Erschienen in:
15.08.2019 | Epilepsie | Leitthema
Fenfluramin: serotoninerge Therapie bei Epilepsien von Kindern und Jugendlichen
Umnutzung („repurposing“) des ehemaligen Appetitzüglers
verfasst von:
Prof. Dr. Ulrich Stephani, Irene Lehmann, Sarah von Spiczak, Tilman Polster, Hiltrud Muhle
Erschienen in:
Clinical Epileptology
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Ausgabe 4/2019
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Zusammenfassung
Niedrige Serotonin- und Tryptophan-Konzentrationen im ZNS-Gewebe von Epilepsiepatienten weisen auf die mögliche pathophysiologische Bedeutung der serotoninergen Neurotransmission hin. Das serotoninerg wirkende Fenfluramin, ein nicht stimulierendes Amphetaminanalogon, wurde als Appetitzügler verwendet, bis es wegen schwerer kardiovaskulärer Nebenwirkungen vom Markt genommen wurde. Fenfluramin steigert präsynaptisch die Serotoninausschüttung in den synaptischen Spalt und vermindert dort auch die Wiederaufnahme. Während der Zeit der Zulassung wurden bei Epilepsiepatienten antiepileptische Wirkungen von Fenfluramin beobachtet, die aufgrund besonderer Regelungen nur in Belgien nach dem Zulassungsentzug weiterverfolgt werden konnten. Hier zeigte sich eine besonders hohe therapeutische Effektivität von niedrig dosiertem Fenfluramin bei Patienten mit Dravet-Syndrom, einer genetisch bedingten, therapieschwierigen Epilepsie. Systematische internationale multizentrische Phase 3‑Studien mit niedrigen Wirkstoffdosierungen haben diese belgischen Berichte bestätigt. In Tierversuchen (z. B. im Zebrafisch-Modell des Dravet-Syndroms) wird dieser antiepileptische Effekt von Fenfluramin ebenfalls beobachtet. Weitere Studien werden helfen, die Bedeutung von Fenfluramin in der Behandlung anderer Epilepsien und seine Sicherheit in der Langzeittherapie zu klären.