Skip to main content

2022 | Buch

Urodynamik

Lehrbuch des Arbeitskreises Urologische Funktionsdiagnostik und Urologie der Frau

herausgegeben von: Prof. Dr. Daniela Schultz-Lampel, Prof. Dr. Mark Goepel, Prof. Dr. Christian Hampel

Verlag: Springer Berlin Heidelberg

insite
SUCHEN

Über dieses Buch

Das deutschsprachige Standardwerk zur Urodynamik – jetzt in 4. Auflage!

Urodynamik – ein für viele Anwender komplexes Verfahren – wird in diesem Buch praxisnah und strukturiert erläutert. Die Experten aus dem Arbeitskreis „Urologische Funktionsdiagnostik und Urologie der Frau“ der DGU, haben als Herausgeber und Autoren eine detaillierte Darstellung der Funktionsdiagnostik des unteren Harntrakts und ihrer Anwendungsmöglichkeiten geschaffen. Hier finden Sie alle wichtigen Informationen zu Indikation, Durchführung der Untersuchung und Interpretation der Befunde. Zahlreiche Beispiele aus der Praxis erläutern die komplexe Diagnostik anschaulich und verständlich. Auch die spezielle Urodynamik der Frau, des Mannes, des Kindes und des alten Menschen sowie Urodynamik bei Patienten mit neurologischen Erkrankungen werden besprochen.

Die Neuauflage des bewährten Standardwerkes wurde komplett überarbeitet und aktualisiert. Ein echtes Praxisbuch und hilfreicher Begleiter in der urodynamischen Diagnostik.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter

