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17.09.2018 | Luftembolie | Nachrichten

Fallsammlung

Neurologische Symptome: Steckt eine Luftembolie dahinter?

verfasst von: Dr. Elke Oberhofer

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Norwegische Forscher raten, bei unklaren neurologischen Symptomen auch eine  iatrogene zerebrale Luftembolie in Erwägung zu ziehen. Wie ihre Fallsammlung zeigt, sind die Ursachen äußerst vielfältig und die Konsequenzen vor allem bei verzögerter Diagnostik nicht selten fatal.

Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels.

Fälle von iatrogen verursachten zerebralen Luftembolien werden in der internationalen Literatur immer wieder beschrieben. Ein norwegisches Team hat entsprechende Berichte gesammelt und schildert daraus die häufigsten Ursachen, Therapiemaßnahmen und Folgen. Insgesamt konnten 264 Fälle aus 189 Studien berücksichtigt werden. Dabei ließ sich in 172 Fällen der konkrete Schädigungsmechanismus eruieren.

Nach Dyveke Hatling und Kollegen von der Universität Bergen spielte eine breite Palette von Ursachen eine Rolle, von Manipulationen am Zentralvenenkatheter (58 Fälle) über die Bypass-Op. oder Lungenbiopsie (49 bzw. 27 Fälle) bis hin zur ERCP oder Angiografie mit Kontrastmittel (15 bzw. 13 Fälle).

Offene Katheter, heftige Bewegungen

In 53 Fällen war eine Maßnahme nachgewiesenermaßen fehlerhaft durchgeführt worden: Häufig war ein ZVK oder ein Dialysekatheter offen geblieben oder jemand hatte unabsichtlich Luft injiziert. In 14 Fällen hatte sich der Patient zu stark bewegt, ein Patient hatte bei der häuslichen Dialyse 150 ml Luft in den Katheter gespült. In neun Fällen war ein defektes Equipment oder ein gerissener Schlauch der Übeltäter. In 104 Fällen blieb der Mechanismus letztlich ungeklärt.

187 Patienten hatten neurologische Symptome entwickelt, darunter vor allem Hemiparesen, Tetraplegien oder Hyper- bzw. Areflexie. 36 Patienten erlitten Krampfanfälle oder einen Status epilepticus. Sehr häufig, nämlich in 172 Fällen, wurden neuropsychologische Störungen beschrieben, darunter Bewusstseinsverlust, Verwirrtheit oder Schwindel. Kardiopulmonale Symptome traten bei 100 Patienten auf, sie reichten von der Tachykardie über die Zyanose bis hin zum Atemstillstand. 

Die Diagnostik erfolgte in der Mehrzahl der Fälle mithilfe eines CT-Scans. Nach Hatling und Kollegen ist diese Untersuchungsmethode „weniger zeitintensiv als die MRT und für gewöhnlich auch geeignet, um Luft darzustellen“. Bei 22 Patienten hatte man den Lufteintritt direkt beobachtet, beispielsweise während der Angiografie. In 14 Fällen wurde die Gasembolie erst bei der Autopsie nachgewiesen.

Rasch hyperbaren Sauerstoff!

Therapeutisch kam in 117 Fällen hyperbarer Sauerstoff (HBO) zum Einsatz. Dabei wurden die besten Resultate erzielt, wenn die Maßnahme innerhalb von sechs bis sieben Stunden erfolgte. Die Lagerung nach Trendelenburg (mit dem Kopf leicht nach unten) wurde in neun Fällen angewendet. Diese Maßnahme ist allerdings umstritten, weil die Gefahr besteht, dass sich das Hirnödem dadurch noch verstärkt.

Wie Hatling et al. betonen, sollte die Zeit von der Diagnose bis zur Behandlung „so kurz wie möglich sein“. In der Studie vergingen hierbei im Mittel knapp zehn Stunden. Um derartige Verzögerungen zu vermeiden, empfehlen die Experten, notfalls, d. h. wenn zeitnah keine Druckkammer zur Verfügung steht, auf normobaren Sauerstoff in hoher Konzentration zurückzugreifen.

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In ihrer Studie erholten sich 125 Patienten gut von dem Zwischenfall und konnten anschließend ihre normalen Aktivitäten wieder aufnehmen. In 26 Fällen blieb eine leichte, in 13 eine schwere Behinderung zurück. 79 Patienten verstarben infolge der zerebralen Embolie und sechs überlebten in einem „andauernden vegetativen Zustand“.

Bewusstsein schärfen!

Mit ihrer Fallsammlung wollen die norwegischen Forscher vor allem das Bewusstsein für die Möglichkeit einer zerebralen Gasembolie als Ursache von anderweitig ungeklärten neurologischen Symptomen schärfen. Bestimmte Prozeduren wie die Lungenbiopsie trügen ein „erhöhtes inhärentes Risiko“ für eine solche Komplikation. Darüber hinaus zeigten die Fälle, in denen Patienten ihren ZVK unabsichtlich unterbrochen hatten, wie wichtig es sei, die Patienten vor dem Anlegen entsprechend aufzuklären. Auch Checklisten könnten, vor allem in Kliniken, dazu beitragen, Fehlerquellen zu eliminieren.

Das Wichtigste in Kürze

Frage: Was wird in der Literatur über die Ursachen von iatrogen bedingten zerebralen Gasembolien berichtet und wie werden diese gemanagt?

Antwort: Es existiert eine große Bandbreite möglicher Ursachen für Gasembolien, wobei einerseits Arztfehler, andererseits aber auch Fehlverhalten von Patienten eine Rolle spielen.

Bedeutung: Durch Patientenaufklärung, sorgfältiges Arbeiten und Schärfen des Bewusstseins für mögliche Gefahrenquellen könnten viele Fälle vermieden werden.

Einschränkung: Es handelt sich um eine retrospektiv erhobene Fallsammlung mit entsprechend eingeschränkter Evidenz.
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