Erschienen in:
26.05.2020 | Vitamin-D-Mangel | Schwerpunkt: Hormonersatztherapie im Alter
Vitamin D beim geriatrischen Patienten
verfasst von:
Prof. Dr. med. H. A. Bischoff-Ferrari, DrPH
Erschienen in:
Die Innere Medizin
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Ausgabe 6/2020
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Zusammenfassung
Ein Vitamin-D-Mangel ist bei geriatrischen Patienten weit verbreitet. Während er etwa 50 % der gesunden älteren Erwachsenen betrifft, steigt die Prävalenz bei geriatrischen Patienten mit Hüftbruch auf über 80 %. Ursache ist die Sonne als unverlässliche Hauptquelle von Vitamin D. Hier spielt neben der ungenügenden Sonnenintensität von November bis April die Hautalterung eine wesentliche Rolle; sie bewirkt bei älteren gegenüber jungen Menschen eine 4‑fach verminderte hauteigene Vitamin-D-Produktion bei Sonnenbestrahlung. Weitere Risikofaktoren bei geriatrischen Patienten sind Immobilität und Institutionalisierung. Ein Vitamin-D-Mangel (< 20 ng/ml) lässt das Parathormon steigen und begünstigt damit den Knochenabbau und das Frakturrisiko. Ein schwerer Vitamin-D-Mangel (< 10 ng/ml) bedingt zudem eine reversible Muskelschwäche und führt zu einem erhöhten Sturzrisiko. Da Stürze mindestens jeden zweiten geriatrischen Patienten betreffen und ab dem 75. Lebensjahr Hüftfrakturen exponentiell zunehmen, ist die Korrektur eines Vitamin-D-Mangels bei diesen Patienten medizinisch wie auch volksgesundheitliche bedeutsam. Zahlreiche randomisierte Interventionsstudien konnten bei ≥65-jährigen Erwachsenen mit erhöhtem Risiko für Vitamin-D-Mangel und Stürze bzw. Frakturen eine signifikante Reduktion von Stürzen und Hüftfrakturen belegen, wenn 800–1000 IE Vitamin D/Tag mit Placebo oder Kalzium verglichen wurden. In der Umsetzung der Vitamin-D-Supplementation bei geriatrischen Patienten wird heute dieser Dosisbereich bevorzugt. Eine Bolusgabe von über 24.000 IE pro Monat sollte wegen Zunahme des Sturz- und Frakturrisikos vermieden werden. Diese Empfehlungen sind auch nach kritischer Prüfung von vier kürzlich durchgeführten Metaanalysen sinnvoll.