Grundlagen der urodynamischen Untersuchung

Frontmatter
1. Geschichte der Urodynamik
Zusammenfassung
Die Urodynamik gehörte neben der Zystoskopie und der Urinanalyse zu den frühen fachkonstituierenden Untersuchungstechniken der sich im 19. Jahrhundert entwickelnden medizinischen Spezialdisziplin der Urologie und trug wesentlich zur Etablierung der funktionellen Denkweise [95] im Fachgebiet bei. Während in der Erinnerungskultur des Fachgebietes die Blasenspiegelung als wesentliches diagnostisches Element des Faches dominiert [66], werden die Urodynamik und die mit dieser verbundene Funktionslehre der für den Harntransport zuständigen Prozesse zumeist mit dem Wissenstransfer aus den USA nach dem Zweiten Weltkrieg in Verbindung gebracht [107]. Dies kann mit dem Umstand in Zusammenhang stehen, dass erst 1954 der Begriff „Urodynamic“ von David Malvin Davis (1886–1968) in einer Publikation verwandt wurde und im renommierten Journal of Urology erstmals 1962 erschien [31, 32, 122]. Deutschsprachige Lehrbücher wie die von Hans Palmtag (Praktische Urodynamik, 1977 [119]) und von Hansjörg Melchior (Urologische Funktionsdiagnostik. Atlas und Lehrbuch der Urodynamik, 1981 [104]) erschienen einige Jahre nach den ersten deutschsprachigen Kongressen zu diesem Thema. Ein wichtiger Eckpfeiler dieser Institutionalisierung war die Gründung der International Continence Society im Jahr 1971 [77]. Bereits im Juli 1971 hatte in Aachen auch das 1. Internationale Symposium für Urodynamik unter der Leitung von Wolfgang Lutzeyer (1923–2006) und Hansjörg Melchior stattgefunden [110] (vgl. Abb. 1.1).
Friedrich Moll, Thorsten Halling
2. Anatomie, Neuroanatomie und Physiologie des Harntraktes
Zusammenfassung
Von Bindegewebsschichten gut geschützt und extraperitoneal im kleinen Becken gelegen bilden Harnblase (Vesica urinaria) und in ihrer Verlängerung die Harnröhre (Urethra) eine funktionelle Einheit. Intramural verlaufende und seitlich im Bereich des Trigonum vesicae in die Harnblase mündende Ureteren transportieren den kontinuierlich gebildeten Urin aus den Nieren in die Harnblase, welche dann, zeitlich getrennt und diametral entgegengesetzt, die Aufgabe sowohl eines Speicher- als auch eines Entleerungsorganes übernimmt.
Thomas Bschleipfer, Christoph Seif
3. Standardisierung der Terminologie und Klassifikation der Funktionsstörungen
Zusammenfassung
Die International Continence Society (ICS) hat die Terminologie der Funktion des unteren Harntraktes vor fast 20 Jahren komplett neu standardisiert [2]. Diese Definitionen sind für die Patienten aller Altersklassen gültig. Ziel dieser Terminologie ist es, eine bessere Kompatibilität internationaler Klassifikationen und Publikationen zu ermöglichen und Untersuchungsergebnisse vergleichbar zu machen. Der Arbeitskreis Urologische Funktionsdiagnostik und Urologie der Frau hat diese Standardisierung kritisch evaluiert und diese Terminologie zur Beurteilung von Blasen- und Sphinkterfunktionsstörungen in vielen Bereichen übernommen. Abweichungen von den Empfehlungen der ICS werden in den folgenden Kapiteln gesondert gekennzeichnet.
Stefan Schumacher, Mark Goepel
4. Pathophysiologie der Funktionsstörungen des unteren HarntraktHarntrakt, untererFunktionsstörungenes
Zusammenfassung
Funktionsstörungen des unteren Harntraktes lassen sich nach pathophysiologisch-urodynamischen Kriterien in Speicher- und Entleerungsstörungen unterteilen. Differenziert wird hierbei jeweils nach Störungen von Detrusor und Blasenauslass [2, 8, 9].
Stefan Schumacher, Jürgen Pannek
5. Pharmakologie des Harntraktes
Zusammenfassung
Die Darstellung der Pharmakologie des Harntraktes im Rahmen einer Urodynamik-Abhandlung hat mehrere Gründe. So gelingt die Interpretation urodynamischer Kurven nur mit dem Wissen um physiologische Funktionsabläufe und mögliche Krankheitsursachen, welche nur zum Teil in anatomischen, häufig aber auch in neurologischen, zellularmetabolischen oder rezeptorvermittelten Pathologien liegen können. Darüber hinaus hat die Pharmakologie bei urodynamischen Spezialuntersuchungen wie z. B. dem Carbacholtest bereits Einzug in die Funktionsdiagnostik gehalten. Schlussendlich ist die Behandlung der drangassoziierten Blasenfunktionsstörung bis heute eine pharmakologische Domäne geblieben, und ein Blick auf zukünftige pharmakologische Entwicklungen eröffnet auch für die Stressinkontinenz hoffnungsvolle Perspektiven.
Christian Hampel
6. Physikalische Grundlagen der Urodynamik
Zusammenfassung
Druck ist Kraft pro Fläche. Gemäß internationaler Standardisierung ist der Druck in der SI-Einheit Pascal [Pa] = N/m2 anzugeben. Gemäß der Standardisierungsempfehlung der International Continence Society (ICS) ist aber in der klinischen Urodynamik als Maßeinheit die Gewichtskraft einer Wassersäule (cm H2O) zulässig und üblich. Die Umrechnung in die vorgeschriebenen SI-Einheit ist (genau 0,98) näherungsweise: 1 Kilopascal (kPa) = 10 cm H2O [7]. Neurourol. Urodynam 21:261–274, 2002
Werner Schäfer, Ruth Kirschner-Hermanns

