert sich in einer permanenten Desorganisation des Körperselbst und geht mit einer Vernichtungsdrohung einher, die das Subjekt durch Versteinerung und ein systematisches Ausblenden der Wahrnehmung des Körpers abzuwehren sucht (verkapseltes Körperengramm). Die psychische Aktivität sucht sich vor einer Begegnung mit der Erinnerung an das Trauma zu schützen. Verschiedene defensive Strategien bis hin zur Selbstmordneigung werden beschrieben. Sowohl das Gedächtnis als auch die Abwehr der Vernichtungsdrohung sind körperlich konstituiert und bilden das körperliche Unbewusste jenseits des symbolischen Unbewussten. Typische Abwehrformen werden beschrieben. Anhand eines Fallbeispiels wird die Arbeitsweise der somatischen Narration erläutert: Aktiv wird die Körperwahrnehmung des Patienten einbezogen und erforscht. Die traumatische Einsamkeit wird jetzt durch die spezifische Präsenz der Analytikerin aufgehoben. Eine zerstörungsfreie Begegnung mit dem traumatischen Material reduziert die Abwehrnotwendigkeiten. Es wird möglich, vom Schutzprinzip zum Lustprinzip zurückzukehren.