Voraussetzungen und Indikationen der urodynamischen Untersuchung

Frontmatter
7. Anamnese, körperliche Untersuchung, nicht-invasive Untersuchungen
Zusammenfassung
Die Anamnese ist der Grundstein für die weitere Diagnostik und Therapieplanung. Es empfiehlt sich, die Anamnese entlang eines Schemas oder einer Liste zu erfragen, sodass eine Reproduzierbarkeit bezogen auf den Arzt und den Patienten gegeben ist.
Stephan Bross, Mark Goepel
8. Neurologische Diagnostik
Zusammenfassung
Da bei einer Vielzahl von neurologischen Erkrankungen Blasenfunktionsstörungen auftreten können, andererseits Blasenfunktionsstörungen auch Erstmanifestation einer neurologischen Störung sein können, ist die neurologische Diagnostik ein wichtiger Bestandteil der Diagnostik bei Blasenfunktionsstörungen.
Wolfgang Jost, Jürgen Pannek
9. Kognitive Basisdiagnostik
Zusammenfassung
Dank der demografischen Entwicklung gewinnt die urologische Funktionsdiagnostik zunehmend an Bedeutung, da die die meisten Blasenfunktionsstörungen eine Prävalenzzunahme mit steigendem Alter zeigen. Gleichzeitig bedingt unsere Bevölkerungsentwicklung eine Herausforderung und Verpflichtung zum verantwortungsvollen Umgang mit knapper werdenden Gesundheitsressourcen. Unser gegenwärtiges Versorgungssystem leistet in dieser Hinsicht aber einer vermeidbaren Kostensteigerung Vorschub, da durch den mit häufigen Arztwechseln verbundenen Informationsverlust nicht selten diagnostische Untersuchungen unnötigerweise wiederholt werden.
Christian Hampel
10. Sonografische Diagnostik des Harntrakts und Beckens
Zusammenfassung
Die Sonografie bildet das Fundament der bildgebenden urologischen und urogynäkologischen Diagnostik und hat einen hohen Stellenwert bei der Evaluation von Funktionsstörungen des oberen und unteren Harntrakts sowie bei der differenzialdiagnostischen Abklärung von Lower Urinary Tract Symptoms (LUTS). Sonografiegeräte mit unterschiedlichen perkutanen oder intrakavitären Schallköpfen sollten in allen deutschen urologischen und gynäkologischen Praxen und Kliniken vorhanden sein. Der fortlaufende technische Fortschritt der Sonografiegeräte, die digitale Technik, schnelle Rechnerkapazitäten, eine hochauflösende Bildqualität und die Möglichkeit zur Duplex- und Dopplersonografie zur Beurteilung der Durchblutung ergänzt oder ersetzt in vielen Fällen strahlenbelastende Untersuchungsverfahren wie z. B. konventionelle Röntgenuntersuchungen oder die Computertomografie. Die Sonografie ist aufgrund ihrer einfachen, nicht- oder nur minimalinvasiven Methodik ohne Strahlenbelastung die ideale Vorbereitung und Ergänzung zur Urodynamik. Grundsätzlich sollte jeder Patient mit einer Blasenfunktionsstörung vor der urodynamischen Untersuchung sonografisch untersucht werden. Funktionelle Störungen des unteren Harntrakts können morphologische und funktionelle Veränderungen des oberen Harntrakts nach sich ziehen (z. B. Hydronephrose bei Low-Compliance-Blase). Bei der sonografischen Diagnostik sollte das Augenmerk auf die Lage, Form und Größe der Nieren, Harnblase und Prostata gelegt werden. Eine Übersicht des Retroperitoneums sollte ebenfalls stattfinden.
Matthias Oelke, J. Kranz, Stephanie C. Knüpfer
11. Radiologische Diagnostik
Zusammenfassung
Bildgebende Untersuchungsverfahren haben seit langem einen großen Stellenwert in der Diagnostik von Funktionsstörungen des Harntraktes. So wurde die Urografie im Handbuch der Urologie von Alexander von Lichtenberg, erschienen im Verlag Julius Springer 1929, als retrograde Kontrastmittelfüllung des zu untersuchenden Nierenhohlsystems über einen zuvor zystoskopisch platzierten strahlentransparenten Harnleiterkatheter beschrieben [1]. Aus den Anfängen der bildgebenden Untersuchung des Harntraktes und dem Versuch, dynamische Vorgänge und Funktionsabläufe sicht- und beurteilbar zu machen, hat sich heute eine hochtechnisierte, dem Strahlenschutz verpflichtete radiologische Bildgebung entwickelt. Getreu dem „ALARA“-Prinzip („as low as reasonably achievable“) stehen heute immer weiter verfeinerte Untersuchungstechniken mit hochempfindlichen Digitaldetektoren und gepulster Durchleuchtungsstrahlung zur Verfügung, welche die Strahlenbelastung auf einen Bruchteil reduzieren. Diese technische Entwicklung ist aber noch nicht abgeschlossen, sondern erfährt im hier beschriebenen Ausschnitt der Bildgebung des menschlichen Körpers gerade wieder eine weitere Entwicklungsstufe, indem die Magnetresonanztomografie (MRT) zu dynamischen Untersuchungen von Funktionsabläufen des Harntraktes mit dreidimensionalen Abbildungen eingesetzt werden kann. Darüber hinaus kann durch funktionelle MRT-Untersuchungen des Gehirns bei verschiedenen Funktionen und Zuständen des Harntraktes eine „Landkarte“ der beteiligten Hirnareale erstellt werden (sog. „brain-mapping“), sodass Zuordnungen zentral-nervöser Strukturen und spinaler Bahnen zu Funktionen und Aggregatzuständen des Harntraktes möglich sind [2].
Tanja Hüsch, Axel Haferkamp
12. Diagnostik kindlicher Blasenfunktionsstörungen
Zusammenfassung
Die aktuell gebräuchlichen Definitionen der kindlichen Harninkontinenz wurde von der ICCS (International Children’s Continence Society) 2006 im interdisziplinären Konsens erstellt und 2013 aktualisiert und ergänzt [1, 53]).
Daniela Schultz-Lampel, Mark Goepel
13. Indikation zur urodynamischen Untersuchung beim Erwachsenen
Zusammenfassung
Die Indikation zur urodynamischen Untersuchung beim Erwachsenen ist wesentlich von der zugrunde liegenden Erkrankung, der Invasivität der Untersuchungsmethode und entsprechend vom Abwägen des Erkenntniszugewinns abhängig, weshalb die genaue urodynamische Technik definiert werden sollte.
Heinrich Schulte-Baukloh
14. Indikationen zur urodynamischen Untersuchung beim Kind
Zusammenfassung
Der Umfang des diagnostischen Vorgehens hängt vom Alter des Kindes ab und orientiert sich an der Art und Schwere der vorliegenden Symptomatik sowie den zurückliegenden frustrierenden Behandlungsversuchen. Während bei rezidivierenden Harnwegsinfekten, Tagsymptomen sowie körperlichen und neurologischen Auffälligkeiten schon frühzeitig eine invasive Diagnostik erforderlich sein kann, ist die Abklärung einer monosymptomatischen Enuresis erst ab einem Alter von 5 Jahren sinnvoll. Auf jeden Fall ist vor jeder urodynamischen Untersuchung eine nichtinvasive Basisdiagnostik unabdingbar.
Daniela Schultz-Lampel, Mark Goepel
15. Indikationen zur urodynamischen Untersuchung beim alten oder multimorbiden Menschen
Zusammenfassung
Blasenfunktionsstörungen und insbesondere die Harninkontinenz sind infolge ihrer medizinischen, psychischen und sozialen Konsequenzen ein zentrales Problem des alten Menschen [4]. Altersbedingte Veränderungen der Blasenfunktion mit Symptomen der gestörten Harnspeicherung und Blasenentleerung nehmen mit dem Alter bei beiden Geschlechtern zu.
Stephan Bross, Gustav Kiss
16. Indikationen zur urodynamischen Untersuchung – bei neurologischer GrunderkrankungUrodynamikbei neurologischer Grunderkrankung
Zusammenfassung
Die normale Funktion des unteren Harntraktes und des Beckenbodens hängt von einem koordinierten Zusammenspiel afferenter sensorischer und efferenter motorischer Nervenimpulse sowie von der korrekten Verarbeitung der Informationen im zentralen Nervensystem ab. Eine Vielzahl von angeborenen oder erworbenen Störungen oder Schäden im zentralen und peripheren Nervensystem führen zu Funktionsstörungen des Harntrakts. Diese Funktionsstörungen können mit Symptomen einhergehen oder aber (zunächst) asymptomatisch bleiben.
André Reitz, Jürgen Pannek
17. Anforderungen an Messgeräte und Katheter
Zusammenfassung
Urodynamische Fragestellungen bestimmen Art und Umfang der urodynamischen Diagnostik (messtechnischer Aufwand, angestrebte Genauigkeit, Invasivität etc.).
Ruth Kirschner-Hermanns, Albert Kaufmann

Urodynamische Untersuchungen

Frontmatter
18. UroflowmetrieUroflowmetrie
Zusammenfassung
Die Uroflowmetrie gilt als einfache, nichtinvasive und preiswerte Screeninguntersuchung zur Objektivierung von Blasenfunktionsstörungen.
Stephan Bross, Michael Rutkowski
19. Flow-EMG
Zusammenfassung
Eine sogenannte Flow-EMG-Studie kann wie die Uroflowmetrie ebenfalls zu den nichtinvasiven urodynamischen Untersuchungen gezählt werden: Es handelt sich dabei um die Messung des Harnflusses bei gleichzeitiger Ableitung eines Elektromyogramms (EMG) des Beckenbodens.
Michael Rutkowski, Thomas Bschleipfer
20. Zystometrie
Zusammenfassung
Sowohl qualitative als auch quantitative Informationen zur Detrusorfunktion lassen sich über die Blasendruckmessung bzw. die Zystometrie gewinnen.
Ricarda M. Bauer, Tanja Hüsch
21. Druck-Fluss-Messung
Zusammenfassung
Bei der Druck-Fluss-Messung werden simultan der intravesikale (Pves) und der abdominelle Druck (Pabd) sowie der Detrusordruck als Differenzdruck aus Blasen- minus Abdominaldruck (Pdet = Pves – Pabd) und Harnfluss pro Zeiteinheit aufgezeichnet (Tab. 21.1). Bei Verdacht auf eine funktionelle Obstruktion ist es erforderlich, die Messung mit der Ableitung des Elektromyogramms aus Beckenboden, urethralem oder analem Sphinkter bzw. der röntgenologischen Darstellung von Urethra und Blase (Videourodynamik) zu kombinieren.
Klaus Höfner, Werner Schäfer, Matthias Oelke
22. Urethradruckprofil
Zusammenfassung
Das Harnröhrendruckprofil ermöglicht es dem Untersucher, in Ergänzung zur konventionellen Urodynamik eine Einschätzung über den Harnröhrenverschlussmechanismus in Ruhe und unter Belastungsbedingungen zu bekommen. Dabei werden die funktionelle Harnröhrenlänge, der maximale Harnröhrenverschlussdruck und die Drucktransmission bestimmt. Der in der Harnröhre gemessene Druck hat aktive und passive Komponenten. Das Fehlen einer allgemeingültigen Definition des urethralen Drucks sowie der Standardisierung der Messmethode limitiert die Anwendung urethraler Druckmessungen [3]. Daher ist die Interpretation der Befunde im Expertenkreis sehr umstritten.
Stefan Schumacher, Mark Goepel
23. Messung des Leak Point Pressure
Zusammenfassung
Der Wert des intravesikalen (Pves) oder abdominalen Drucks (Pabd), bei dem ein Harnverlust beobachtet wird, wird als Leak Point Pressure (LPP) bezeichnet. Allgemein besteht Kontinenz dann, wenn der Urethradruck höher ist als der Blasendruck (Pura > Pves). Umgekehrt entsteht Inkontinenz, wenn der intravesikale Druck den urethralen Druck übersteigt (Pves > Pura).
Klaus Höfner, Matthias Oelke
24. VideourodynamikVideourodynamik
Zusammenfassung
Die Etablierung einer gleichzeitigen morphologischen Beurteilung durch Röntgenbildwandler, später fluoroskopischen Systemen und Erfassung der urodynamischen Parametern erfolgte Anfang der 1960er-Jahre und wurde Bestandteil der Diagnostik ab Anfang der 1970er-Jahre [1]. Diese Kombination führte zu massiven Erkenntnisgewinnen über Speicher- und Entleerungsstörungen des unteren Harntraktes.
Saladin Helmut Mahmud Alloussi, Jürgen Pannek
25. Spezielle Testverfahren
Zusammenfassung
Provokationstests werden üblicherweise im Anschluss an die Standardzystometrie durchgeführt. Sie dienen zur Demaskierung von Pathologien, die in der Füllungszystometrie nicht eindeutig nachweisbar waren. Zu den Provokationstests zählen der Eiswasser-, der Kaliumchlorid- und der Denervierungstest.
Tanja Hüsch, André Reitz
26. Ambulante Urodynamik
Zusammenfassung
Nicht in allen Fällen gelingt es, Beschwerden und Symptome des unteren Harntraktes in einer konventionellen urodynamischen Routineuntersuchung zu reproduzieren. Die ambulante Urodynamik soll es ermöglichen, Symptome des unteren Harntraktes im Alltag und mit physiologischer Harnblasenfüllung zu verifizieren. Selten eingesetzt und bisher ohne ausreichende Validierung der Methodik, bleibt der Stellenwert der ambulanten Urodynamik in der Praxis umstritten. Als Indikationen für die ambulante Urodynamik gelten heute in der konventionellen urodynamischen Untersuchung nicht erklärbare bzw. reproduzierbare Symptome, neurogene Störungen des unteren Harntraktes sowie wissenschaftliche und gutachterliche Fragestellungen.
André Reitz, Klaus Höfner

Ergebnisse der urodynamischen Untersuchung

Frontmatter
27. Normalbefunde
Zusammenfassung
Normwerte der Urodynamik stellen orientierende Richtgrößen dar. Die Datenlage zu Normwerten ist aufgrund der Notwendigkeit eines invasiven Vorgehens bei eigentlich unauffälligen gesunden Probanden spärlich. Etliche Untersuchungen konnten zeigen, dass auch außerhalb der erhobenen Normwerte viele Patienten klinisch völlig symptomlos und somit als „normal“ zu beschreiben sind [15].
Heinrich Schulte-Baukloh, Stephanie C. Knüpfer, Daniela Schultz-Lampel
28. Speicherstörungen
Zusammenfassung
In der Auswertung einer Zystometrie können Aussagen zur Sensorik der Harnblase, zur Elastizität der Blasenwand, zu den motorischen Eigenschaften des Detrusors während der Füllung und bei gleichzeitiger Druckmessung in der Urethra auch zur Urethralfunktion getroffen und somit die Speichereigenschaften der Harnblase hinreichend beschrieben werden.
André Reitz, Ruth Kirschner-Hermanns, Christian Hampel
29. Entleerungsstörungen
Zusammenfassung
In diesem Kapitel wird anhand von Beispielen urodynamischer Kurven aus Routinemessungen aufgezeigt, wie die urodynamische Untersuchung in der Lage ist, unterschiedliche Typen von Blasenentleerungsstörungen zu diagnostizieren und zu quantifizieren. Die Grundlagen zur Urodynamik der Druck-Fluss-Messung sind in Kap. 21 und 33 detailliert dargestellt. In den Abbildungen wird eine einheitliche Darstellung der Kanäle von Druck-Fluss-Messungen verwendet, die jedoch in der Routine je nach Messplatz unterschiedlich sein kann. Alle Messungen wurden entsprechend den Standardisierungsempfehlungen der International Continence Society (ICS) durchgeführt [2, 8, 18, 24].
Klaus Höfner, Matthias Oelke
30. Komplexe Störungen
Zusammenfassung
In den Leitlinien werden Blasenfunktionsstörungen – insbesondere die Harninkontinenz – entsprechend der geläufigen Standardisierung und Terminologie als isolierte Störungen wie Harndrang-, Harnbelastungsinkontinenz betrachtet. Lediglich die Mischinkontinenz wird als Kombinationsproblem definiert (siehe Kap. 3). Gemeinsam auftretende funktionelle und anatomische Störungen werden nicht in ihrer Kombination und wechselseitigen Beeinflussung, sondern nur einzeln berücksichtigt.
Saladin Helmut Mahmud Alloussi, Daniela Schultz-Lampel
31. Meßfehler und Artefakte bei der urodynamischen Untersuchung
Zusammenfassung
Nur wer nichts macht, macht keine Fehler. Sorgfalt und das repetitive persönliche Erlebnis dieser Wahrheit sind die Basis der Artefaktvermeidung, weshalb der Arbeitskreis die persönliche Anwesenheit des interpretierenden Arztes bei der Messung dringend empfiehlt.
Christian Hampel

Spezielle Urodynamik

Frontmatter
32. Spezielle Urodynamik der Frau
Zusammenfassung
Die Funktionsstörungen des unteren Harntraktes weisen geschlechtsspezifische Unterschiede auf. Beim Mann treten häufig bedingt durch ein benignes Prostatasyndrom Störungen der Entleerungsfunktion auf, wohingegen Frauen meist unter Störungen der Speicherfunktion mit dem Leitsymptom des unwillkürlichen Urinverlustes leiden. Diese geschlechtsspezifischen Unterschiede beruhen neben anatomisch-morphologischen Besonderheiten unter anderem auf den strukturellen und funktionellen Veränderungen im Rahmen der verschiedenen Lebensphasen der Frau. Hier sind insbesondere die prä- und postmenopausale Phase zu nennen, die durch hormonelle, neurogene, genetische und degenerative Einflüsse zu Funktionsstörungen des unteren Harntraktes führen können. Der Beckenboden der Frau wird zudem durch Schwangerschaften, Geburten, Adipositas, chronische Obstipation, Asthma bronchiale und auch Operationen (v.a. Hysterektomie) in besonderer Art und Weise belastet. Diese mannigfaltigen Einflüsse können einerseits zu physiologischen Veränderungen, andererseits aber auch zu klinisch manifesten Störungen der funktionellen Beckenbodenintegrität mit Bezug auf die Miktion, die Defäkation und Sexualität führen.
Jennifer Kranz, Sandra Schönburg, Saladin Helmut Mahmud Alloussi, Daniela Schultz-Lampel
33. Spezielle UrodynamikUrodynamikdes Mannes des Mannes
Zusammenfassung
Im Gegensatz zur klinischen Situation bei weiblichen Patienten, bei denen Störungen der Harnspeicherfunktion mit dem Leitsymptom Harninkontinenz in der täglichen Praxis ganz im Vordergrund stehen, leiden männliche Patienten in erster Linie unter Störungen der Entleerungsfunktion, wobei diese bei älteren Patienten häufig direkt oder indirekt im Zusammenhang mit dem benignem Prostatasyndrom (BPS) stehen. Die grundlegenden klinischen Merkmale männlicher Patienten mit Funktionsstörungen des unteren Harntrakts, insbesondere solcher Männer über 50 Jahre mit BPS, lassen sich in die folgenden drei klinischen Hauptkomponenten unterteilen:
Matthias Oelke, Klaus Höfner
34. Spezielle Urodynamik nach Prostatektomie
Zusammenfassung
Prostataoperationen stellen bei Weitem die häufigste Ursache für eine Inkontinenz beim Mann dar. So werden in 5–48 % nach radikaler Prostatektomie eine Belastungsinkontinenz, in 2–77 % Symptome einer überaktiven Blase gefunden. Nach TUR-P, Laserung oder Adenomenukleation tritt postoperativ in etwa 2–4 % eine Inkontinenz auf, wobei hier häufig eine bereits vor der Operation bestehende Detrusorüberaktivität eine wesentliche Rolle spielt [8, 10, 11, 15, 17].
Ricarda M. Bauer, Michael Rutkowski
35. Spezielle Urodynamik des Kindes
Zusammenfassung
Die Kap. 12 und 14 definieren die Symptomatologie und die zugrunde liegenden Krankheitsbilder bei Kindern, die im weiteren Verlauf eine urodynamische Abklärung notwendig machen können. Hier soll – bei gegebener und streng gestellter Indikation – die spezielle technische Vorgehensweise bei urodynamischer Untersuchung von Kindern dargestellt werden. Bei 90 % der Kinder ist jedoch nach der Basisdiagnostik (siehe Kap. 12) zunächst eine nichtinvasive Urodynamik in Form einer Uroflowmetrie oder einer Flow-EMG-Studie ausreichend.
Daniela Schultz-Lampel, Mark Goepel
36. Urodynamik bei kontinenten Harnableitungen
Zusammenfassung
Ziel jeder kontinenten Harnableitung muss es sein, die natürliche Funktion einer Blase zu übernehmen, deren Entfernung aus unterschiedlichsten Indikationen notwendig geworden ist. Daher ist es sinnvoll, die physiologische Blasenfunktion zu rekapitulieren, ergeben sich schließlich aus ihr nicht nur Operationsprinzipien, sondern auch Erfolgskriterien und Komplikationsmöglichkeiten.
Christian Hampel, Saladin Helmut Mahmud Alloussi
37. Urodynamik bei neurodegenerativen Erkrankungen und Multipler Sklerose
Zusammenfassung
„Neurodegenerative Erkrankung“ ist ein Sammelbegriff für eine Reihe von Erkrankungen, die in erster Linie das zentrale Nervensystem betreffen. Sie sind sporadische, selten erblich bedingte Prozesse vorwiegend ungeklärter Ursache, die ein oder mehrere Neuronensysteme oder das gesamte ZNS betreffen. Folge ist ein langsam fortschreitender Funktionsverlust und Ausfall spezifischer Neuronenpopulationen und der dazu gehörenden Querverbindungen. Typisch für die Erkrankungen ist ein meist progressiver Verlauf mit für die jeweilige Erkrankung charakteristischen klinischen und morphologischen Veränderungen. Mit steigender Lebenserwartung und deutlicher Zunahme des Anteils älterer Menschen ist mit einem erheblichen Anstieg dieser Erkrankungen zu rechnen, da diese meist im fortgeschrittenen Lebensalter auftreten.
Albert Kaufmann, Jürgen Pannek
38. Urodynamik bei Querschnittläsion
Zusammenfassung
Eine Rückenmarkverletzung führt nahezu regelhaft zu einer neurogenen Blasenfunktionsstörung (nBFS). Bei suprasakralen Läsionen besteht durch die Kombination einer neurogenen Detrusorüberaktivität (NDO) und einer Detrusor-Sphinkter-Dyssynergie (DSD) das Risiko einer Nierenfunktionsschädigung; so stellten noch um 1980 die Sekundärfolgen einer nBFS die häufigste Todesursache bei Personen mit Querschnittläsion dar. Daher ist eine neurourologische Diagnostik bei diesen Patienten obligat. Entscheidend für die Prognose des oberen Harntrakts ist die intravesikale Drucksituation während der Speicherphase. Darüber hinaus ist das Vorliegen einer funktionellen Obstruktion bei der Miktion ein Risikofaktor für eine Schädigung der Nierenfunktion. Die Quantifizierung dieser Risikoparameter ist ausschließlich durch eine urodynamische Untersuchung möglich. Die Kombination der Druckmessung mit einer Bildgebung (Videourodynamik) ermöglicht die Zuordnung morphologischer Befunde zu funktionellen Abläufen und ist für die Diagnostik bei nBFS daher der aktuelle Goldstandard.
Jürgen Pannek, André Reitz
39. Begutachtung von BlasenfunktionsstörungenBlasenfunktionsstörungenBegutachtung
Zusammenfassung
Die Begutachtung medizinischer Sachverhalte erfordert Objektivität und ärztliche Fachkenntnis. Es muss die soziale Gerechtigkeit gewahrt und es sollten unberechtigte Ansprüche erkannt werden. Je nach Auftraggeber sind die Verfahren sowie die Fragestellungen unterschiedlich, entsprechend den Zielen, die der Auftraggeber verfolgt. Das Ergebnis der Begutachtung soll in allgemeinverständlicher Form dargestellt werden. Das heißt, Fremdworte und Fachbegriffe sollten auf das absolut notwendige Minimum reduziert werden, da die Auftraggeber medizinische Laien sind. Die Bewertungsmaßstäbe sind entsprechend der jeweiligen Präferenzen der Versicherungen unterschiedlich.
Stephan Bross, Christoph Seif
Backmatter

In b.Flat Urologie kompakt enthaltene Bücher

Scrollen für mehr

Benutzen Sie die Pfeiltasten für mehr

Scrollen oder Pfeiltasten für mehr

Metadaten
Titel
Urodynamik
herausgegeben von
Prof. Dr. Daniela Schultz-Lampel
Prof. Dr. Mark Goepel
Prof. Dr. Christian Hampel
Copyright-Jahr
2022
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
Electronic ISBN
978-3-662-59066-9
Print ISBN
978-3-662-59065-2
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-662-59066-9

Update Urologie

Bestellen Sie unseren Fach-Newsletter und bleiben Sie gut informiert.